Formula Student in Michigan: Die Weltmeister beim weltgrößten Rennen

Formula Student in Michigan
Die Weltmeister beim weltgrößten Rennen

Veröffentlicht am 07.06.2010

Anfang Mai startete die Vorhut mit einem Umfang von acht Mann gen Westen und fand beim befreundeten Team aus Madison vorerst Unterschlupf und umfangreiche Möglichkeiten zur Vorbereitung des Rennwagen F0711-4 für den Wettbewerb.

Deutsches Team aklimatisiert sich

Eine Woche später, am Montag den 10. Mai, folgte der Rest des Teams und wurde am Flughafen von Chicago herzlich in Empfang genommen. Gemeinsam machte sich das Team mit den angemieteten amerikanisch dimensionierten Wohnmobilen auf die vierstündige Fahrt zum Campingplatz nahe des Michigan-Speedways. Dort angekommen stand zuerst Ausruhen auf dem Tagesplan. Der Flug und vor allen Dingen die Zeitverschiebung forderten ihren Tribut, sodass das Schlafen nicht schwer fiel und sehr schnell Ruhe auf dem Campingplatz einkehrte.

Dienstagmorgen bekam das Team die Möglichkeit einer detaillierte Werksbesichtigung bei ZF in Detroit und konnte bei Fachgesprächen einen ersten Eindruck der neuen Umgebung sowie ein typisch amerikanisches Mittagessen mit Burgern ergattern.  Später am Tag stand lediglich noch die Registrierung für den Wettbewerb auf dem Programm und der Abend konnte gemeinsam am Campingplatz genossen werden.

Formula Student Wettbewerb beginnt technischer Abnahme

Mittwoch 12. Mai - Der Wettbewerb beginnt! Begann der Morgen doch noch relativ gemütlich, so stand nach dem Mittagessen das gewohnte Scrutineering, also die technische Abnahme des Fahrzeugs, auf dem Programm. Beim Scrutineering wird das Fahrzeug auf seine Reglementskonformität überprüft und wesentliche, vor allem sicherheitsrelevante Bauteile und Strukturen intensiv unter die Lupe genommen. Mit all seiner Routine aus den vorangegangenen drei Wettbewerben konnte der Rennwagen F0711-4 diese Aufgabe mit Leichtigkeit meistern und der Tag klang mit der "welcome ceremony" und dem Gewinn von 150 Euro-Fastfood-Gutscheinen entspannt aus.

Businessplan, Cost Event und Noise Test bei Formula Student in Michigan

Am Donnerstag sollte es dann richtig ernst werden. Morgens um 09:00 Uhr stand das Cost Event an, welchem kurz darauf um 12:00 Uhr die Businessplan-Präsentation folgte und letztlich um 15.30 Uhr das Design Event. Nebenher wurden alle weiteren Tests zur technischen Abnahme in Form des "tilt tables", des "noise tests" und des "brake tests" absolviert. Den "noise test" konnten wir leider nicht auf Anhieb bestehen und mussten uns mit 116 dbA im ersten Versuch nochmals an eine Dämmung des Lärmpegels machen. Letztlich stellte der Test dennoch kein Hindernis dar und alle Tests sowie die statischen Events konnten reibungslos absolviert werden. Wie sich später herausstellte, belegten wir im Cost Event einen durchaus zufriedenstellenden Platz 74 noch vor der TU Graz auf Platz 80 und der TU München auf Platz 82.

Uni Stuttgart bei Design Event klarer Verlierer des Bewertungssystems

Bei der Businessplan Presentation landeten wir auf einem hervorragenden vierten Platz hinter den Teams aus Oregon (OSU), Montreal (ETS) und Rochester (RIT). Beim Design Event waren wir klarer Verlierer des amerikanischen Bewertungssystems und landeten auf einem enttäuschenden Platz 15. Hinter dem Gewinner Oregon, dem Zweitplatzierten Graz und dem Drittplatzierten Montreal erlangten 12 weitere Teams mit dem vierten Platz 110 Punkte, welchen weitere 26 Teams auf einem gemeinschaftlichen 15. Platz mit 100 Punkten folgten. Der Modus zur Auswahl der Halbfinalisten, sah zwei Teams pro Judge-Team vor. Dass wir die Schlange mit den meisten hochkarätigen Teams erwischt hatten, wurde uns damit zum Verhängnis. Dementsprechend zweifelhaft bleibt das Bewertungssystem und das Ergebnis des Design Events einzustufen, was an der erzielten Punktzahl jedoch wenig ändert.

Erfolge bei den Renneinsätzen

Freitag - Ein Tag geprägt von schnellen Autos. Nun galt es die schnellen Zeiten in den Asphalt zu brennen. Wie gewohnt fanden der Acceleration und SkidPad statt, bei welchen die Fahrer des Uni Stuttgart Teams Brix, Heiko und Simon gewohnt stark agierten und hervorragende Zeiten fuhren. Beim Acceleration erzielte Brix mit einer Zeit von 4,025 Sekunden einen respektablen achten Platz und beim SkidPad fuhr Heiko mit seiner Bestzeit von 5,178 Sekunden auf Platz sieben. Nach dem Mittagessen galt es den Autocross zu absolvieren. Die Erwartungen an die eingesetzten Fahrer  Michael und Tobi waren entsprechend hoch und das Fahrerduell spannend wie immer. Dieses Mal hatte Michael beim internen Duell mit Tobi die Nase mit wenigen Tausendstel vorne und konnte den Autocross gewinnen, was für uns bedeutete, als erster oder letzter in den Endurance-Tag zu starten. Doch auch hier sollten wir noch eine kleine Überraschung erleben.

