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Audi Q3 Trans China Tour 2011, Tag 16
Sonne im Herzen, Tränen im Knopfloch

Die kurze Abschlussetappe bringen die Besetzungen der Audi-Q3-Trans-China-Tour in Windeseile hinter sich. Aber in die Freudentränen über die glückliche Reise mischen sich auch wehmütige Seufzer.

11/2011 Audi Q3 Trans China Tour 2011, Guangzhou – Hongkong
Foto: Markus Stier

Es ist ein mulmiges Gefühl. Nein, nicht was Sie denken. Der Stier ist nicht am Abend in Guangzhou noch auf den Fernsehturm gefahren, hat sich die Lichter von Kanton nicht aus der Weltrekordhöhe von 600 Metern angesehen, und hat danach auch in keiner Bar zu vielen Tsintao-Bieren ins Angesicht geblickt.

Heute heißt es Abschied nehmen. 16 Tage und 6.000 Kilometer zu fahren, jeden Tag Bildern und Informationen nachzujagen, in jedem Morgengrauen schreiben, das ist schon anstrengend. Trotzdem kommst du im Ziel an und denkst: Schade, schon rum. Unsere Art zu reisen versetzte den Reisenden in einen angenehmen Rhythmus, jeder Tag war voller Leben und Action, jeden Abend quillt der interne Speicher über vor Bildern und Eindrücken. Es gibt nur sehr wenige Orte auf der Welt, wo der Overflow so groß ist wie in China.

Unsere Highlights

Audi macht mit Stier schmutzige Witze

Wäre es einem ums Herz nicht ohnehin schon schwer, gerät selbiges auch noch in akute Infarktgefahr. "Ihr Auto steht ganz vorn. Pole Position, sozusagen", sagt der Audi-Techniker vor dem Hotel stolz. Doch was ist das? Das ist doch wohl nicht? Die haben doch nicht etwa? Das vorderste Auto ist blitzeblank geputzt. Das kann jetzt echt nicht wahr sein. Was haben wir die Staub- und Matschschicht in den drei Wochen mühevoll und mit Liebe gemehrt und gehegt. Das werden sie uns und Wagen drei doch nicht wirklich angetan haben?

Haben sie auch nicht. Auf dem Heckfenster prangt die Nummer fünf. Der Q3 von auto motor und sport parkt fast unsichtbar schon in der Kurve, versifft und abgeritten wie wir ihn gestern abgeliefert haben. Am Abend vorher hat die Service-Crew noch erwogen, dem Stier mal eine richtigen Schrecken einzujagen und eines der sauberen Autos auf die Startnummer drei umzukleben. Zum Glück war ihnen der Spaß dann doch zu aufwendig.

Ein weiterer Grund für gemischte Gefühle ist die heutige Etappe. Schlappe 130 Kilometer von Kanton nach Shenzhen, das ist was für den hohlen Zahn. Schon gegen halb elf sind wir an der Konzerthalle in Shenzhen eingetroffen. Bernhard Wolfsberger zählt die Autos durch. Es sind alle 20 da, und zu seiner großen Überraschung alle unversehrt. Drei Reifen mussten getauscht werden, zwei Frontstoßstangen waren nach Aufsetzern vermackt, zwei Windschutzscheiben waren nach Steinschlägen fällig. Das ist alles, was es zu vermelden gab.

Schmutzige Zielankunft

Ein Auto muss für das Abschlussfoto noch mal auf die Zielrampe. Es kann nur einen geben, und das ist Wagen drei. Eine Dreiviertelstunde surren die Fernsehkameras, klacken die Verschlüsse der Fotoapparate. Verschiedenste Grüppchen posieren Fahnen schwenkend vor dem verdrecktesten Auto im Umkreis mehrerer Kilometer. Deren Reporter sorgt sich bei all den sich schmiegenden und reibenden Menschen um die Unversehrtheit des Kunstwerks. Vorn ist schon eine böse Schramme im Dreck. Die Wunde klafft in leuchtendem Samoa-Orange unter dem linken Auge des Q3. Seit drei Tagen geht das Gerücht um, dass unser Auto mit Klarlack versiegelt und ins Museum gestellt werden soll, also Obacht, bitte!

