Es hätte etwas von einem schlechten Witz, wenn der Bäcker in der Filiale auf den angegebenen Preis der Frühstücksbrötchen beim Kassieren noch die Kosten für deren Transport und Bereitstellung draufschlagen würde. Sie lachen jetzt sicherlich, doch das ist kein Scherz, das gibt es wirklich – nicht im Backgewerbe, aber im Neuwagenhandel.

Kaum eine Branche stellt heute noch die Überführungskosten in Rechnung, die Vertragspartner der Fahrzeughersteller dagegen wollen sich von dieser antiquierten Praxis nicht verabschieden. Kunden müssen im Neuwagenhandel für die Überführung und Bereitstellung ihrer Autos zahlen, und wie eine aktuelle Auswertung der Marktbeobachter von meinauto.de für AUTOStraßenverkehr belegt, langt die Branche dabei kräftig zu. „Überführungskosten sind ein variabler Bestandteil des Neuwagenpreises. Für den eigenen Preisvergleich sollten Interessenten immer nach dem finalen Kaufpreis fragen“, empfiehlt Alexander Bugge, Geschäftsführer des Vergleichsportals.
3.000 Euro Überführungskosten
Und das zu Recht: Denn mehr als 3.000 Euro können noch auf den Listenpreis draufgeschlagen werden. Auch wenn solch hohe Kosten in der Regel nur bei exotischen Luxusautos zum Tragen kommen, sind selbst für Volumenmodelle wie den VW Polo im Extremfall bis zu 850 Euro fällig – was bei dem Kleinwagen immerhin bis zu sieben Prozent des Fahrzeugpreises ausmachen kann.
Die Preisgestaltung ist dabei sehr oft dem jeweiligen Händler überlassen, und es entsteht der Eindruck, dass die Verkäufer einen Teil ihrer im Preispoker eingebüßten Provision über die Überführungskosten wieder hereinholen wollen. Denn mit den verschiedenen Entfernungen vom Werk zum Händler lassen sich diese Aufschläge nicht erklären. Zum Beispiel kann ein in Spanien gebauter Seat Leon im Transport günstiger sein als sein Konzernbruder VW Golf aus heimischer Produktion.

Auch wer glaubt, die Transportpauschale durch Selbstabholung im Werk einsparen zu können, irrt. Viele Hersteller bieten diesen Service zwar an, lassen sich das aber auch entsprechend bezahlen: Bis zu 1.000 Euro kostet ein Paket aus Werksführung, Einweisung und Markenerlebnis. Bei VW werden 360 Euro für die Abholung in der Autostadt in Rechnung gestellt, Audi verlangt 500 Euro, Seat 650 Euro und BMW 845 Euro. Rühmliche Ausnahme ist Mercedes: Dort ist die Abholung in den Werken Bremen, Sindelfingen und Rastatt bei vielen Modellen im Programm kostenlos.
Oft intransparentes Verhalten
Weiterer Nachteil für Kunden: Die Kosten für die Überführung sind oft erst nach sämtlichen Rabatten und Vergünstigungen in der Rechnung zu sehen – so versucht der Handel, sie möglichst aus der Verhandlungsmasse herauszuhalten. Das sollten Kunden nicht zulassen, denn auch die Transportpauschale ist ein verhandelbarer Posten.

Ob das Gebaren des Handels rechtlich überhaupt zulässig ist, darüber streiten derzeit die Gelehrten. Laut ADAC widersprechen derartige Nebenkosten für den Transport zum Händler der Rechtslage. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und die Preisangabenverordnung schrieben vor, so der Club, dass alle anfallenden Kosten in den Verkaufspreis eingerechnet sein müssten. Zu einem ähnlichen Schluss kam im Sommer 2016 auch der Europäische Gerichtshof (EuGH): „Verlangt der Händler, der das Erzeugnis verkauft, dass der Verbraucher die Kosten der Überführung dieses Erzeugnisses vom Hersteller an diesen Händler trägt, und sind diese – im Übrigen feststehenden – Kosten infolgedessen obligatorisch vom Verbraucher zu tragen, stellen sie einen Bestandteil des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6 dar.“ Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe das letzte Wort.
Häufig werden die hohen Überführungskosten mit weiteren Leistungen erklärt. Ob das jedoch die Summe von mehreren Hundert Euro rechtfertigt, sei dahingestellt. Was die Kosten im Autohaus alles einschließen, ist nicht einheitlich geregelt. Für den einen Händler gehören eine Übergabe-Inspektion, ein voller Tank, Blumen und ein Satz Fußmatten dazu – für manch andere jedoch nur ein feuchter Händedruck.