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BMW 524 td (E34) für 555 Euro
Mein erster Turbo

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Hubraum statt Turbo hieß bislang mein Credo, zumindest beim Benziner. Beim Diesel wurde ich schwach, 555 Euro für 1.550 Kilo BMW 524 td (E34) schienen ein guter Kurs zu sein.

BMW 524 TD, Seitenansicht
Foto: Karl-Heinz Augustin

Es kam über mich, wie so oft. Eigentlich wollte ich mal was anderes, nicht immer Mercedes oder BMW, schon gar keinen Turbodiesel. Lieber einen exotischen Youngtimer, um Kollegen und Ehefrau zu schocken.

Eigentlich sollte es ein Croma werden

Wie einst mit dem Nissan Laurel Diesel oder dem Mitsubishi Galant. Einen Fiat Croma habe ich schon lange auf meinem Schnäppchen-Radar im Internet. Es ist das billigste richtige Auto, was man so kaufen kann, mit dem legendären Zahnriemen-Doppelnocker von Aurelio Lampredi unter der Haube als besonderes Zuckerl. Diesmal leuchtete der Radarwarner grell auf – ich hatte vor dem Monitor alle Lampen an: Fiat Croma 2.0 i.e., Baujahr 90, 111.000 km, 2. Hand, neue Reifen, TÜV noch bis Mai, die Fotos appetitlich, alles original. Ich hatte noch nie einen Fiat, gern würde ich den Beweis antreten, dass ein 90er Croma für 400 Euro weniger rostet als ein Mercedes 230 E.

Unsere Highlights

Die Tipo 4-Autos, ob Lancia Thema, Saab 9000 oder Alfa Romeo 164, mag ich sehr. Ich freute mich schon auf mein kleines bescheidenes Glück mit dem Croma, bis eine schroffe Stimme am Telefon sagte: „Schon weg, das Auto stand sechs Wochen im Netz, keiner hat sich gerührt. Vor zwei Stunden hat jemand 350 Euro hingeblättert, jetzt, wo er weg ist, wollen sie ihn auf einmal alle.“ Aus der Traum von den zwei obenliegenden Nockenwellen und der variablen Großraum-Limousine, die mir den Keller aufräumen hilft.

Endstation Export

Nun, es ist Samstagvormittag, das Geld juckt in der Tasche, ich setze mich in meinen 200er-Vergaser und fahre mir auf verschlungenen Pfaden den Frust frei. Gerne gehe ich dabei auch ein bisschen spazieren, längs der vielen Bahngeleise in der Millionenstadt. Da, wo altes buntes Blech in der Sonne glitzert, Endstation Export. Alte Diesel mit roten Plaketten finden sich hier zuhauf, aber auch Benziner mit großen Motoren und „Kilometer laut Tacho“, wie es auf den Verkaufsschildern so trügerisch heißt.

Meiner stand drüben in der Ecke am Zaun, letzte Reihe. Ein silberner Fünfer mit Shadow-Line, altes Beuteschema also. Radkappen vom Nachfolger E39, besser als Baumarkt, dachte ich. Als Turbodiesel outete er sich erst einen Moment später. Er hatte nicht mal ein Verkaufsschild, statt dessen pries ihn weißer Edding auf Glas an wie ein billiges Tagesgericht: „BMW 524 TDS, Schiebedach, Zentralverriegelung, Servolenkung, 555 Euro“.

Der freundliche türkische Händler hat also gleich ein neues Modell kreiert und das begehrteste Export-Extra weggelassen, die Klimaanlage. Nur ein winziger Schalter mit Kristall-Symbol macht auf der Mittelkonsole den Unterschied. „Schöner BMW, kann ich den Schlüssel mal haben?“ rufe ich – und schicke noch ein zaghaftes „läuft der?“ hinterher. „Motor, Getriebe einwandfrei, aber kein TÜV“, schreit der kleine, kräftige Mann in der bunten Tommy Hilfiger-Jacke zurück, weil gerade ein scheckiger Land Cruiser lautstark durchs Bild nagelt.

333.897 km von fünf Vorbesitzern

Es folgt mein übliches Interessentenritual: Motorhaube auf, Ölmessstab ziehen, ein Blick unter den Einfülldeckel, alle Betriebsmittel und Ölzettel kontrollieren. Im Kofferraum des BMW 524 td entdecke ich neben einem Keilriemen noch vier schöne BMW-Kreuzspeichen-Alus. Ich setze mich mit dem guten Gefühl, dass der Wagen nun meiner wird, rein und lasse den alten, heftig gebrauchten, aber nicht hoffnungslosen Wagen auf mich wirken.

Klima ist tatsächlich drin, sogar mit Standgebläse, die silbergrauen Polster sauber und ohne Risse, die Armstützen in den Vordersesseln des BMW 524 td trotz der astronomischen 333.897 km von fünf Vorbesitzern nicht abgewetzt. Ich drehe den Schlüssel rum – ach ja, vorglühen muss ich. Warte, bis die zwei Startsymbole im Kombiinstrument nach 15 Sekunden erlöschen und der Diesel mit gesundem, kräftigen Nageln erwacht.

