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Auf den Spuren des Konstrukteurs Eugen Maier
Prototyp eines Stromlinien-Volks-Wagen

Inhalt von

Der Ingenieur Friedrich Eugen Maier baute 1935 einen bemerkenswerten Prototyp für einen Volks-Wagen mit vielen neuen Ideen. Doch der weitsichtige Konstrukteur wurde um sein Lebenswerk gebracht.

Volks-Wagen Prototyp, Frontansicht
Foto: Fact

Am 15. März 1976 um 16 Uhr wird Friedrich Eugen Maier zum letzten Mal lebend gesehen. Am 23. Juni 1976 findet man um 12.30 Uhr seine Leiche in seiner Wohnung in Berlin-Charlottenburg. Niemand weiß genau, wann der einsame, verbitterte und verarmte Diplom-Ingenieur gestorben ist, der wahrscheinlich die Keimzelle etlicher wegweisender Konstruktionen und Ideen im Automobilbereich war.

Ohne Jörg Jansen aus der Nähe von Krefeld wiederum wäre Maier wohl komplett in Vergessenheit geraten. Der Kfz-Sachverständige und Oldtimer-Liebhaber stößt 2008 sozusagen auf Maiers Vermächtnis: ein skurriles stromlinienförmiges Auto mit Heckmotor.

Ein unbekanntes Auto von "Leichtbau Maier"

Das merkwürdige Gefährt gehört einem vor dem Aus stehenden Lackierbetrieb und ist zu verkaufen. Jansen zögert nicht lange, erwirbt den Wagen und vollendet die begonnene Restaurierung. Doch wie sah das Auto im Original wirklich aus? "Als einzigen Anhaltspunkt gab es eine Typenplakette mit der Aufschrift Leichtbau Maier, und die dort eingeprägten Motordaten passten zu einem DKW-, aber nicht zu dem montierten Käfer-Triebwerk", erinnert sich Jansen.

Er will unbedingt das Geheimnis um dieses Auto lüften, über das bis dato keinerlei Informationen vorliegen. Eine seiner ersten Anlaufstellen ist das Prototypenmuseum in Hamburg, wo er die Adresse von Hanspeter Bröhl bekommt, einem Automobilhistoriker und Spezialisten für Stromlinienkarosserien. Dieser kann sich tatsächlich erinnern, den ramponierten Wagen im 1975 ausgestrahlten Film "Tadellöser & Wolff" gesehen zu haben. Und er weiß, dass das Auto auch einmal zur Sammlung Gut Hand in Aachen gehört hat – einer Kollektion, die der Dachdecker Heinz Vogel zumeist aus Schrottplatzfunden über Jahre zusammengetragen hat.

Suche im Internet bringt den Erfolg

Nach mehreren Besuchen bei Vogel weiß Jansen zumindest, über welche Stationen sein Auto nach 1976 über Gut Hand zum Lackierbetrieb gekommen ist. Doch zu einem größeren Schritt nach vorn verhilft ihm ein weiterer Oldtimer-Experte. Der Holländer Herman van Oldeneel ist sofort von dem Auto begeistert, als er es auf einer Präsentation bei einer Oldtimer-Veranstaltung auf Schloss Dyck sieht. Er verspricht, Jansen zu helfen, und wird tatsächlich fündig. Jansen kann sich noch gut an den aufgeregten Anruf erinnern.

"Ich habe im Internet eine Suche gestartet, in dem ich einfach den Namen Maier mit früher gebräuchlichen Vornamen kombiniert habe", offenbart van Oldeneel begeistert. Prompt ist er auf der Seite eines amerikanischen Patentamts auf ein Patent gestoßen, das die Karosserie von Jansens Auto zeigt. Ausgestellt ist es am 27. Januar 1938, basierend auf einem in Deutschland schon 1935 ausgestellten Patent, und es enthält unter anderem den kompletten Vornamen und die Adresse von Maier in Berlin.

Maier hielt zahlreiche Patente

Nun geht es Schlag auf Schlag. Die Namensrecherche fördert beim Deutschen Patentamt wahre Schätze zutage. So zum Beispiel eine im Deutschen Reich am 2. April 1930 angemeldete selbsttragende Karosserie, "deren Gerippe ein Fachwerksverband bildet", ferner existieren Patente zu einem Federbein, zu einem verstellbaren Fahrersitz und vieles mehr. Erfindungen, die alle später in irgendeiner Form in Serie gingen. Doch warum kann sich heute niemand an Maier erinnern, warum wurden seine Konstruktionen unter den Teppich gekehrt?

Akribische Recherche

Jansen lässt nicht locker, er will mehr über den genialen Erbauer seines Autos wissen. Er nimmt Kontakt zu Christine Dankbar von der "Berliner Zeitung" auf, die im Januar 2014 einen Bericht veröffentlicht mit dem Titel: "Wer kennt Friedrich Eugen Maier?"