Nachdem es am Vortag ja leichtes Murren gab, wir hätten auf dem Lande die Chance eine weitere Schlammpackung aufzutragen leichtfertig vertan, gab es heute nicht einmal die theoretische Chance. Selbst mit einer großen Extraschleife hätten wir nicht ins Gelände kommen können, denn entlang der Autobahn Richtung Hongkong reiht sich ein Industriegebiet an das nächste, nur aufgelockert von diversen Wohnstädten für das hart arbeitende Volk, das vom Computer bis zum Turnschuh die Welt mit "Made in China" versorgt.

Falsche Rolex und Wasserspritzen

Kollege Hector von unserer mexikanischen Partnerzeitschrift Automovil ist ganz scharf darauf, ein besonderes Stück China zu ergattern. Er will in Hongkong eine gefälschte Rolex kaufen. Eigentlich soll er halb Mexiko damit versorgen. "Mindestens 75 Freunde haben mich bedrängt", klagt er. Als Journalist wirst du eh nicht reich. Das wäre doch ein neuer Geschäftszweig: Mexikanischer Generalimporteur für Rolex-Fälschungen. Macht sich auch gut auf Visitenkarten, auf die die Chinesen unglaublich abfahren. Wer im Reich der Mitte keine Business Card hat, bleibt am Rand der Gesellschaft. Es können gar nicht genug Titel und Funktionen auf dem Stückchen Pappe aufgeführt sein. Es soll mal einen Politiker gegeben haben, der so viele Ämter auf seiner Karte verewigt hatte, dass für seinen Namen schließlich kein Platz mehr war. Man muss eben Prioritäten setzen.

In Wagen drei einigt man sich schließlich darauf, dass Kollege Ocampo Espinoza in Gottes Namen weltweit gefälschte Uhren vertickt, wenn er sich dafür zugunsten des chronisch unterbezahlten auto motor und sport-Reporters aus dem Waffenhandel raushält. Markus Stier, Generalimporteur für Wasser betriebene Schusswaffen aller Art, das wäre doch schon was. Man müsste außerdem mal beim ehemaligen Verteidigungsminister anfragen, wie aufwendig so ein Doktortitel zu besorgen ist, und dann wäre vielleicht ein Posten als Honorarkonsul noch ganz gut. Da wird es doch noch irgendeine unterrepräsentierte Inselgruppe im Pazifik geben.

Dumm für Hector ist nur, dass er von China aus direkt nach New York fliegt. Es dürfte ein echter Spaß werden, den Zollbehörden in den USA zu erklären, dass man ganz sicher nicht vorhat, die mit Quarz arbeitenden Imitate in Queens an einen Haufen Möchtegern-Gangsterrapper zu verscherbeln. Schließlich sind amerikanische Grenzbeamte ja weltweit für ihren Humor berühmt. Manchmal schicken sie bei der Einreise einen Fluggast umgehend wieder an den Ausgangsort zurück - nur so aus Jux.

Wieder in Hongkong

Aber wir wollen den Dingen nicht zu weit vorgreifen. Wir hocken mal wieder in einem Konvoi von Kleinbussen an der Grenze zu Hongkong. Im Übernahmevertrag hat China der ehemaligen britischen Kronkolonie zugesagt, dass sie bis um das Jahr 2040 herum weitgehend autonom bleiben darf. Die Hongkonger hat das ungemein erleichtert. "Wir werden also noch über drei Jahrzehnte Kapitalismus haben", sagte Reiseleiterin Stella mit kindlicher Begeisterung. Und da das chinesische Festland seit zwei Jahrzehnten heftig der gleichen Wirtschaftsform frönt, dürften die Volksrepublik und ihre Sonderverwaltungszone bis dahin kaum noch zu unterscheiden sein. Stella ist optimistisch: "Wir werden einfach zusammenwachsen."

