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GTI-Vortreffen Faaker See
Das wirklich wahre GTI-Treffen

Die Kenner flüstern sich schon seit Jahren zu: Wer wirklich geile GTIs sehen will, muss früher aufstehen - am besten Wochen früher. Die Hardcore-Fans treffen sich schon Wochen vorher in Kärnten. Wir hatten den Wecker gestellt.



05/2015, VW Golf GTI-Vortreffen
Foto: Markus Stier

Man muss fix sein im Kopf, wenn man in diesen Zeit ans Geld anderer Leute will, vor allem in der Gastronomie. Das Camping-Dorf Arneitz in Finkenstein ist da ein schönes Beispiel. In Faak am See herrscht normalerweise große Beschaulichkeit, bis auf das Herbstwochenende, an dem die Harley-Gemeinde aufschlägt. Doch weil immer mehr GTI-Fans seit einigen Jahren ihre offizielle Jahreszusammenkunft im Mai meiden, weil ihnen dort zu viel Alkohol getrunken und zu wenig Benzin geredet wird, brauchen die Golf spieler auch außerhalb von Reifnitz am Wörthersee Platz, und den hat man beim Arneitz reichlich zu bieten. Die hübschen Altstadtfassaden an der Uferstraße sind reiner Schwindel, sie tarnen ein riesiges Bierzelt, aber der Parkplatz gegenüber ist echt, und dazu kostenlos für GTI-Fahrer.

Unsere Highlights

Walter Dobernig winkt gutmütig einen tiefergelegten TT nach dem nächsten aufs Areal, das der neue Hotspot für VR6-Verrückte und Gewindefahrwerks-Geile werden soll. "Es ist Wahnsinn. Vor zwei Jahren haben wir hier mit 20 Autos angefangen, letztes Jahr waren es schon 200, und dieses Jahr? Das ist einfach verrückt.“ Es gibt klare Regeln: "Keine Ruhestörung, kein Spulen“, womit durchdrehende Räder gemeint sind. Bis Mitternacht wird ausgestellt, gefachsimpelt. Man trifft alte Freunde, und aus der einst angeblich so prolligen GTI-Horde ist ein gigantischer Familienausflug geworden.

Auch Fremdmarken rollen vor

Warum kam eigentlich noch niemand darauf, Kinderwagen tiefer zu legen, da tut sich ein gigantischer neuer Markt auf. Denn der Drang zur maximalen Flachheit ist auch nach drei Jahrzehnten ungebrochen. Nur, dass sich heute keiner mehr damit begnügt, einfach die Federn abzusägen. Der GTI-Freund der Moderne parkt lässig und lässt mit einem Seufzer der Pneumatik die Karosse bis kurz über den Asphalt absinken. Alles eingetragen natürlich. Mindestens 18- gern auch 20-Zoll-Räder verschwinden halb in liebevoll geweiteten Radhäusern, wer mehr als 45 Millimeter Gummi auf der Reifenflanke hat, gilt als Weichei.

Die Zeiten, wo man Golf fahren musste, sind längst passé. Die komplette Konzernpalette vom Polo bis zum Passat CC, vom Up bis zum Porsche Panamera muss dran glauben. Die Leistungsschau in der Kärtner Seenlandschaft nutzen auch immer mehr Fahrer von Fremdfabrikaten, um auf sich aufmerksam zu machen. Niemand rümpft die Nase, wenn tief geduckte C-Klassen mit V8-Motoren durch Velden bollern. Gern gesehen sind Ami-Boliden vom Format eines Chrysler 300 C, die sich tagsüber allerorten auf Campingstühlen am Straßenrand lümmelnde Truppe reist auch zunehmend gern mit 3er- oder 5er-BMW an. "Wir hatten sogar Opel da", betont Walter und schwört, er habe in den folgenden Tagen weder Fammen noch Rauchsäulen gesehen.

Das GTI-Treffen wird in Zeiten von ungebrochenem Extremismus zum Hort der Völkerverständigung, Russen stoßen mit Amerikanern an, Wallonen fachsimpeln mit Flamen, Franzosen und Deutsche pflegen ihre Freundschaft, und die Österreicher schaffen es, die Piefkes nicht nur zu ertragen, sondern gar zu mögen. Man muss sich eh benehmen, es sind ja die Frauen dabei. Wo in Reifnitz im Mai immer noch gern mattes Olivgrün zur Schau gestellt wird und martialische Aufkleber in altdeutscher Schrift von der "Waffenschmiede Wolfsburg“ künden, beklebt der GTI-Fan von heute sein Schmuckstück mit einem feschen Tarnmuster, das wahrscheinlich gegen Aufpreis immun gegen Radar macht, aber mit schreiendem Pinkmetallic oder Himmelblau, kombiniert mit weiß und Schwarz schon Kilometer weit zu sehen ist.

Zum offiziellen GTI-Treffen kommen die Verrückten

Gesehen werden, ist ja auch der Sinn der Sache. Und weil sich nach Polo, Corrado oder Golf nur noch Detailverliebte umdrehen, reisen viele Hobbytuner neuerdings mit größerem Material an. Kombis stehen hoch im Kurs, egal welche Marke. BMW 5er Touring in Mausgrau ist angesagt, oder Audi RS6 in Kanarienvogel-Gelb. Violetter Passat Kombi mit weißem Stahlkäfig, warum denn nicht? Endlich muss sich Papa nicht mehr schweren Herzens von seiner Rakete trennen, wenn Mutti schwanger ist.

Das GTI-Treffen wird mit der Zeit immer mehr zur Frühgeburt. Bis zum regulären Termin ist es noch rund eine Woche hin, aber die Eingeweihten raunen, man hätte schon vor einer Woche da sein müssen, als ein Golf mit TT-Fünfzylinder Motor oder ein Touran mit Selbstmörder-Türen gar nichts besonderes gewesen seien. Angeblich treibt schon ein 1.000-PS-Golf  sein Unwesen, aber vielleicht ist das nur ein Trick der ausgeschlafenen Kärtner, um Urlauber vom Loch Ness zum Loch Faak zu lotsen. Die abschließende Lehre für den rasenden GTI-Reporter lautet in jedem Fall: Im nächsten Jahr muss man noch früher aufstehen. Zum Abschluss noch der wirklich allerallerletzte Trend vom Wörthersee:  Zum neuen Schick der GTI-Gemeinde gehört auch ein Hauch Snobismus. Man schwört bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass man bis zum 13. Mai in jedem Fall  wieder abgereist ist. Dann beginnt das reguläre GTI-Treffen und Walter sagt: "Da kommen dann wieder die Verrückten."

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