Wieder kommt Jansen einen Schritt weiter, denn es meldet sich Jacqueline Tschorr von der Hereditas Erbenermittlung, der es schließlich gelingt, die Sterbeurkunde Maiers aufzustöbern. Auch Jansen selbst ist aktiv. Im Internet schaut er sich die in der Sterbeurkunde genannte Straße an, in der Maier zum Schluss gewohnt hat. Er entdeckt ein Beerdigungsinstitut, bei dem er anruft, und nach Durchsicht alter Akten steht fest: Maier ist von diesem Institut beerdigt worden. Er war so arm, dass das Sozialamt die Beerdigung bezahlt hat. Jansen erfährt außerdem, dass Maier eine Tochter hatte.

Die Chefin des Beerdigungsinstituts und Tschorr helfen ihm, die Tochter ausfindig zu machen. Diese ist nach etlichen Telefonaten und viel Einfühlungsvermögen bereit, Jansen zu empfangen. Warum die Tochter zunächst so reserviert und wenig begeistert ist, wird Jansen schnell klar. "Mein Vater war ein Patriarch", sagt sie und erzählt, wie sehr sie als Kind unter ihm und seiner teils cholerischen Art gelitten hat.

Lebensgeschichte von Friedrich Egon Maier gleicht einer Tragödie

Der Bericht über ihre Vergangenheit und ihren Vater gleicht einer Tragödie. Friedrich Eugen Maier wurde 1898 im Kreis Lörrach geboren. Er liebte das Fliegen und Segeln, mit 19 Jahren war er schon Pilot. Nach einem Studium in Karlsruhe ging er im Auftrag von Hugo Junkers, den er als seinen Ziehvater sah, mit nur 25 Jahren als Flugwerftleiter nach Kolumbien. Später wechselte er für Junkers nach Moskau-Fili und war 1928 bei der Firma Walter in Prag, die Flugmotoren entwickelte.

Zu Beginn der 30er-Jahre gründete er die Firma Leichtbau Maier in Berlin, wo er die anfangs erwähnten Konstruktionen entwarf, obwohl er sich nie fürs Autofahren begeistern konnte. Maier war zur damaligen Zeit ein angesehener Mann, 1933 erhielt er von einem bayerischen Chemiekonzern 300.000 Goldmark für die Entwicklung eines Volkswagens. Maier baute das hier abgebildete Auto mit einem DKW-Heckmotor und zahlreichen Innovationen wie einer selbsttragenden Ganzstahlkarosse. Er reichte Patente ein, die zum Teil heute verschwunden sind, andere wurden spät oder nie anerkannt, genauso wenig wie sein Volksauto. Denn Maier wollte sich mit dem damaligen NS-Regime nicht arrangieren.

Ein Leben zwischen Trümmern

Bald wurde er gezwungen, Wehrmachtsfahrzeuge zu reparieren. Ein Bombenangriff 1944 beschädigte seinen Prototyp und vernichtete viele Dokumente. Mit Frau und Tochter lebte er in ärmlichen Verhältnissen in den Trümmern, immer voller Hoffnung, doch noch Geld für seine Patente zu bekommen. Als seine Frau arbeiten wollte, um die finanzielle Not zu lindern, verbot er es ihr kategorisch, es wäre für ihn einer Demütigung gleichgekommen.

Für Maier ging es immer weiter bergab. Die Familie verließ ihn, der bayerische Chemiekonzern, der ihm einst das Geld für den Entwurf des Volkswagens überließ, verklagte ihn auf Schadensersatz. Das bisschen Geld, das Maier für einige weniger bedeutende Patente nach dem Krieg zugesprochen bekam, kassierte umgehend der Konzern.

Peugeot schenkte Maier einen 202 - doch warum?

Den Namen dieses Unternehmens hat Jansen noch nicht herausgefunden. Nach dem Tod Maiers wanderten viele Dokumente sowie die Prozessunterlagen in den Müll. Auch die Tochter erinnert sich nicht mehr. Sie hat die wenigen Hinterlassenschaften ihres Vaters verkauft. Den Prototyp erwarb eine Firma, die Filmrequisiten verlieh. Dort sind wohl auch der DKW-Motor gegen ein Käfer-Triebwerk getauscht und die Hinterachse mit den höhenverstellbaren Federbeinen umgebaut worden.

Alle Geheimnisse um Friedrich Eugen Maier sind noch nicht gelöst. So schenkte ihm Peugeot 1939 einen Typ 202, der übrigens Maiers einziges Auto nach dem Krieg blieb. Doch wofür hat er es bekommen? Jansen ist für alle Infos oder Fotos zum Thema Leichtbau Maier dankbar. Die Redaktion leitet alles gerne weiter. "Ich bin ein gerechtigkeitsliebender Mensch", sagt Jansen, "und habe mir zur Aufgabe gemacht, diesem Mann ein Denkmal zu setzen."

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