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Volvo 760 GLE im Fahrbericht
Kurt, der Entweder-Broder-Volvo

Inhalt von

Ein Volvo 760 GLE ist der heimliche Star der Satire-Reihe „Entweder Broder – die Deutschland-Safari“. Der kantige Typ heißt Kurt und ist mit seiner grellen Graffiti-Lackierung kaum zu übersehen. Youngtimer fuhr ihn exklusiv zur Probe.

Volvo 760 GLE, Broder, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Die Vorfreude ist riesig. Kurt Live! Endlich! Ich kenne den schrillen Volvo bereits aus dem Fernsehen. Ob er auch in Wirklichkeit so genial verrückt daherkommt? Immer montags am späten Abend liefen die 30-Minuten-Folgen von „Entweder Broder – die Deutschland-Safari“, zunächst bei der ARD , dann auf 3sat. Ende 2011 kam bereits die zweite Staffel, wieder mit fünf Folgen.

Unterwegs im Namen der Aufklärung

Schon zu Beginn von jeder Sendung hat Kurt einen großen Auftritt: Die Kamera zeigt die grandiosen Airbrush-Figuren und -Symbole auf seiner Karosserie, die Freiheitsstatue, Jesus Christus (leicht bekifft), Osama Bin Ladens Kopf, gehalten von einem Gartenzwerg, betende Hände, Heino, ein Dirndl-Dekolleté, Judenstern, ein Glas Latte Macchiato und mehr. Geliebte und gehasste Dinge aus der westlichen und östlichen Wertewelt.

Unsere Highlights

Auf der Motorhaube glänzen die Portraits der Volvo- Piloten – der polnische Jude Henryk M. Broder (66) und der ägyptische Moslem Hamed Abdel-Samad (40). Broder und Abdel-Samad, beides renommierte Journalisten und Buchautoren in Sachen Gesellschaftspolitik, reisen mit Kurt durch Deutschland. Sie checken die Lage der Nation und treffen dabei fast immer auf extreme Ansichten: NPD-Funktionäre in Berlin/Neukölln, Öko-Fundalos in Freiburgs Quartier Vauban, einen absurden Kongress für Nachhaltigkeit (von was eigentlich?) oder die Ex-Dschungel-Bewohnerin Indira Weis, die das World-Trade-Center-Attentat den Amerikanern in die Schuhe schiebt und deshalb sagt: „Wir alle werden komplett veräppelt. Das Leben ist ein Spiel, wir sind die Kandidaten.“

Unterwegs mimt Broder, der als Autor inzwischen vom „Spiegel“ zur „Welt“ wechselte, oft den provozierenden Hardliner. Es kommen dann Sprüche wie: „Was bedeutet Integration? Du benimmst dich wie eine Drecksau und keiner nimmt es dir übel – dann bist du integriert.“ Abdel-Samad gibt dagegen den Sanftmütigen und interpretiert „Heuschnupfen und Über-Einwanderer-Schimpfen“ als Belege für eine gelungene Integration.

Im Volvo arbeiten sie wortreich ihre Erlebnisse auf. Dessen Innenraum ist wie ein libanesisches Taxi mit Kordeln und irren Nippesfiguren dekoriert – vom Christuskind bis zur China-Winkekatze. Und jetzt ist es gleich soweit: Ich darf Kurt live erleben, vielleicht sogar eine Runde durch München drehen. Dort hat die Preview Productions ihren Sitz, die „Entweder Broder“ produzierte, und dort parkt auch der rollende, west-östliche Diwan.

Broder-Volvo: Meisterwerk der späten, weltanschaulichen Renaissance

Fotograf Rossen und ich biegen ab in die Herzog-Rudolf-Straße im Zentrum Münchens nahe der Oper. In einem Innenhof entdecken wir unter den vielen parkenden Autos einen Citroën CX und drei Volvo-Siebener-Kombis – und, ja wirklich, dort steht auch Kurt. Ich umkreise sofort neugierig das blaue Wunderauto und staune darüber, wie sauber die Airbrush-Motive aufgebracht sind: Mal glänzen sie auf dem hellblauen Grundlack, mal scheinen sie daraus herauszuplatzen, zum Teil mit Schatten und verblüffenden Drei-D-Effekten.

Herrlich kitschig auch die rotierenden Scheiben der chromglänzenden Plastikradkappen. Der Volvo 760 GLE ist ein Meisterwerk der späten, weltanschaulichen Renaissance. Wir betreten die Räume von Preview Productions durch eine Art von Werkstattlager. In einem Regal stapeln sich Räder, Öldosen und ein paar Ersatzteile für Kurt und die anderen Volvo-Dienstwagen. Am Ende eines langen Flurs mit bequemem Wartesofa treffen wir Joachim Schröder in seinem Büro. Und da ist auch Wilma, die freundliche Terrier-Dame, die meistens stumm und duldsam wie Grommit die beiden orientalischen Extremisten auf ihrer Deutschland-Safari begleitet.

