Mercedes S 500-Schnäppchen: Das Traumschiff für 5.000 Euro

Mercedes S 500-Schnäppchen
Das Traumschiff für 5.000 Euro

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Veröffentlicht am 15.06.2013

Mit spielerischer Leichtigkeit lässt er sich fahren. Sein Wendekreis ist kleiner als der eines Alfa Romeo 156. Auch ohne Peilstäbe ist er dank der großen Glasflächen nach allen Seiten bestens übersichtlich. Der Fünfliter-V8 unter der langen, sanft abfallenden Haube flüstert leise, die Viergang-Automatik kennt keine Schaltrucke, im Mercedes S 500 rollt man mühelos und tief entspannt mit 2.000 Touren durch die Großstadt. Die 320 PS werden mit dem Gaspedal nur sanft gestreichelt.

"Das war die beste S-Klasse aller Zeiten"

Auch nach Stunden fällt die Tanknadel nach dieser esoterischen Fahrweise nur sehr langsam. So ein Mercedes S 500 macht herrlich gelassen, es gibt keine Ampelduelle, keine Kavalierstarts und erst recht keine Burnouts. Die Kraft dazu hätte er, trotz zwei Tonnen Leergewicht, aber es ist nicht sein Stil. Nur beim Einfädeln in die Stadtautobahn erhebt der Vierventil-V8 grollend seine Stimme, um den kurzen Beschleunigungsstreifen auszunutzen.

Der Dicke Mercedes S 500 ist längst in der Gesellschaft angekommen. Man lässt ihn rein, auch bei verspätetem Spurwechsel, und man stellt beim Waschen und Saugen an der Tankstelle keine dummen Fragen nach zu hohem Verbrauch, zu geringer Zuladung oder nach den Autoreisezügen nach Sylt, wofür er seinerzeit zu groß war. Mühelos passt er auf den Schlitten der Waschstraße, anerkennend sind die Kommentare derer, denen der Dicke nicht gleichgültig ist, weil sie alte Autos mögen.

"Schön, dass nicht alle nach Russland ausgewandert sind", meinte ein Älterer im Audi A6. Und der andere, ein Taxifahrer, rief aus dem geöffneten Fenster seines rostigen 210er-T-Modells dem Mercedes S 500 noch schnell ein euphorisches "das war die beste S-Klasse aller Zeiten" hinterher.

Rechtfertigungsschrift von Mercedes

Damals haben wir ihm Unrecht getan, dem Dicken. Er wurde wegen seines XXL-Formats mit dem ewigen Bundeskanzler Helmut Kohl verglichen, er galt als wenig sozialverträglich. Wörter wie "Volllastanreicherung" beim 600er galten als ökologisch unanständig, die Doppelscheiben wurden im Volksmund zum Panzerglas dämonisiert.

Mercedes musste eine Rechtfertigungsschrift für den 140er auflegen, mit positiven Pressestimmen - "Mammut, Traum und Himmelsschaukel" hieß das Elaborat für den Dicken. Er musste so werden, so groß, so innovativ, so komfortabel und so stark. Oben ein Sechs-Liter-V12 mit 408 PS - BMW galt es zu übertreffen, einen Audi V8 zum Kleinwagen zu erklären, Lexus aus dem Feld zu schlagen. S-Klasse heißt eben Sonder-Klasse. Es ging um den Weltmaßstab, der 140er musste ihn neu definieren - er tat dies zu heftig.

Auch ich fand ihn früher plump, diese großen unaufgelösten Flächen, diese bullige Doppelkinn-Frontpartie. Heute ist er gerade einmal so breit wie ein neuer Ford Mondeo (1,89 m) und auf ein Preisniveau tiefergelegt (unter 5.000 Euro), das mich sehr neugierig macht. Die Benz-Szene hat den Dicken längst entdeckt, obwohl sich die Warnhinweise in den Kaufberatungen so beunruhigend lesen wie der Beipackzettel eines Anti-Depressivums.

Liebenswert archaische Peilstäbe

4.900 Euro steht auf dem Preisschild von Filin Cars in München-Trudering. Scheckheftgepflegt, TÜV/AU neu, 230.266 km, kein Rost, keine Beulen. Blauschwarzmetallic ist nicht gerade meine Lieblingsfarbe, und ein Erstserien-Modell mit Blinkern in Orange wäre mir auch lieber. Aber immerhin hat dieser Mercedes S 500 noch die liebenswert archaischen Peilstäbe, die zu solch einem High-Tech-Automobil so gar nicht passen.

Wer meint, der sei für meine Verhältnisse entschieden zu teuer, dem sei verraten, dass ich bei aller Experimentierfreude kein Hasardeur bin. Ein spottbilliger BMW 524 td ist ein gerade noch tragbares Risikopapier, aber ein sagen wir mal Mercedes S 420 mit 300 000 km ohne TÜV und einer ASR-Kontrollleuchte, die nach dem Start weiterglüht, wäre mir selbst für 1900 Euro ein zu überhitzter Reaktor.

Wenn die Steuergeräte hochgehen, die Klimaautomatik versagt oder gar das adaptive Dämpfersystem (ADS) streikt, dann sind schnell 2.000 Euro weg, auch wenn Gebrauchtteile eingebaut werden. Aber die Gefahr ist beim Mercedes S 500 gering. Er springt spontan an, läuft mustergültig rund, der Öldruck steht selbst bei betriebswarmem Motor auf 2 bar. Keine Poltergeräusche von den Achsen dringen ans Ohr, kein seltsames Surren aus dem Antrieb nervt.

17 Extras treiben den Preis auf 167.568 Mark

Nicht weniger als 17 Extras, unter anderem Leder, Niveau, Scheinwerferwischer, Servoschließung und elektrische Sitze, beförderten den Neupreis des Mercedes S 500 im November 1994 auf stattliche 167.568 Mark, heute kann ich ihn, wenn ich mich rasch entscheide, für 4.000 Euro mitnehmen. Oder doch lieber etwas abseits der 140er-Macht-Konfektion kaufen - vielleicht den zu Unrecht verpönten 3,5-Liter-Diesel oder den sparsamen 300 SE 2.8, am liebsten in Bornit, Beryll oder Rosenholz?

Heute, in den vorlauten Zeiten von X6, Q7 oder ML wirkt der Dicke Mercedes S 500 harmlos und zutraulich, seine klare, sauber gestaltete Form wirkt auf einmal elegant. Für die erste große Reise mit meinem Traumschiff wüsste ich schon ein Ziel: Sylt.

Worauf Sie beim Benz W 140 achten müssen

Auch wenn günstige Preise verlocken, ein guter 140er ohne Wartungsstau kostet mindestens 5.000 Euro. Allenfalls der ungeliebte 300 SD Turbo (3,5 Liter, 150 PS) macht es günstiger, aber der kann nur die Rote Plakette. Rost ist beim 140er nur ein Randproblem (Wagenheberaufnahmen!), hingegen macht die komplexe Elektronik von Motormanagement und Komfortausstattung oft Kummer. Das fängt beim defekten Motorkabelbaum an, der die Steuer geräte mit ins Verderben reißt und hört bei der Klimaautomatik auf, die bei einem Defekt oft einen kompletten Ausbau der Instrumententafel nötig macht.

Alle Kontrollleuchten sollten nach dem Start wieder ausgehen, vor allem die für das ASR, der Motor sollte rundlaufen und ruckfrei hochdrehen, die vielen Komfortextras sollten funktionieren. Mehr 140er-Tipps unter www.s-klasse-club.de.