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125 Jahre Automobil
Autoproduktion damals und heute

Roboter statt Menschen: In wenig mehr als einem halben Jahrhundert hat sich der Autobau nicht nur bei VW in Wolfsburg drastisch verändert. Zwischen der Produktion von Käfer und Golf VI liegen Welten.

VW-Produktion, Autoproduktion
Foto: VW

Viele, die zum ersten Mal die riesigen VW-Werkshallen in Wolfsburg betreten, staunen erst einmal über das Ambiente. Es bricht mit alten Klischees. Viel Licht, wenig Schmutz und Lärm sind heute selbstverständlich. So wie der Käfer und sein Nachfolger Golf über Jahrzehnte und Generationen immer leiser, sicherer und ökonomischer wurden, gilt das auch für ihren Entstehungsprozess.

1953 lebten viele VW-Arbeiter noch in Baracken

Genügsam war man anno 1953, als unsere historischen Fotos entstanden. Hauptsache, man hatte nach dem Krieg endlich wieder einen Arbeitsplatz. Über die Bedingungen machte man sich da keine allzu großen Gedanken, wie der Leiter der historischen Kommunikation Manfred Grieger erklärt. "Die Leute damals waren nicht verwöhnt. In den ersten Jahren lebten die meisten noch in Baracken."

Unsere Highlights

Motorrad statt VW Käfer

Industrie- war eben auch Knochenarbeit. Doch trotz allem waren die Menschen, die im VW-Werk malochten, privilegiert. Denn in der Anfangszeit des Wirtschaftswunders gehörten sie zu den bestbezahlten Industriearbeitern. Und es ging ständig aufwärts. 17.381 Menschen arbeiteten Anfang 1953 im Werk, 20.596 am Jahresende. 700 bis 1.000 Autos produzierten sie am Tag, Absatzprobleme waren unbekannt. Zum Vergleich: Heute bauen 47.000 Männer und Frauen rund 3.400 Autos täglich.

1953 war die Vorstellung, einmal einen jener Käfer zu besitzen, an denen man Tag für Tag Hand anlegte, vorerst ein kühner Traum. Mobil war man allenfalls mit einem Motorrad. Doch VW sorgte gut für seine Arbeiter: Mit einer "betrieblichen Daseinsfürsorge" auf den Gebieten Kranken- und Heilversorgung sowie einer Werksrente und einer eigenen Wohnungsgesellschaft kümmerte sich das Unternehmen um die Belegschaft.

Im Tanzsaal an der grünen Presse

Im November 1953 wurden die Verhandlungen für den ab 1955 geltenden neuen Manteltarifvertrag abgeschlossen, der eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorsah. Sogar eine Jahreserfolgsprämie in Höhe von vier Prozent des Lohnes gab es. Die Botschaft: Wer tüchtig ranklotzt, wird dafür belohnt.
 
Doch nicht nur im Umgang mit den Mitarbeitern war man damals ein Trendsetter, sondern auch bei der Produktionstechnik. Nirgendwo im Werk ist der Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte so erlebbar wie im Presswerk. Hier, wo bis zu zehn Meter hohe Maschinen aus Blechen Karosserieteile formen, ging es einst laut zu. Der Rhythmus der Pressen gab den Takt vor. "Tanzsaal" hieß der Bereich im Jargon der Werker, die mit schwungvollen Bewegungen die schweren Blechteile in die Maschinen wuchteten. Dass das Krach machte, verstand sich von selbst. Doch die Arbeit an der grünlackierten Presse war gut bezahlt.

Maschinen ersetzen den Menschen

Heute spürt man am Beben des Hallenbodens noch immer, wie die Maschinen zwölf bis 13 Mal in der Minute Blech zurechtformen. Doch zu hören ist es kaum noch. Die neueste Presse gilt als eine der modernsten der Welt und ist vollständig verkleidet. Weitgehend automatisch formt sie heute bei einem Hub gleich vier Türen auf einmal. Über zwei Laufbänder werden die Karosserieteile ausgespuckt. Sollen es andere Teile sein, kann das Werkzeug ausgewechselt werden. Das dauert heute nur noch rund acht Minuten statt früher über eine Stunde.

Der technische Fortschritt ersetzte mit den Jahren viele Menschen durch Maschinen. 1955 war der Höhepunkt einer Fließband-Fertigung nach Ford-Vorbild erreicht. Der nächste große Wandel folgte mit der Einführung des VW Golf 1974. Ein Meilenstein der Entwicklung war zu Beginn der achtziger Jahre die Produktion in der Halle 54.

Die Geisterhalle von VW

In der "Geisterhalle" übernahmen Industrieroboter die Endmontage. Gruppenarbeit mit wechselnden Stationen löste die bis dahin übliche monotone Bandarbeit ab.
Eine Veränderung, die vielen Angst machte. Schließlich mussten sie nun mehrere Handgriffe beherrschen.
 
Mark Edge, heute Werksführer und von 1980 bis 1994 in der Produktion, kennt aber auch die Vorteile der Neuerungen aus eigener Erfahrung: "Zwei Jahre lang musste ich mal jeden Tag mit dem Pressluftschrauber neben meinem rechten Ohr arbeiten." Dass dies nicht gerade gesundheitsfördernd ist,  liegt auf der Hand. Heute wird Ergonomie an den Arbeitsplätzen groß geschrieben. Niemand krabbelt mehr durch die Rohkarosse, um das Interieur zu montieren. Vielmehr wird die Blechhülle passend gedreht, oder der Monteur sitzt bequem auf einem per beweglichen Arm geführten, bequemen Montagesitz, mit dem er an jede gewünschte Position im Auto gelangt.

Höhere Qualität dank Roboter

Dass der Karosseriebau nahezu ausschließlich von Robotern erledigt wird, trägt zur Qualitätssteigerung bei. Schweißpunkte setzt die Maschine immer millimetergenau. Weitgehend ohne Handarbeit läuft heute die so genannte "Hochzeit" des Autos ab: Oben kommt die Karosserie, von unten wird das Chassis hineingeschoben. Nur noch wenige Schrauben müssen per Hand eingedreht werden, den Hauptteil der Arbeit erledigen auch hier Roboter. Der Kommandostand erinnert mehr an ein Raumschiff, was ihm den Spitznamen "Enterprise" einbrachte. Der Mensch überwacht hier vor allem die Arbeit des Roboter-Kollegen.
 
Anstrengend bleibt die Arbeit in der Autoproduktion heute trotz aller technischen Hilfsmittel noch immer. Ging sie einst vor allem auf die Knochen, so zehrt sie heute eher an den Nerven, bilanziert Grieger. Das Überwachen der Prozesse und der häufige Wechsel der Aufgabe verlange eben ständige Konzentration. Zumindest etwas hat sich jedoch nicht verändert: Am Ende steht ein fertiger VW.  

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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