Coole Autos der Surfer: Surfers Paradise

Coole Autos der Surfer
Surfers Paradise

Veröffentlicht am 29.05.2014

Reisegeschichten beginnen bei routinierten Autoren gern mit Zitaten, etwa von Friedrich Schiller oder Oscar Wilde, die gute, kluge Dinge über das Reisen schrieben. Diesmal wählen wir eines von Mark Twain: Es gebe kein sichereres Mittel festzustellen, ob man einen Menschen mag, als mit ihm auf Reisen zu gehen, soll der große Zyniker und leidenschaftliche Reisende gesagt haben. Der Fotograf auf dem Beifahrersitz lacht. Und Twain, dessen Reisen im Dampfschiff- und Eisenbahn-Zeitalter stattfanden, konnte gar nicht wissen, wie es ist, in zwei Tagen zu zweit in einem Mini Paceman 1.000 Kilometer kalifornische Küste auf der Suche nach coolen Surferautos entlangzufahren.

Doch von Anfang an: Wie alle guten Reisen beginnt auch diese im Kopf. Und zwar vor über 35 Jahren. Neil Young sang damals ein Lied über sein erstes Tour-Fahrzeug, einen umgebauten Buick-Leichenwagen, mit dem nun vielleicht die Beach Boys zum Surfen fahren. Das Kopfkino, bestückt mit Bildern aus Filmen, Songs und Büchern, spielt seither seinen eigenen Endlosstreifen über coole Autos, langhaarige Wellenreiter, Bikini-Mädchen und endlose Strände.

Woodys sind Kultautos

Die südkalifornische Sonne macht sich schon mal rar an diesem Wochenende. Sie verbirgt sich hinter dunklen Wolken, die hektisch vom Pazifik nach Osten ziehen, passend dazu regnet es in Strömen. Doch das erste Surfer-Auto begegnet uns bereits auf der Interstate 5, kurz vor der Ausfahrt nach Laguna Beach: ein hellblauer Mercury Comet Station, erste Serie, vor 1965. Am Lenkrad ein Mädchen mit Piercings im Ohr und Tattoos an den Armen. Sie lacht und winkt, als der Mini mit ein paar Meilen Überschuss vorbeizieht, Speed Limit 70 mph.

Das zweite Auto steht gleich an der ersten Tankstelle nach der Ausfahrt, ein Chevrolet Fleetmaster Woody von 1947. Marvin aus San Diego lässt 15 Gallonen 87er-Sprit in seinen Chevy gurgeln. "Ihr habt euch das falsche Wochenende ausgesucht, Jungs", sagt er. Bei dem Sturm würde kaum jemand ein Sammlerauto aus der Garage holen. Sein Wellenbrett sei nur Deko, gesteht er. Und erzählt, wieso die Woodys in den späten 50er-Jahren zu Surfer-Kultautos wurden. Surfer brauchen viel Platz für nasse Boards, durchgeweichte Wetsuits und idealerweise eine Matratze zum Schlafen. Und die Autos mussten billig sein, denn Salzwasser, Surfbrettwachs und Sand sind eine für Fahrzeuge eher unbekömmliche Kombination.

Billig sind die Woodys heute freilich nicht mehr. Der 47er Fleetmaster wurde keine 5.000-mal gebaut, verrät Marvin, der nicht fotografiert werden will, und erzählt weiter, dass es nur noch eine Handvoll gibt. Kaufpreis: eine mindestens sechsstellige Dollarsumme. Er steigt in seinen rotbraunen Fleetmaster und fragt zum Schluss: "Seid ihr aus Alabama?" Wir schauen uns an und schütteln die Köpfe, unser Akzent ist deutsch, das Paceman-Nummernschild aus New Jersey. Vielleicht ein südkalifornischer Witz,  den wir nicht verstehen.

Los Angeles im Regen

Los Angeles zieht es gerade durch den großen Schleuderwaschgang des Sturmtiefs Titan, die Fahrt durch die Stadt dauert über zwei Stunden. Erst hinter Santa Monica wird der Regen durchsichtiger und die Sonne lugt ab und zu durch die Sturmwolken. Die Millionärshäuser am Pacific Coast Highway wirken zerzaust und durchnässt, wie große Hunde, die zu lange am Strand gespielt haben. In ihren Windschatten ducken sich nassgeregnete Mercedes CLS und GL, Panameras, 911 Turbos, Jaguar XK und vereinzelte Astons und Bentleys.

Zuma Beach, der nächste Kultstrand nördlich von Malibu, quetscht sich fast verlassen zwischen Pazifik und Highway 1. Die Brandung überspült den größten Teil des Sandstreifens, ein paar Kinder laufen auf und ab, wenige Autos, keine Surfer.

Die sehen wir dafür am nächsten Tag, nach einer kurzen Nacht in Santa Barbara und einem guten Morgenkaffee in Arroyo Grande. Pismo Beach ist dafür bekannt, dass hier jedermann für zehn Dollar Einlass auf den Strand fahren darf, so weit er sich traut oder der Allradantrieb ihn bringt. An diesem Sonntagmorgen ist Pismo Beach geschlossen. Wegen Überflutung. Schaulustige schlendern durch die Dünen, auf den Parkplätzen stehen die Surfer-Autos mit den Brettern auf dem Dach.

Das sind die Autos der richtigen Surfer

GMC-Pickups mit Allradantrieb und Wohnkabine, schlichte Kombis in diversen Stadien des Verfalls und jede Menge VW Busse. Auch hier hat ein Generationenwechsel stattgefunden. Die T1- und T2-Generationen sind der Surfszene entwachsen, sie parken meist teuer, neu lackiert und gut gepflegt in den wolhabenderen Wohngegenden am Pazifik. T3 und vereinzelte T4 haben die älteren Busse als In-Wohnmobile abgelöst. Doch die meisten Wellenreiter fahren heute ganz normale Autos, kleine SUV, manche sogar Subaru Impreza oder Toyota Corolla. Und ab und zu Mini. „Seid ihr mit dem aus New Jersey gekommen?“, fragt einer in Morro Bay auf dem Parkplatz des Surfspots zwischen dem markanten Morro Rock und dem gerade stillgelegten Gaskraftwerk am Hafen. Nein, nur aus Los Angeles.

In Cayucos ist Mittagspause vor der letzten langen Etappe durch Big Sur über Monterey nach Half Moon Bay. Wir essen im Skippers, Spezialität: Clam Chowder, eine Muschelsuppe. Vor uns an der Theke schäkert der State Trooper, neben dessen Ford Explorer wir geparkt haben, mit der Kellnerin. Wie in einem Film. Das könnte selbst Mark Twain nicht besser erfinden.

Die Surfspots am Pazifik

Über 500 Meilen oder 800 Kilometer Küstenstraße liegen zwischen Laguna Beach und Half Moon Bay, das ist fast so weit wie von Kempten nach Flensburg auf der A7. Wilde Küsten, kultige Surfspots, traumhafte Strände und pulsierende Metropolen liegen am US Highway 1.