Die Rekordfahrt mit dem Tesla Model S
Weltrekordversuch: die Vorgeschichte

Die Initiatoren des Guinnessbuch mögen prinzipiell große Spaßvögel sein, aber im Detail sind die Wächter über sinnfreie oder außergewöhnliche Rekorde strenge Männer. Als Michael Willberg ihnen eine Rekordfahrt von Rom ans Nordkap schmackhaft zu machen suchte, waren sie durchaus aufgeschlossen, aber wenn schon, dann habe die Reise im Tarifa zu beginnen. Das spanische Städtchen ist der südlichste Punkt des europäischen Festlandes. Nur von dort könne man mit Fug und Recht eine komplette Durchquerung des Kontinents für sich in Anspruch nehmen, entschieden die Briten und setzten noch einen drauf: Die maximale Haltezeit für die Reisenden darf nicht mehr als 22 Stunden betragen.

Für einen viertägigen Trip im Auto klingt das zunächst noch einigermaßen kommod, aber Willberg will die Tour nicht mit irgendwelchen Autos absolvieren, sondern mit rein elektrischem Antrieb. Der Gründer der Hifi-Firma Ultrasone, die sich mit Kopfhörern einen Namen gemacht hat, ist überzeugter Tesla-Anhänger und war es leid, von Politikern, Medien und in der Folge auch von Autofahrern immer die gleichen Klischees über Elektroautos anzuhören, vor allem, dass selbige eben für Langstreckenfahrten untauglich seien.

6.600 Kilometer in 96 Stunden

Und so wurde die Idee geboren, es der Welt zu zeigen. Schon eine Testfahrt über 4000 Kilometer führte ins Guinness-Buch. Willbergs Team absolvierte sie in 48 Stunden. Dabei war im Modell Tesla S keineswegs Bummeltempo angesagt. "Unsere Reisegeschwindigkeit lag zwischen 120 und 140 Stundenkilometern", sagt der Tesla-Fan.

Ganz so hoch wird das Tempo auf der Fahrt ans nördliche Ende Europas nicht liegen, aber der Initiator schwört: "Wir werden keineswegs Bummeltempo anschlagen." Zwischen 250 und 350 Kilometern werden die Einzelabschnitte betragen. Auf dem Weg liegen 25 Ladestationen, gehalten wird möglichst nur zum Strom fassen. Die "Tankstopps" der Rekordmannschaft sollen nicht länger als 15 bis 30 Minuten dauern. Selbst wo keine Supercharger zur Verfügung stehen, sind maximal 70 Minuten Halt eingeplant. Wie ambitioniert das Ziel ist, die über 6.600 Kilometer in 96 Stunden zu schaffen, versteht, wer die Durchschnittsgeschwindigkeit dazu ausrechnet: 68,75 km/h – inklusive Standzeiten.

Drei Fahrer pro Tesla Model S

Insgesamt brechen vier Teslas zur Rekordfahrt auf - drei Model S P85+ und ein Model S 85 G. In jedem Auto sitzen drei Fahrer, die sich am Steuer ablösen. Geschlafen wird unterwegs auf der Rückbank. Unter den neun Rekordfahrern finden sich illustre Namen des Elektroantriebs wie Eberhard Mayer, der den ältesten Tesla S Deutschlands bewegt. Oder Hans-Jörg von Gemmingen, der neben seinem Modell S schon einen Tesla Roadster besitzt und weltweit den Kilometerrekord für die Marke hält: Etwa 600.000 Kilometer spulte er mit Lithium-Ionen-Antrieb ab. Prominentester Name im Feld ist der Spanier Rafael Demestre, der bereits eine Weltumrundung in einem Tesla hinter sich hat.

Das kalifornische Unternehmen selbst hat ein wohlwollendes Auge auf die Rekordfahrt, aber das Projekt stemmen die Beteiligten komplett in Eigeninitiative. Ein wachsames Auge auf den Rekordversuch werden nicht nur die Männer vom Guinness-Buch haben, sondern auch auto motor und sport. Auf dem Weg von Spanien über Frankreich, die Schweiz in Richtung Dänemark, Schweden und schließlich Norwegen durchqueren die Stromer auch Deutschland. Ab dem Tankstopp im badischen Achern wird auch ein Redakteur zusteigen und hoffentlich nicht als fünftes Rad am Wagen, aber als vierter Mann im Auto permanent von der Tour berichten.

Längste Etappe ohne Ladung ist 420 Kilometer

Die Rekordfahrt startet am Morgen des 7. August in Tarifa. Das Nordkap soll am frühen Morgen des 11. August erreicht sein. Um die Zuverlässigkeit und Reichweite der vier Rekordfahrzeuge macht sich Initiator Michael Willberg keine Sorgen. Selbst die in Norwegen mit 420 Kilometern längste Etappe ohne Steckdose hält er für problemlos machbar. "Es wird trotzdem ein Abenteuer", verspricht der Initiator. So wird zwar in Spanien trotz des erhöhten Verbrauchs durchaus mit Klimaanlage gefahren, aber nördlich des Polarkreises keinesfalls mit Heizung, denn die verbraucht drei Mal mehr Strom als die Klimakühlung.

Das Team hat Decken und dicke Jacken an Bord. Am Nordkap kann es an einem schönen Hochsommertag durchaus 20 Grad warm sein, aber an einem schlechten auch schneien. "Keine Angst", sagt Willberg gut gelaunt: "Wir haben Allwetterreifen aufgezogen."