Der Feierabend-Verkehr legt sich langsam an der Ecke des belebten Passeng de Sant Joan und der Carrer de Sant Antoni Maria Claret. Die katalanische Polizei stromert an der Kreuzung herum und nörgelt: „Man darf hier nicht parken.“ Immerhin, die Ordnungshüter sind heute milde. Sie sehen selbst, dass kein Platz ist. Nicht einmal ein Kleinwagen ließe sich legal abstellen, dabei ist jetzt die Hauptgeschäftszeit.
Das Alter ist entscheidend
Würde man den Laden als Garage nutzen wollen, müsste man am Bentley Bentayga schon fast die Spiegel einklappen. Das Jamonarium Pernil 181 ist ein schmaler tiefer Schlauch, aber was der Unbedarfte von draußen auf den ersten Blick als bessere Metzgerei betrachten mag, ist in Wahrheit eine Schatztruhe. Wie der Namen schon sagt, verkauft man hier Jamon, also Schinken, aber der ist von solch erlesener Qualität, dass er einen echten Wertgegenstand darstellt.
Eine Schulter der nur in Spanien gezüchteten Rasse Iberico kostet gut und gern 400 oder 500 Euro. Es gilt wie bei gutem Wein: Das Alter ist entscheidend. Nach ein paar Tagen in Salz werden Hüften oder Schultern zum Reifen in einer Höhle oder in kühlen Kellern aufgehängt. Für einen ordentlichen Iberico-Schinken oder dem vom Hausschwein stammenden Serrano braucht es mindestens drei Jahre Geduld, besser fünf.
Schinken für über eine Millionen Euro
Gefüttert werden die muskulösen Tiere mit den charakteristisch dunklen Hufen nahezu ausschließlich mit Eicheln. „Daher kommt der nussige Geschmack“, erklärt Sergi. Der intensive Duft lockte ihn schon als Kind. Sergi ist in diesem Viertel Barcelonas aufgewachsen. Dunkelroter Jamon ist hier schon für die Kleinen so selbstverständlich wie die Scheibe Fleischwurst, mit der deutsche Kinder an der Wursttheke glücklich gemacht werden.
Das Jamonarium feiert im November sein 30-jähriges Bestehen und ist in Barcelona eine Institution. Seit sechs Jahren arbeitet Sergi hier, es macht ihn immer noch glücklich – vor allem, wenn der Laden brummt, so wie in den kommenden Monaten. Jamon ist ein beliebtes Weihnachtsgeschenk und auch als Jubiläums-Präsent für Mitarbeiter in Unternehmen sehr populär. „Wenn du in ein paar Wochen kommst, hängt hier alles voll. Dann hast du noch maximal einen halben Meter breiten Korridor, um dich durch den Laden zu bewegen“, sagt Sergi. In ein leer geräumtes Jamonarium würden hintereinander geparkt maximal drei Bentayga W12 passen. Das wären dann Stahl, Aluminium und Leder für insgesamt 625.000 Euro und immer noch ein Schnäppchen gegen die 3.000 Schinken, die im Advent Schulter an Schulter an Seilen von der Decke hängen. Sie sind alles in allem glatt das Doppelte wert.
Je älter desto besser
Sergi schneidet ein paar teure Scheiben von einer mächtigen Hüfte. „Probier mal, der hier schmeckt ein wenig süßer, aber auch intensiver.“ Die Kunst, einen guten Schinken zu machen ist vor allem das Resultat konsequenten biologischen Leichtbaus. Das Fleisch verliert mit der Zeit Wasser. Was anfangs neun Kilo wiegt, bringt nach dem Reifen nur noch sieben auf die Waage. Bei sieben Jahren am Haken sind es sogar nur noch fünf. Dabei steigt der prozentuale Fettanteil, aber Fett ist ein Geschmacksträger. Während hierzulande Serrano-Schinken mit 60 prozentigem Fleischanteil populär ist, bevorzugt der Katalane seine Hausmarke Iberico, auch wenn dort der Fettanteil fünf bis zehn Prozent höher ist.
Wie im Autogeschäft lebt das Jamonarium zu einem beträchtlichen Teil vom Verkauf von Zusatzausstattung. Passend zum Schinken gibt es Oliven und Käse, dazu werden auch große Klemmvorrichtungen mit polierten Holzbrettern für komplette Hüften angeboten und lange Messer mit schlanken Klingen, um das edle Fleisch hauchdünn abzutragen. Sergis Prestige-Objekt ist eine Titanklinge für 80 Euro.
Der Jamon duftet verlockend
Bevor wir noch bei allem Wohlwollen der Ordnungskräfte für edle Bentleys ein Parkticket für 100 Euro kassieren, sollten wir aufbrechen. Es ist kurz vor neun und damit so langsam ohnehin Zeit fürs Abendessen. Mal schauen, vielleicht erst mal ein bisschen geröstetes Brot mit Tomate und natürlich ein bisschen hauchdünnen Schinken. Wir haben natürlich einige Scheiben vom Guten dabei für unser Picknick am Atlantik. Zwei Tage später werden wir der Hausherrin einer steilen Klippe bei Bilbao die Reste dessen überreichen, was wir bis Sonnenuntergang nicht aufessen konnten. Eine gute Flasche Cava, einen edlen Käse. Das aber, was die Augen ihres vierjährigen Sohnes sofort zum Leuchten bringt, das wonach er als erstes greift, als wir die Gaben überreichen, ist die angebrochene, verlockend duftende Packung Jamon.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Bentley.
