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Melkus RS 1000 und Porsche 911 SC
Sportliche Ost-West-Verbindung

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Dreizylinder-Zweitakter gegen Sechszylinder-Boxer? 70 gegen 204 PS? Doch Melkus RS 1000 und Porsche 911 SC eint mehr, als man auf den ersten Blick vermutet. Eine kurze Ausfahrt mit den Traumsportwagen der Siebziger aus Ost und West.

Melkus RS 1000, Porsche 911 SC, Frontansicht
Foto: Wolfgang Groeger-Meier

So baut man Sportwagen – diesen Werbespruch erfindet Mathias Jahn für Porsche. Das ist 1992, zwei Jahre nach der deutschen Einheit, als in Zuffenhausen die Modellreihen 964, 968 und 928 vom Band laufen. Vermutlich denkt der junge Texter der ebenfalls noch jungen Agentur Jung von Matt dabei keinen Augenblick an Sportwagen aus dem östlichen Teil der gerade wiedervereinigten Republik. Schließlich gibt es nicht allzu viele davon, und kaum einer hat schon einmal einen der 101 zwischen 1969 und 1979 gebauten Melkus RS 1000 in Aktion gesehen.

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Ein Porsche ist dagegen, im Westen jedenfalls, ein gewohnter Anblick. Der 911 hat sich, als in Dresden die ersten Melkus auf umgeschneiderte Wartburg-Chassis gesetzt werden, längst zum ausgereiften, begehrten und in der ganzen Welt verkauften Sportwagen entwickelt.

Dabei hat die Familie Porsche nur 20 Jahre zuvor begonnen, aus Volkswagen-Teilen die ersten Sportwagen zu bauen – ähnlich wie die Familie Melkus mit Wartburg-Komponenten in Dresden. Der Familienbetrieb, eigentlich eine Fahrschule, setzt den Bau seines Kleinserien-Rennsportautos ebenso geschickt durch wie die Porsches zwei Jahrzehnte früher im Westen.

Melkus ist nur knapp einen Meter hoch

Andreas Birkner, Melkus-Eigner und Motoreningenieur in der Rennsportabteilung eines großen bayerischen Automobilherstellers, kennt die vielen Geschichten um die Entstehung des einzigen DDR-Sportwagens aus erster Hand. Er hat das Auto von seinem Vater geerbt, der war ebenfalls Motorenbauer und mit der Melkus-Familie befreundet.

Kein Straßen-, sondern ein Wettbewerbswagen sei der Melkus, erklärt Birkner das Erbstück. Entsprechend setzt er es ein, startet mit seinem RS 1000 mehrmals im Jahr bei Oldtimerrallyes. Der Tripmaster auf der Beifahrerseite und die Hosenträgergurte über den schmalen Schalensitzen passen gut ins sportliche Cockpit. Gerade mal 1,07 Meter ist der Melkus hoch, die Flügeltüren schwingen nur so weit auf, dass man sich gerade eben über den breiten Schweller ins Cockpit gleiten lassen kann. Das liest sich eleganter, als es aussieht, und nur bei eingezogenem Kopf klackt die Tür ins Schloss.

Die gleiche Übung geht beim 911 viel einfacher vonstatten, schon weil seine Türen sich konventionell öffnen. Und wohl auch, weil Porsche mit dem großen Öffnungswinkel der Türen und den nicht zu niedrig montierten Sesseln womöglich der nicht mehr ganz so geschmeidigen Klientel Rechnung tragen will.

Porsche 911 gibt den perfekten Sportler

1973 kommt die neueste Entwicklungsstufe des Elfer, das so genannte G-Modell, zu erkennen an den Faltenbalgstoßfängern. Es bleibt bis 1989 im Programm. Das Foto-Auto ist von 1981, was dem Kenner bereits verrät, dass es sich um einen SC mit Dreiliter-Motor und 204 PS handeln muss. 1983 kam der Carrera 3.2 mit 231 PS, der ab 1988 vom 250 PS starken 911 der Baureihe 964 abgelöst wurde.

Eines haben alle Elfer-Generationen gemeinsam: das Zündschloss links. Einen Schlüsseldreh später, und der Dreiliter-Boxer wummert los. Der Porsche fährt sich, wie ein Elfer nun mal fährt – perfekt. Die eigentümliche Kinematik der stehenden Pedale ist vertraut, genau wie die knorpelige Exaktheit des 915-Getriebes. Das Lüfterheulen dominiert im Stadtverkehr. Ein kühler Wind weht durch den Olympiapark über den Mittleren Ring ins targadachfreie Cockpit.

Melkus RS 1000 ist ein Rennwagen

Solchen Luxus gibt es im Melkus nicht. Der Zweitakter hämmert in seinem Dreizylinderrythmus, riecht nach verbranntem Gemisch, lenkt nur unwillig vom Parkplatz. Der Zweitakter braucht Drehzahl, das weiß jeder.

70 PS soll der Wartburg-Motor mit seinen drei Einzelvergasern und ebenso vielen Zündspulen leisten. Das fühlt sich nach mehr an, wenn die Zylinder in Schwung kommen, die Gassäulen an Ein- und Auslassöffnungen endlich passen und der Motor losröhrt. Völlig ohne zweitaktendes Gepröttel, sondern laut und präsent wie ein echter Rennmotor. Durch die offenen Fenster kann man nicht weit sehen, rechts bis zur Leitplanke, links bis zu den Radnaben eines Lkw der Münchner Verkehrsbetriebe.

Nach vorn ist die Bahn frei. Man habe, so sagte ein Spötter, bei Melkus einen Wartburg-Motor, einen Trabant-Kühlergrill, drei MZ-Vergaser, Lastwagen-Rücklichter und den Wendekreis eines Omnibusses genommen. Da ist was dran, und dennoch ist es schwer, sich dem Reiz des handgearbeiteten Flachmanns zu entziehen. Andreas Birkner würde nicht tauschen. Nicht weil sein RS 1000 heute teurer ist als ein 911 SC. Sondern weil er zeigt, wie Sportwagen gebaut wurden, damals in der DDR.

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Erscheinungsdatum 26.05.2021

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