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Audi Q3 Trans China Tour 2011, Tag 3
Wo ist die Tankstelle?

auto motor und sport-Reporter Markus Stier begleitet den Audi Q3 quer durch China. Der dritte Tag der Audi-Tran-China-Tour führt vom ehemaligen deutschen Stützpunkt Qingdao in die einstige Hauptstadt des chinesischen Reiches. Während die meisten nur danach trachteten, die 635 Kilometer bis Nanjing einfach hinter sich zu bringen, beschäftigte sich die auto motor und sport-Besatzung vor allem mit der Frage: Wo ist eigentlich die Tankstelle?

Audi Q3 Trans China Tour 2011 Tag 3
Foto: Audi

Wie üblich kamen sie zu spät, gingen das Thema dann aber mit preußischer Gründlichkeit an. Die deutsche Marine landete 1898 auf der ins chinesische Meer ragenden Halbinsel Shandong, und nahm sie für den deutschen Kaiser Wilhelm II in Besitz. Nachdem sich Frankreich und England ein ausgedehntes Kolonialreich geschaffen hatten, wollte nun endlich auch das Deutsche Reich "seinen Platz an der Sonne", haben. Man musste nehmen, was noch übrig war, ein Stückchen von Südwestafrika, die Inselgruppe von Samoa und eben Qingdao.

Unsere Highlights

Reiche Kohlevorkommen lockten, und auch das Wetter, dass wegen eines frischen Ostwindes im Sommer die Temperatur nur knapp über 30 Grad ansteigen lässt. Damit auch am späten Abend die Sonne scheint, wurde natürlich als Erstes eine Brauerei aus dem Boden gestampft,  es folgte der Gouverneurssitz anschließend ganze Stadtviertel in deutschem Baustil.

Chinesen sind stolz auf ihre deutsche Altstadt

Die Arroganz der Deutschen beantworteten die Chinesen im Jahr 1900 mit dem Boxeraufstand, endgültig vertrieben wurden die Besatzer nach Ausbruch des ersten Weltkrieges von den Japanern. Erst 1922 ging Shandong an die Chinesen zurück, was blieb, war die Architektur und das Bier. Das nach der alten deutschen Schreibweise des Ortes Tsingtao getaufte Bier wird noch heute nach deutschem Reinheitsgebot gebraut und ist nicht nur der populärste Gerstensaft Chinas, sondern auch ein internationaler Export-Schlager.

Der große Vorsitzende Mao ließ Teile der preußischen Stadtviertel wieder abreißen. Sie machten wie überall in China neuen Siedlungen Platz, aber dennoch blieben viele Gebäude erhalten und so wie die katholische Sankt-Michaels-Kathedrale an der früheren Bremer Straße sogar 1981 vom Staat renoviert. Heute sind die Chinesen so stolz auf ihre "deutsche Altstadt", dass sie sogar neue Hochhauskolonien im altdeutschen Stil bauen.

Aber auch der Kolonialismus ist heute noch spürbar, rief doch die französische Gruppe beim Betrachten der Altstadtbauten während des ersten Briefings entzückt aus: "Das ist ja wie bei uns im Elsass." Britische Reiseführer dagegen sind angesichts eigener Kolonialsünden in China heute um Neutralität bemüht und nennen die ganze Gegend die "chinesische Schweiz." Ein Stück vom Kuchen will anscheinend nun auch Österreich haben, weshalb nach einigen Navigationsschwierigkeiten die Besatzung der Alpenrepublik entscheidet, nicht durch den nagelneuen Unterseetunnel einzureisen, sondern die Stadt mit der Fähre in Besitz zu nehmen. In Punkto Marine hat man beim bergigen Nachbarn seit jeher große Sehnsüchte und Nachholbedarf.

