Das Campingglück ist heilig, sagt mein Vater. Ein Mann, reif und geschickt. Viele Sommer schleppte er die Familie unter die ungarische Sonne. In 14 Jahren steigerten wir uns vom Kabinenzelt über Klappfix (flacher Anhänger mit Klappzelt) bis zum Wohnwagen. Letzteren baute der Herr Vater höchstselbst zusammen, verschätzte sich jedoch etwas in der Größe, was ihm die Bremsen unseres Moskwitsch Baujahr 71 ("Mossi") übel nahmen.
Heute ruft mein Vater mahnend "Erinner dich an das Schicksal des Mossi" ins Telefon, als er vom Abenteuer mit dem Fiat 500 Cabrio hört. Der hübsche Marienkäfer soll meine Campingliebe auffrischen – mit dem kleinsten Wohnwagen Deutschlands am Haken: dem legendären Schwalbennest, den die Firma Knaus zum 50. Jubiläum in Kleinserie aufgelegt hat. Getreu dem Namen handelt es sich um ein winziges Zimmer mit Achse – kaum größer als ein aufgeblasener Luftballon. "Die 565 Kilogramm des 3,77 Meter langen Eis werden den Fiat schon nicht verletzen", besänftige ich Vater. Er staunt wie ich, dass Fiat dem 500 offiziell zutraut, 750 Kilogramm schwere Anhänger wegzuschleppen. Vorausgesetzt, sie sind gebremst.
Fiat 500 und die Anhängelast
Das 3,77 Meter lange Schwalbennest ist es. Trotzdem wächst ein mulmiges Gefühl, als ich die Rundrohrdeichsel langsam hinter den Fiat 500 ziehe. Seitlich betrachtet wirkt das Wohnei wie eine liebevolle Geschenkverpackung, aus der der Fiat rausgerollert ist. Beim Verkuppeln geht seine Heck in die Hocke, und es scheint, als begreife der 500, dass ihn tatsächlich jemand als Zugtier einsetzen will. "Nudeln, Müsli und Zahnbürsten", rufe ich Susan zu, bevor sie sich vorm Kleiderschrank in Stellung bringen kann. "Wir haben ja nur ein Wochenende", erkläre ich ruhig und hoffe, meine Furcht zu überspielen.
Was, wenn Fiat die 750 Kilogramm einfach nur so in die Papiere geschrieben hat? Was, wenn wir die Ersten sind, die einen Fiat 500 vor einen Anhänger spannen? Was, wenn sein Zweizylinder am Berg aufgibt?
Mit der Wärme der glutroten Abendsonne bekommt der Kleine breite Außenspiegel übergestreift, die mittels Gummibändern schnell halten und den 2,08 Meter breiten Po des Anhängers einfangen.
Gespann mit Aufmerksamkeitswirkung
"Das schaffst du schon", muntere ich den Fiat auf, während sein kleiner Motor erwacht und uns völlig unbeschwert aus der Einfahrt zieht. Dabei wippt das Schwalbennest ungeduldig von rechts nach links, folgt dem Fiat 500 aber brav und leise. Die anfänglichen Bedenken sind schnell verflogen, denn der Fiat 500 flattert wie ein starker Zugvogel durch die Stadt und raus aufs Land. Bis Tempo 90 hat er mit der Fuhre kein Problem, danach brummt sein Zweizylinder und braucht die Länge eines Liedes, um sich in den Schatten eines Lkw zu hängen. Dabei summt der Wind laut um das Schwalbennest. Von kleinen und großen Menschen bewundert, die aus allen Richtungen herzlich winken, scheint das Gespann die Wiese zu riechen, auf der wir eine Stunde später ankommen. Die Zwerge vom Campingplatz nebenan rufen Papi herbei: "Können die darin schlafen?" Wir können! So mini die fünf Quadratmeter Küche/Wohnzimmer/Doppelbett außen wirken, so gemütlich sind sie innen. Ein Versteck, in dem keine Hektik Platz hat.
Als der 500 abkühlt und die Nudeln kochen, ist das Gespann umringt. Bier wird gereicht, Geschichten getauscht. Erstaunlich viele kennen das Schwalbennest von früher. "Wie wenig man doch braucht, um glücklich zu reisen", verabschiedet sich ein Gast mit Sieben-Meter-Wohnmobil. Wie recht er hat!
