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Kia Sorento in Südkorea
Kein Chichi in Korea

Mit dem neuen Kia Sorento quer durch Südkorea: Wir erleben Gangnam Style, stoppen an einer phallischen Raststätte und enden in einer tollen Bar.

Kia Sorento, Südkorea, Reise, Impression
Foto: Kia

Bling. Poing. Kling. Das kann ja heiter werden. Gerade mal drei Kilometer gefahren, und in unserem Sorento ist schon Jahrmarkt. Der Totwinkelwarner steht kurz vorm Kollaps, die Dame im Navi klingt schon wie Joe Cocker. Unser Plan: mit dem brandneuen Kia Sorento quer durch Korea zu cruisen. Von West nach Ost, von Seoul nach Sokcho, vom Han-Fluss bis zum Gelben Meer. Grenze besuchen, Meeresrauschen, Gangnamstylen. Und in Sokcho abends Riesenkrabben mümmeln und am nächsten Morgen Sonnenaufgang gucken.
Los geht’s. Der Diesel brummt gemütlich vor sich hin, wir sind dankbar für die erhöhte Sitzposition, vorteilhaft im mehrspurigen Kleinkrieg um die Ampel-Pole. Bling, Poing, da war wieder einer ganz nah am Kia Sorento dran. Einer aus der Armada silberner Mittelklasse-Limousinen. Manche auch weiß, die großen repräsentativen in schwarz. Automobile Uniform halt. Aus der wir mit dem braunen Sorento buchstäblich herausragen. Das Navi quasselt Stakkato, Abbiegehinweise, Tempowarnungen.

Unsere Highlights

Wolkenkratzer und Kellerbars

Wir lernen: Korea ist kein fieses Raserland, aber auch keines selbstverleugnender Höflichkeit. Die uns umringenden Limousinen suchen sich beharrlich ihr Ziel. Überwacht von der vielleicht höchsten Radarkontrollendichte der Welt. Neben allgegenwärtigen Kameras lauern alle zwei Kilometer Messgeräte auf Masten. Doch höflich, wie der Kia Sorento dann doch ist, warnt er jedes Mal vor. Per Schild oder wie bei uns per App. Das schlaue Ding bimmelt sich bei zu hohem Tempo um Leib und Leben, um nach passierter Kontrolle mit einem erleichterten Ton zu relaxen. Wir rollen am Han-Fluss entlang ostwärts, durch das hügelige Hinterland Richtung Sokcho, dem Ziel.

Tempo 100, wenig Verkehr, da muss sich sogar der Abstandsregeltempomat anstrengen, nicht einzunicken. Gelegenheit für uns, nach links und rechts zu schauen. Dort verabschieden sich gerade die für die Großstädte charakteristischen Wohntürme. Standardisierte Humankäfighaltung auf zig Stockwerken. Betonklötze, so gleichförmig, dass sie neben Fantasienamen wie Skyview auch große Nummern tragen. Damit man nicht aus Versehen im falschen landet. Doch innen, versichern uns die Koreaner unisono, seien die Dinger komfortabel mit toller Aussicht. Moderne Platte eben.

Oh, Platte, gutes Stichwort. Eine der coolsten Bars der Welt liegt in Seoul, im Keller von Hannam-Dong 261-6, einem schlauchförmigen Raum mit dunklen Wänden, dunklen Holzböden und ebensolchen Möbeln, die wie der lange Tresen aus einer 80er-Dorfdisco stammen könnten. Dort geht der Chef Ho-Jung Kang zwar am Stock, doch die Musik in der LP-Bar ist quicklebendig. So ist die Wand hinterm Tresen mit Vinyl bedeckt, aus dem der DJ mit stoischer Miene zielsicher die richtige Scheibe rausfischt. Dazu muss man ihm nur einen Zettel mit seinem Favoriten rüberschieben. Hier, im dämmrigen 50-Quadratmeter-Keller hinter dem schmalen Treppenabgang, ist immer Wunschkonzert.

Okay, bei ganz schweren Fällen rettet ihn die Festplatte, grundsätzlich rotieren aber die beiden Zwölfzehner. Allein das Knistern jedes Mal, bevor der Titel startet. So verbringen wir einen denkwürdigen Abend mit Rheingold, Extrabreit, Joy Division und Jan Delay. Als wir eigentlich schon gehen wollen, überrascht uns der Plattenmann mit "Autobahn" von Kraftwerk. Komplett ausgespielt. Ohne Daumen hoch und Gimme five kommen wir hier an diesem Abend nicht mehr an die frische Luft.