So frisch geweckt im Leerlauf klingt der Sechszylinder-Diesel vom Typ BMW M 21 wie ein VW LT. So gemütlich wie prasselnder Regen auf einem Blechdach. Im Handschuhfach des BMW 524 td liegt der letzte, schon vergilbte TÜV-Bericht, nächste Hauptuntersuchung im Oktober 2012.

Die kräftige 88Ah-Batterie gibts obendrauf

Ein paar belebende Gasstöße noch bis auf 3.000/min. Schon bei 1.800 spricht der Lader leise zischend an, der Drehzahlmesser zappelt vor Freude, dieser herrliche Sixpack-Diesel-Sound lässt mich zufrieden grinsen. Ein paar Mal vor und zurückschaukeln, prüfen, ob die Kupplung des BMW 524 td noch was taugt. Okay, bestanden. „Fünfhundert und ich kauf den!“ schreie ich in Richtung Container. „Alles klar“, strahlt Tommy Hilfiger und gibt mir Schlüssel, Papiere und eine kräftigere 88-Ah-Batterie mit auf den Weg: „Damit du nicht stehenbleibst bei der nächsten Tankstelle.“ Ich rausche vom Hof, dieser sonnige Tag gehört uns, mir und meinem neuen Spielzeug. Vergiss den Fiat Croma, der hier ist doch viel spannender: 333 000 km, fünf Besitzer.

Augsburg ist mein Ziel, da kenne ich mich aus, wenn ich mal liegenbleibe. 500-Euro-Autos bieten einem diesen gewissen Nervenkitzel, diesen Thrill, schaffst du es bis nach Hause? Die ersten 70 Kilometer Autobahn mit Marschtempo 120 km/h aus dem Tempomat bei nur 2.300/min absolviert der BMW 524 td souverän. Alles im grünen Bereich, vor allem die Temperatur. Die Tanknadel steht auf unternehmungslustigen 60 Liter, die Reifen rollen mit prallen 2,5 bar, alle Kontrollleuchten bleiben dunkel. Der gut gedämpfte Motor brummt monoton.

Es gibt kein Turboloch – und auch kein Turboschub

Doch mein erster Turbo ist wohl von der sehr milden Sorte. Kein Turboloch, aber auch kein Turboschub, es häuft sich allenfalls eine eher milde Drehmomentwelle zwischen unter 2.000/min bis knapp 3.000/min auf. Ist der Turbo kaputt?, frage ich mich, an einen 525i mit 192 PS gewöhnt. Oder gehen 115 PS mit 1.550 Kilo BMW 524 td so sanft um, weil sie nicht zubeißen können? Aber das ist mir egal, Leistung war mir noch nie wichtig, Ankommen schon. Die Vorderachse fühlt sich beim Lenken ein wenig schwammig an – typisches 5er-Leiden, das mit den ausgeschlagenen Buchsen. Federn und Dämpfer zeigen sich aber noch erstaunlich straff.

Ausfahrt Augsburg-West, Stadtteil Oberhausen, erstmal durch die Waschstraße und dann gründlich durchsaugen. Bevor ich nochmal in Ruhe und zur Beruhigung Öl und Wasser beim BMW 524 td kontrolliere, gibt es für mich noch einem Imbiss im Schnellrestaurant nebenan, bis das Wasser kalt und das Öl in der Wanne ist.

Während ich rübergehe, schaue ich meiner neuen Auto-Liebe anerkennend nach. Gut siehst er aus, der BMW 524 td, nach der „Goldpflege volles Programm“, der Lack glänzt, die grünen Scheiben funkeln, Shadow-Line sorgt für einen Hauch Mascara. Ein bisschen Rost hier und da, eine fehlende Türbodenleiste, ein Sprung im Fernscheinwerfer, aber sonst nichts Ernstes, das darf nach 23 Jahren auch sein.

Satter Maschinenbau der alten Schule

Zwei Hamburger später fehlt dem BMW 524 td ein halber Liter Kühlwasser, der erste Schatten in meinem Billig-Turbo-Paradies. Risse im Zylinderkopf? Oder eine Kopfdichtung, die sich bald verabschiedet? Beides sind Leiden, die dem Turbo-Dieselmotor M 21 aus dem BMW-Motorenwerk Steyr im Alter nicht ganz fremd sind.

Er stammt noch aus dem Vorgänger E 28 und basiert auf dem Zahnriemen-Benziner, hat aber wegen der dieseltypischen hohen Verbrennungsdrücke massivere Pleuellager und naturgemäß einen komplett neuen Zylinderkopf mit Schlepp- statt Kipphebeln. Damit der nicht hochgeht also Frostschutz kaufen und den Temperatur-Zeiger noch kritischer im Auge behalten als ohnehin schon.