Gesundes Wachstum ist in China und in Hongkong von ungesunden Wucherungen schwer zu unterscheiden. Das betrifft auch den Verkehr. Als Matthew Nathan 1904 sein Amt als 13. von insgesamt 28 Gouverneuren in Hongkong antrat, kam er schnell zu dem Schluss, dass das Straßennetz nicht annähernd dem repräsentativen Standard des Empires gerecht wurde. Schließlich klagten nicht wenige Bewohner, dass Hongkong zwar Boulevards besäße, die sich hinter dem Champs d-Élysées nicht verstecken müssten, nur leider wären sie die Hälfte des Jahres in der subtropischen Gegend nahezu unpassierbar.

Nathan ließ die bisherige Robinson Road großzügig ausbauen und befestigen und benannte sie in aller Bescheidenheit Nathan-Road. Heute heißt sie immer noch so und ist mit ihren blinkenden Schaufenstern und wildem Gewusel der Konsumwütigen eine der pulsierenden Schlagadern einer Stadt, die mit über 6.000 Menschen pro Quadratkilometer plus jährlich 35 Millionen Besuchern die dichtestbesiedelte der Welt ist.

Nathan der Weise

Eine halbe Million Autos rollt durch die Häuserschluchten der nur 1.100 Quadratkilometer kleinen Enklave, dabei sind die 260 Inseln schon mitgezählt. Als die Nathan-Road 1907 fertig gestellt war, hätte sich der gesamte Automobilbestand der Kolonie Stoßstange an Stoßstange gereiht aufstellen können, und von der einen Straßenseite kaum zur anderen gereicht.

Man muss Nathan lassen, dass er ein Mann mit Weitblick war, und so legte er auch großen Wert auf den Ausbau des Eisenbahnnetzes. Auf der Halbinsel Kowloon ackern auch heute wieder die Bagger auf einem großen Areal, um einen unterirdischen Bahnhof für einen neuen Hochgeschwindigkeitszug anzulegen. Ab 2016 soll er die Fahrtzeit von Hongkong ins 2.000 Kilometer entfernte Peking von etwa 26 auf zwölf Stunden drücken. Auch hier hat man vom Projekt Stuttgart 21 gehört - und herzlich gelacht.

Das ist einer der Widersprüche, die wir in unseren deutschen Gehirnen so schwer aufgeknotet bekommen. Zum einen sind auch wir auf unserer Reise von der Bauwut, dem unkontrollierten Wildwuchs, der Umweltumgestaltung, die nicht selten Zerstörung ist, erschrocken, aber auf der anderen Seite bewundern und beneiden wir die Chinesen für ihren Tatendrang und ihre Zielstrebigkeit. 

Reichtum von China

Leider beschränkt sich die Berichterstattung über das Reich der Mitte in unseren Breiten weitgehend auf die wirtschaftliche Bedrohung. Wer aber so tief wie wir in diesen drei Wochen in China eingetaucht ist, hat keine bedrohlichen Ungeheuer getroffen, sondern meist fröhliche, neugierige und aufgeschlossene Menschen. Selbst diejenigen, die all ihr Geld auf den Märkten Pekings, Shanghais oder Hongkongs verprasst haben, verlassen China als reiche Menschen.

Wir haben unglaubliche Naturwunder gesehen, wir haben die tollsten Dinge gegessen. Und so steigen wir, von Abenteuern und Anekdoten überschwappend in den Flieger. Wir verlassen China mit Freude, weil wir endlich wieder nach Hause kommen, wo wir die Dinge kennen und die Straßenschilder lesen können. Aber wir verlassen China auch mit Trauer, mit der Gewissheit, dass es uns schon kurz nach dem Abheben fehlen wird. Konfuzius sagt: Wenn du ein lachendes und ein weinendes Auge hast, konzentriere deinen Blick auf das erste. Nun ja, kann auch sein, dass es Buddha war.

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