Ein echter Härte-Phall

Frische Luft. Feines Stichwort. Wir beenden die Rückblende und lenken den Kia Sorento auf einen Rastplatz. Trübselige Autohof-Atmosphäre, bepinkelter Asphalt, ausgemergelte Trucker und innen uniformer Imbisskettencharme? Nix davon. Stattdessen erfreut uns ein offensichtlich von einer besonderen Mission getriebener Künstler mit seinen Werken. Dafür haben sie ihm sogar ein kleines Museum geschaffen: ein Penismuseum. Ob aus Stein, Holz oder Porzellan – echte Härte-Phälle, die nicht nur uns zum Staunen bringen, sondern ganze Reisegruppen zu seltsamen Bewegungen und Lauten veranlassen. Nun ja. Die seltsamen Laute in unserem Reise-SUV haben sich gelegt, viel zu blingen und poingen gibt es grad nicht, die Autobahn zieht sich ohne viel Aufhebens Richtung Küste, was uns Gelegenheit gibt, die komfortablen Sitze samt passender Ergonomie zu preisen. Da lassen sich auch wenig aufregende Etappen ganz entspannt absitzen.

Entspannt geht es auch in Wanggok Village zu, einer Art Museumsdorf. Traditionelle koreanische Häuser seien hier zu finden, hieß es. Stimmt, aber wegen der davorgenagelten Satellitenschüsseln und Klimageräte sehen sie irgendwie weniger romantisch aus als vermutet. Kein Problem, wenn – man den Wagen geschickt davor parkt, sieht es aus, als ob.

Aussehen, als ob. Das sagen sich auch koreanische Mädchen und eifern einem mysteriösen Schönheitsideal nach. Renée Zellweger erntete jüngst einen Shitstorm für Baumaßnahmen im Gesicht. Lächerlich: Hier klonen sich ganze Mädchenheere. Zumindest die, die im angesagten Ausgehviertel Gangnam flanieren. Eingehakt, Smartphone am Start, präsentieren sie Kinn, Mund, Augen und wozu die plastische Chirurgie sonst noch fähig ist. Teils selbst gewünscht, teils von stolzen Eltern initiiert.

Teilung des Landes noch spürbar

Gruselig. Ähnlich gruselig das bedrückendste Kapitel Koreas. Die Teilung des Landes, bei uns seit einem Vierteljahrhundert Geschichte, ist hier als Nord-Süd-Grenzziehung lebendig. Wir gucken an diesem sonnigen Tag in Imjingak über den Fluss mit der weißen Eisenbahnbrücke. Fast idyllisch, bloß dass über sie kein Zug mehr fährt, die Grenze ist dicht. Stacheldraht und Posten auch auf der südlichen Seite. Und Lautsprecher, mit denen man das nördliche Gegenüber mittels Propaganda in Stimmung bringt. Für die kleine Gedenkstätte mit Wunschbändern, Gedenksteinen und Infotafeln bis hin zur zerschossenen Dampflokomotive ist Herr Sungchoon Jung zuständig. Geboren in der demilitarisierten Zone zwischen den beiden Kontrahenten, kümmert er sich seit 20 Jahren um die Aufarbeitung.

Deutlich länger fahren die Nohisouchu aufs Meer, um dort unter anderem Lachs und Shrimps zu fangen. Vieles davon geht direkt nach Seoul oder weiter. Der Rest wird getrocknet und haltbar gemacht. Doch wir wollen nichts Trockenes, sondern etwas Frisches essen, also nichts wie weiter zum heutigen Ziel Sokcho.

Ehrliches Korea

Dort sieht es nicht unbedingt aus wie an der Côte d’Azur, doch der Ort hat nicht nur wegen der feinen Sonnenuntergänge einen eigenen Charme: ehrlich, robust und fischig. So wie die Läden, die sich aneinanderreihen. Nix Chichi. Hummerkrabbe im Bassin auf dem Gehsteig aussuchen, rausnehmen lassen und ab ins Dampfbad. Also die Krabbe. Wir hocken uns derweil auf den Kunststoffboden und beobachten, wie die Plastiktischdecke unter Köstlichkeiten verschwindet.

Die freundlichen Damen, Marke Top-Hausfrau, servieren Kimchi, den chilischarfen Kohl, Meeresschnecken, Algensuppe, Krevetten, Wachteleier, Oktopusscheiben, Reis und Nudeln. Als Vorspeise. Zum Hauptgang kommen kurz danach unsere vielarmigen Kumpel auf den niedrigen Tisch. Frischer geht es kaum. Ehrlich und robust. Lecker. Wie das Frühstück bei Paris Baguette. Vorbei die Zeit, in der man sich in Korea morgens ausschließlich mit Seetangsuppe und Reis vergnügen musste. Systemgastronomie sei Dank beißen wir in saftige süße Stückchen und trinken druckvollen Espresso aus der klassischen Maschine.

Ach ja, und der hier in Sokcho so berühmte Sonnenaufgang? Statt Glutorange trägt der Horizont um viertel vor sieben Regengrau. Schade. Aber irgendwie auch egal, solange sich heute Abend in Seoul wieder die Zwölfzehner im Keller drehen. Ohne Bling.

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