Der alles entscheidende Tag beim Formula Student Wettbewerb in Michigan

Samstag - Der alles entscheidende Tag. Dass beim Endurance annähernd ein Drittel der Gesamtpunktzahl vergeben wird, ist hinlänglich bekannt und auch die Wichtigkeit des Kraftstoffverbrauchs mit der entsprechenden Bewertung ist ein wichtiger Bestandteil der Wettbewerbe. Am Vortag wurde bereits bekannt gegeben, dass morgens die Platzierungen 74-31 aus dem Autocross fahren sollten, dann mittags die drei Finalisten aus dem Design-Event und anschließend beginnend beim Erstplatzierten des Autocross die restlichen Fahrzeuge. Kurz vor Beginn der Finalistenrunde bekamen wir dann die Order mit den drei Fahrzeugen aus Oregon, Montreal und Graz zusammen zu starten, was kurzzeitig für Hektik und Aufregung sorgte. Dennoch kamen wir pünktlich an den Start und Tobi fuhr eine starke Runde nach der anderen.

Eine Runde vor Zieleinfahrt versagte die Technik

Dann der Fahrerwechsel, alles ging glatt und Michael bekam von Tobi noch letzte Tipps für den für Vierzylinder-Autos recht eng gesteckten Kurs. Die Bestzeiten fielen nacheinander - Oregon - Stuttgart - Oregon - … Nach 27 von 28 absolvierten Runden kam die Streckensprecherdurchsage - last lap for Stuttgart. Nur noch eine Runde. "Nur noch"! Mal wieder kurz vor Schluss sollte der Antriebsstrang des Rennwagen F0711-4 versagen und das Auto zum Aufhören zwingen. Gerade mal eine halbe Runde wäre es noch bis ins Ziel gewesen. Erste Sichtprüfungen nach dem Endurance lassen auf ein Versagen des Kettenspanners schließen, was letztlich dazu geführt hat, dass die Kette vom Ritzel sprang und kein Vortrieb mehr möglich war.

Rennwagen F0711-4 fliegt defekt zurück nach Stuttgart

Leider hatten wir vor Ort nicht mehr die Zeit und Motivation das Auto zu zerlegen bevor es in die Transportkiste für den Heimtransport verpackt werden musste. Daheim in der Werkstatt werden wir dann sehen, was wirklich der Grund für den Ausfall war. Letzte Hochrechnungen ergaben, dass unter Annahme einer sehr langsamen letzten Runde wir den Endurance gewonnen hätten und mit den entsprechenden Punkten beim fuel event wieder ganz vorne mitgefahren wären. Doch alles Jammern hilft nichts und so muss der Rennwagen F0711-4 den (erst) zweiten Ausfall in der Geschichte des Rennteams Uni Stuttgart verbuchen.

Formula Student Michigan verabschiedet sich mit Party

Nach der doch sehr ernüchternden "award ceremony" noch am selben Abend und dem wohlverdienten Sieg für das Global Racing Team aus Oregon bekamen wir vom Team aus Michigan Ann Arbor die Einladung zu einer Abschlussparty, welcher wir sehr gerne nachkamen. Die Kiste war gepackt, die Camper aufgeräumt und für die Abgabe am Montag vorbereitet - also fuhren wir nach Michigan Ann Arbor, wo wir einen wundervollen Abschluss des Events mit einigen Teams in vollen Zügen genießen konnten. Später am Sonntag - aus offensichtlichen Gründen erst nachmittags - lud uns das Team aus Michigan noch zu einer kurzen Besichtigung zu sich in die perfekt ausgestattete Werkstatt ein. Im Anschluss daran machten wir uns gemeinsam auf den Weg zurück Richtung Chicago mit einem geplanten Zwischenstopp auf einem Campingplatz am Lake Michigan, wo wir am Abend bei Sonnenuntergang und Sandstrand die Gedanken nochmals über den vergangenen Wettbewerb schweifen lassen konnten.

Rennwagen F0711-5 steht schon in den Startlöchern

Der Großteil des Teams brachte dann am Montag die gemieteten Wohnmobile zurück und am Dienstag traten bereits einige Rennteamler die Heimreise zurück nach Deutschland an, um beim Rennwagen F0711-5 wieder mit Vollgas mitwirken zu können. Der Rest teilte sich in kleinere Grüppchen auf und verstreute sich in die unterschiedlichsten Richtungen Amerikas. Somit fand für jeden USA-Reisenden der Trip einen angenehmen Abschluss und jeder aus dem Team konnte wichtige und wertvolle Erfahrungen wieder mit nach Hause bringen.

"Don’t worry about it!"

Dass dies alles möglich war, verdanken wir mal wieder unseren treuen Unterstützern und Sponsoren, welche uns mit diversen finanziellen Hilfestellungen die Stemmung der Wettbewerbskosten ermöglicht haben. Nicht zuletzt gilt unser Dank auch den zahlreichen Daheimgebliebenen die uns über die ganze Zeit online verfolgt und mit den besten Wünschen und intensivem Daumendrücken unterstütz haben. Aus einer lustigen Situation heraus hat sich ein prägnanter Satz ergeben, der uns die ganze Wettbewerbszeit über begleitet hat:
Don’t worry about it!