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Ansichtssache SUV
Verzichtbare Teilzeit-Offroader?

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Sie sind groß, schwer und verbrauchen viel Sprit - so lauten die gängigen Vorurteile über Sport Utility Vehicles. Peter Wolkenstein würde diese Art von Autos nicht vermissen, während Stefan Cerchez Sympathien für die Teilzeit-Offroader hegt.

SUV, Stefan Cerchez, Peter Wolkenstein
Foto: Beate Jeske

Stefan Cerchez pro SUV

Nein, es gehört in diesen Tagen sicher nicht zum guten Ton, sich für SUV stark zu machen. Sie gelten als zu groß, zu schwer und zu durstig. Nur greifen diese Einschätzungen schlicht zu kurz. Leider haben im letzten Jahrzehnt zahlreiche ebenso überdimensionierte wie durstige Modelle das Image der Gelegenheits-Geländegänger so nachhaltig beschädigt, dass es heute selbst im Kollegenkreis schwierig ist, eine sachliche Diskussion zu diesem Thema zu führen. Dabei würde ich jedem sofort zustimmen, der die Daseinsberechtigung gewisser Offroad-Schwergewichte in Frage stellt. Allerdings ignorieren die meisten SUV-Hasser, dass es auch in diesem Segment mittlerweile viele Autos gibt, die gemessen an ihrer Verkehrsfläche, Motor- und Transportleistung durchaus als effizient gelten können.

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Vor allem die jüngste Entwicklung hin zu Kompakt-SUV raubt ihren Gegnern zunehmend die Munition. Zu groß? Ein VW Tiguan misst gerade mal 4,43 Meter. Zu schwer? Der Mazda CX-5 bringt als Allradler exakt 1.605 Kilogramm auf die Waage, nur 30 mehr als der frontgetriebene Mazda 6 Kombi. Zu durstig? Selbst die M-Klasse von Mercedes mit einer Länge von 4,80 Metern und einem Gewicht von über zwei Tonnen beweist uns seit dem vergangenen Jahr, dass auch ein ausgewachsener Offroader mit Allradantrieb im Normzyklus mit sechs Liter Diesel zufrieden sein kann.

Ergonomische Gründe sprechen für SUV

Genug der Verteidigung - es gibt auch ergonomische Gründe, die für die hoch bauenden Kombialternativen sprechen. Zum Beispiel der aufrechte Gang. Herkömmliche Limousinen, Kleinwagen oder Coupés nötigen Fahrerin oder Fahrer bereits beim Einstieg oder beim Beladen des Kofferraums eine demütige Haltung ab, da Sitz- und Ladehöhe üblicherweise deutlich unterhalb des Hüftpunktes normalwüchsiger Mitteleuropäer liegen. In Verbindung mit typischen Autohöhen um 1,50 Meter bedeutet das: bücken mit dem Wasserkasten, bücken mit dem Kindersitz, bücken beim Einsteigen - ein Fest für Physiotherapeuten!

SUV-Besitzer freuen sich dagegen über die in angenehmer Höhe liegende Ladekante, mehr Kopffreiheit zum Hineinheben und Anschnallen der lieben Kleinen und schließlich eine Sitzhöhe, die unabhängig von Alter, Krankengeschichte und Kleidungsstil ein würdiges Ein- und Aussteigen ermöglicht. Einmal drinnen angekommen, genieße auch ich immer wieder diese Sitzposition: ein wenig erhöht, mit guter Übersicht wie in VW Golf Plus oder in der alten Mercedes B-Klasse, aber nicht ganz so nutzfahrzeugig wie in VW Bulli & Co. Dazu kommt, dass mir viele SUV einen höheren Laderaum bieten als der vergleichbare Kombi. Wen stört es da, wenn das Normvolumen teilweise etwas kleiner ausfällt? Zudem gibt es - je nach Modell - auch noch flexible Sitzanlagen, die bis hin zum Komplettausbau einzelner Segmente weitaus mehr bieten als das schlichte Bänklein-klapp-dich der meisten Limousinen. Mein persönliches Urteil ist daher klar: Der bessere Kombi ist oft ein SUV.

Peter Wolkenstein contra SUV

Vor 20 Jahren war ein Geländewagen noch ein Auto fürs Gelände. Wer nur auf der Straße unterwegs war, kam ohnehin nicht auf die Idee, sich einen Offroader anzuschaffen, denn auf Asphalt ließen Fahreigenschaften und Komfort sehr zu wünschen übrig - vom Verbrauch ganz zu schweigen. Heute ist das anders. Heute wollen nicht wenige einen Geländewagen - oder Sport Utility Vehicle (SUV), wie sie mittlerweile genannt werden - haben, obwohl sie ausschließlich auf asphaltierten Straßen fahren.

SUV sind gefragt wie noch nie, und jedes Jahr werden es mehr. Warum eigentlich? Welche handfesten Gründe sprechen für sie? Caravaner schätzen ihre hohe Anhängelast, Skifahrer die gute Traktion, sofern Allradantrieb an Bord ist, und - nicht nur ältere Semester - die erhabene Sitzposition samt bequemerem Zustieg. Okay, akzeptiert, aber muss man dazu tatsächlich Autos entwickeln, deren massig-aggressives Auftreten nicht selten einer blechgewordenen Provokation gleicht?

Die Kunden wollen es so, hört man von den Herstellern gerne als Begründung. Für sie ist aus der anfänglichen Modeerscheinung längst ein umsatzstarkes Segment entstanden. Solange SUV als geräumigeres und familientauglicheres Surrogat zum Sportwagen wahrgenommen werden, wird sich daran wenig ändern.

Der beste SUV für die Straße ist ein Kombi

Nach anfänglichem Zögern - offenbar gab es Zweifel, ob dieses Rezept auch bei Autos tatsächlich funktioniert - beschäftigen längst nahezu alle Hersteller Heerscharen von Ingenieuren, um Ackergäule in Rennpferde zu verwandeln, denn Dynamik darf bei so einem Produkt natürlich nicht fehlen. Trotz unbestreitbarer Fortschritte bilden die meisten SUV für Otto Normalverbraucher einen Kompromiss, der ihm aus meiner Sicht deutlich mehr Nach- als Vorteile beschert.

Der klobigen Optik kann ich nichts abgewinnen, die sperrigen Abmessungen machen Städte, Tiefgaragen und Parkplätze noch enger, als sie schon sind. Im Vergleich dazu fällt der Gepäckraum mit hoher Ladekante oft kümmerlich aus. Ihre schwerfällige Erscheinung kommt nicht von ungefähr, die zusätzlichen Pfunde werden mit entsprechend kräftigen Motoren egalisiert. Für einen möglichst effizienten Umgang mit Kraftstoff ist das ebenso wenig förderlich wie die große Stirnfläche, die vor allem dann Luftwiderstand und Spritverbrauch kräftig erhöht, wenn man flotter als im Normzyklus unterwegs ist. Da sollte man sich von den niedrigen Angaben moderner SUV nicht täuschen lassen.

Und wer Spaß am Fahren über kurvige Landstraßen hat, wird schnell feststellen, dass sich die Dynamik bei den meisten SUV vorwiegend aufs Geradeausfahren beschränkt - von wenigen Ausnahmen abgesehen. Natürlich müssen diese Nachteile nicht sein, denn der beste SUV für die Straße ist ein klassischer Kombi, auf Wunsch mit Offroad-Optik und Allradantrieb - wenn es denn sein muss.

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Auto Straßenverkehr 13 / 2021

Erscheinungsdatum 26.05.2021

76 Seiten