Längste Seebrücke der Welt wird vom Navi negiert

Für die neuen Machthaber ist es auch unakzeptabel, dass am Morgen beim Verlassen der Stadt eine chinesische Kohorte von Bussen mit polizeilichem Geleitschutz die Ausreise über die längste Seebrücke der Welt behindert. 10.000 Arbeiter formten 2,3 Millionen Kubikmeter Beton und 450.000 Tonnen Stahl zu einem knapp 43 Kilometer langen Monument, dass Qingdao mit Huangdao in der neuen Provinz Jiangsu verbindet. Das monumentale Bauwerk steckt angeblich Stürme, Tsunamis und Erdbeben der Stärke 8,0 mühelos weg. Unsere Navigationsstimme schweigt sich aber trotzig darüber aus, hinkt das Navi doch angesichts der heimischen Bauwut wieder einmal hinterher, denn die Brücke über die Jiaozhou-Bucht ist erst im vergangenen Juli eröffnet wurden.

Sechs Spuren sind trotz des mäßigen Verkehrs dennoch nicht genug, denn mit Blaulicht behindern zwei Polizeiwagen einer Konvoi-Eskorte den Verkehr hinter sich. Das ficht die Österreicher nicht an, die kurzerhand zur Attacke blasen und sich über den Standstreifen freie Fahrt nach vorn verschaffen. "Sie haben es nicht anders gewollt", schallt es durch den Funk.

Das nun zu erobernde Gebiet führt über wasserreiche Ebenen weiter nach Süden. Jiangsu trägt nicht umsonst den Spitznamen: "Fisch- und Reisland". Die Autobahn steht teilweise auf Stelzen rechts und links sind bis zum Horizont rechteckig angelegte Teiche zu sehen.

Hightechdessert als Höhepunkt der Mittagsrast

Mittagsrast wird in Lianyungang gemacht, das zwar nicht gerade eine Perle des gelben Meeres darstellt, aber für China ein wichtiger Frachthafen ist. Über schick hindrapierte Sandsteinfelsen ist der Blick hinaus aufs Meer allerdings eine ernüchternde Erfahrung. Vor der Küste sind zahlreiche Fischfarmen angelegt, die mit ihren Fäkalien nicht nur das Wasser tatsächlich gelblich färben, sondern den sonstigen Geruch nach Salz oder Seetang komplett durch penetranten Fischgeruch ersetzt haben.

Höhepunkt der Mittagsrast bleibt daher ein Hightechdessert am Büffet, das in schlanken Stielgläsern in waberndem Trockeneis gelagert mit leuchtenden Farben von Orange bis Knallgrün lauert. In der grünlich perlenden Flüssigkeit schwimmen tatsächlich grüne Perlen, darunter segelt - ja was eigentlich? Eine Aprikose vielleicht?

Nachdem wir uns gestern schon vor dem in Zuckerwasser gerührten, rohen Ei gedrückt haben, wollen Svärd und Stier nicht kneifen. Wer hat schon die Gelegenheit, am chinesischen Raumfahrtprogramm teilzunehmen? Also flugs das Ding an den Hals gesetzt und runter damit, was gar nicht so einfach ist, wenn sich der orangefarbene Pfropf neben dem Sodawasser in den Speiseröhreneingang quetscht. Das Erlebnis ist eher enttäuschend. Statt exotischer Geschmacksexplosion nur süße Brause und Gelatine-Kügelchen im Mund. Die vermeinte Aprikose war als solche nicht zu identifizieren, weil nahezu geschmacklos.

Vorgesehene Tankstelle taucht nicht auf

Es geht weiter über endlose Autobahnkilometer. Um für ein bisschen Abwechslung zu sorgen, ist ein Landstraßenstück entlang des gewaltigen Gaoyou-Sees vorgesehen. Die schmale Uferstraße kurvt angenehm am Ufer entlang, allerdings versperren allerorten Bäume die freie Sicht aufs Wasser. Hier und da lagern Hausbootkolonien in vereinzelten Buchten, die Bewohner gewinnen nicht nur Fisch, sondern auch Kies aus dem Wasser.