Beim Nachfüllen versöhnt die Optik des rustikalen Reihensechsers. Bis auf den mädchenhaften Zahnriemen zeigt sich hier satter Maschinenbau der alten Schule. Alles erklärt sich von selbst, die Verteiler-Einspritzpumpe, auf der anderen Seite der Turbolader mit der großen Schnecke. Einen Ladeluftkühler gibt es erst beim Nachfolger 525 tds, der Wirbelkammer-Motor mit zwei Nockenwellen und 24 Ventilen entwickelt TDI-verdächtige 143 PS. Mir ist er fast schon zu modern, ist vielleicht was für später, wenn der milde BMW 524 td einmal zu fad wird. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Trotz des Wasserverlusts und weiteren elf Positionen auf meiner imaginären Mängelliste sind wir noch im schönsten Honeymoon.

Mit 17 Extras lag der Neupreis bei 61.786 DM

Um mich für die anstehenden TÜV-Reparaturen zu motivieren, zähle die 17 Extras des BMW 524 td auf, von A wie ABS bis V wie Veloursmatten. Später rechne ich den Neupreis aus, stolze 61.786 Mark waren im Juni 1990 fällig. Wie ferngesteuert fahre ich zu einer BMW-Vertretung, brauche einen Lackstift für die Steinschlagkrater auf der Motorhaube, und vor allem den Code für das Radio. Cruisen ohne Musik ist nur halb so schön, aber der Mann hinter dem Tresen kriegt den Code des Bavaria C Business über die Ident-Nummer nicht raus. Immerhin ist der Lackstift Sterlingsilber 244 am Lager.

Mit dieser schmalen Beute fahre ich nach Hause, es sind noch 75 Kilometer. Diesmal wähle ich die Bundesstraße, Schiebedach auf, die letzten warmen Sonnenstrahlen eines milden Novembertages dringen durch. Jetzt traue ich mich auch, den Turbodiesel höher zu drehen. Schaltdrehzahl 3.500 und das Gaspedal dabei energisch durchtreten, um das etwas träge Ansprechverhalten des Diesels zu überlisten. Schon ist die auf der Autobahn beklagte Lethargie des BMW 524 td wie weggeblasen. Ein Ladedruck von 0,85 bar ist trotzdem nicht die Welt, zumal der 524 td viel länger übersetzt ist als ein 520 i.

Während ich so lenk und denk, fällt mir einmal mehr auf, wie harmonisch doch so ein Fünfer-BMW der Sorte E 34 ist. Formschön, innen behaglich mit ambitionierter Technik und obendrein noch sehr langlebig.

Als ich den BMW 524 td in kühler Dämmerung vor der Garage abstelle, sehe ich, wie es nach einer Weile vorn herausdampft. Schock in der Abendstunde. Motorhaube aufgerissen, der Nebel zieht ab, druntergelegt mit der Taschenlampe, aha, das Kühlernetz ist völlig marode, es zerbröselt mir unter den Fingern. Halb so wild, Hauptsache der Zylinderkopf ist gesund. In der Garage habe ich noch originale E 34-Radkappen, die kriegt er jetzt als Erstes.

Worauf Sie beim BMW E 34 achten müssen

Der BMW 5er E 34 ist gut rostgeschützt, viele Karosserieteile sind verzinkt. Aber nach gut 20 Jahren verblasst die Wirkung. Rost nistet sich vorzugsweise in den vier Wagenheberaufnahmen und an den Schwellerspitzen am Übergang zu den vorderen und hinteren Radhäusern ein. Auch die Zone um die Tankklappe und die hinteren Seitenteile unter den Stoßfängern sind korrosionsanfällig.

Die Türunterkanten rosten unter der Dichtungslippe, gut wird dies bei geöffneter Tür sichtbar. Viele billige BMW E 34 ohne TÜV leiden unter verschlissenen Traggelenken, meist müssen sie komplett mit den vorderen Querlenkern ersetzt werden, weil deren Gummilager marode sind. Auch die hinteren Tonnenlager, mit denen die Schräglenker in der Karosserie befestigt sind, werden in Jahrzehnten mürbe. Die Fahrwerksmängel äußern sich in schwammigem Fahrverhalten und mangelhafter Lenkpräzision.

Motoren und Getriebe des BMW E 34 sind robust und halten locker bis 300.000 km, die kettengetriebenen Sechszylinder-Vierventiler, ob Benzin oder Diesel, sind sparsamer und mangels Zahnriemen wartungsfreundlicher als ihre Zweiventil-Vorgänger. Weitere Lebenshilfe im Forum unter www.e34.de.

Technische Daten
BMW 524td
Grundpreis22.497 €
Außenmaße4720 x 1751 x 1412 mm
Kofferraumvolumen460 l
Hubraum / Motor2443 cm³ / 6-Zylinder
Leistung85 kW / 115 PS bei 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit192 km/h
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