Der Tageskilometer-Zähler bei unserem Audi Q3 zeigt längst über 470 Kilometer an. Hätte da nicht laut Briefing am Vorabend schon nach 400 Kilometern eine Tankstelle sein sollen? Vielleicht schmollt Madame von der Navigation noch seit der Brückenüberquerung, von der man sie nicht in Kenntnis gesetzt hat, jedenfalls ließ sie die Besatzung außer bei Autobahnkreuzen heute weitgehend in Ruhe. Am Seeufer treffen wir auf die indonesische Gruppe, die Stein und Bein schwört, ein programmierter Wegpunkt habe die heutige Route geschmückt. In jedem Fall ist deren Tank wohlgefüllt.

Wir haben laut Bordcomputer noch eine Reichweite von 150 Kilometern, bis zum Ziel in Nanjing sind es noch 163. Wir können nicht das einzige Auto sein, dem man den Standort der Gemeinschafts-Tankstelle vorenthalten hat, denn unterwegs sehen wir auch an zwei anderen Tankstellen einen orange leuchtenden Audi parken. Eine Besatzung soll es gar so doll getrieben haben, dass noch vor der 400 Kilometer-Marke der Sprit knapp wurde und zum Anlaufen einer Zapfsäule zwang.

700 Kilometer im Audi Q3 mit einer Tankfüllung

Das schwedisch-deutsche ams-Team Svärd und Stier arbeitet mittlerweile in vorbildlich konfuzianischer Harmonie zusammen, dass sogar die Hirne im Gleichklang arbeiten. Beide entscheiden unabhängig, dass man die Monotonie der Autobahn und des platten Landes an deren Rand doch mit einem kleinen Abenteuer brechen könnte. Wir entscheiden ohne Gegenstimme: Es wird bis Nanjing nicht getankt. Stier, schon auf der Wasserstoff-Weltreise von Mercedes im Frühjahr für den niedrigsten Verbrauch ausgezeichnet und mit erheblichem Gottvertrauen ausgestattet, beugt das Haupt zu einem entspannten Nickerchen, während Svärd auf Schleichfahrt geht und mit Tempo 100 und später 80 den Bordcomputer mit der Restdistanz in Einklang bringt. Haarig wird es nur, wenn bei der Einfahrt im Ziel wieder ein Stündchen chinesisches Feierabendboxen auf den Straßen Nanjings auf dem Programm steht.

Doch der Verkehr läuft flüssig bis an den Rand von Nanjing. Zudem haben wir Glück, dass unser Hotel dieses Mal nicht im Stadtzentrum liegt. Als wir auf die Hoteleinfahrt zurollen zeigt der Bordcomputer noch 20 Kilometer Restreichweite an. Wir haben mit einer Tankfüllung über 700 Kilometer geschafft, was die Indonesier schwer beeindruckt. Für einen 1,5-Tonner mit Allradantrieb und 211 Turbo-PS tatsächlich keine üble Leistung.

Die Audi-Hilfstruppen befassen sich dagegen im Etappenziel noch einmal mit der Leistungsverweigerung des Navi-Systems. Bis zum Abendessen bleibt ungeklärt, was im Hirn von Madame vor sich ging, als sie uns die vorgesehene Tankstelle unterschlug. Es geht die Vermutung um, dass beim Datenkopieren das ein oder andere verloren gegangen ist, denn wer in China GPS-Daten sammelt, muss sie erst beim Staat abliefern und freigeben lassen. Schon des Öfteren tauchten dabei Abweichungen vom Original auf. Ob die Staatsgewalt die Koordinaten fälscht, um militärische Einrichtungen zu schützen, oder nur um die Langnasen zu ärgern, bleibt bis dato ungeklärt. Aber was soll’s, morgen geht es nach Shanghai. Die Mega-City am Huangpo-Fluss ist mit ihren 22 Millionen Einwohnern auch ohne Navigationsgerät nicht zu verfehlen.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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