Volvo 760 GLE – der Kosmopolit aus Kalmar

Schröder ist Produzent der Preview Productions und bekennender Volvo-Fan (siehe www.wunschvolvo.de). Die Idee für die Satiresendung stammte von ihm. Broder, den Schröder schon vorher persönlich kannte, stimmte sofort zu. Und das Safari-Auto stand im Prinzip auch schon fest. Schröder über den Volvo 760 GLE, den „Kosmopolit aus Kalmar“: „Das Auto wirkt wie von Kinderhand gezeichnet. Nüchternes skandinavisches Design mit amerikanischer Anmutung. Dazu ein gemeinschaftlich mit den Franzosen entwickelter V6. Das Automatikgetriebe ist eine japanische Lizenzfertigung, basierend auf einer britischen Konstruktion.“

Zudem sei der heckgetriebene Volvo 760 ein zivilisiertes und ausdauerndes Langstreckenfahrzeug und wurde „in den Achtzigern von privilegierten und glücklichen Arbeitern in kleinen Montage-Teams in Handarbeit gefertigt“. Da sei jede Schraube noch doppelt angezogen worden.

Die Motive von Kurts Bemalung dachte das Produktions-Team gemeinsam mit Broder und Abdel-Samad aus. In Farbe umgesetzt haben sie die Spezialisten von Xi-Design aus Berlin, deren Automobil- Kreationen auch bei Stefan Raabs Stockcar-Challenge leider nur kurz unterwegs waren - bevor sie im Schalke-Stadion zu Klump gefahren wurden. Den Namen „Kurt“ verdankt der Volvo schließlich dem Portrait von Kurt Westergaard, das die komplette Dachpartie einnimmt. Der Däne Westergaard zeichnete jene berüchtigte Mohammed-Karikatur, die zu Massenprotesten und zu einem Attentatsversuch gegen den Urheber führte.

Männer-Stöhnen beim Türöffnen

Insofern ist Kurt sogar eine richtig heiße Kiste. Nicht nur wegen den baumelnden Plüschbusen am Rückspiegel und dem kackenden Bischof auf dem Instrumentenbrett. Beim Türentriegeln mit der Fernbedienung lässt Kurt ein wollüstiges Männerstöhnen vernehmen: „Oooahh“. Wir steigen ein. Zunächst fährt der Produzent und erzählt, von wo die ganzen Nippes-Figuren im Innenraum herkommen: „Einige davon stammen von Kollegen der beteiligten Sender HR, BR und SR.“ Daran erkennt man, dass die Sendung „Entweder-Broder“ auch unter den TV-Machern viele Fans hat.

Wir setzen nach einer Orientierungsrunde Kurts Ziehvater wieder in seiner Produktionsfirma ab und cruisen gemächlich durch die Isar-Metropole. Kein anderer Verkehrsteilnehmer regt sich darüber auf, hupt oder gestikuliert. Man nimmt mir den libanesischen Taxi-Fahrer oder durchgeknallten Volvo-Fan mit Migrations-Hintergrund tatsächlich ab und hält Abstand: Wer weiß, was der gleich vorhat. Ich bin gerührt und geehrt. Noch mehr sogar, als während der Foto-Aufnahmen vor dem Bayerischen Nationalmuseum zwei junge deutsche Studenten von ihren Rädern springen und mich begrüssen mit „Isser das wirklich?“ Worauf ich voller Stolz antworte: „Ja, das ist Kurt. Ihr könnt ihn euch ruhig mal näher anschauen.“

Entweder Broder: Die Erfolgsstory

Produzent Joachim Schröder und die 14-köpfige Produktionsfirma Preview Productions mit Hauptsitz in München sowie Zweigstellen in New York und Berlin sind mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm-Spezialisten. Unter anderem für „Die Ludolfs“ (DMAX) und für „Entweder Broder – Die Deutschland-Safari“, das den PUK-Journalistenpreis des Deutschen Kulturrats erhielt.

Preview Productions schuf bisher über 20.000 Sendeminuten für nahezu alle öffentlich-rechtlichen und privaten Sender in Deutschland, darunter auch benzinhaltige Themen wie die „Tuning Profis“ für den Sender Vox. Aufgrund der großen Publikums-Resonanz wiederholte 3sat alle zehn Folgen (Stafel eins und zwei) von „Entweder Broder“. Auf www.youtube.de sind ständig viele Folgen und Highlights der hintergründig-schrägen Deutschland-Safari abrufbar. Inzwischen ist die erste Staffel mit fünf Folgen auf DVD (15,99 Euro) erschienen, ein Muss nicht nur für Volvo-Fans. Außerdem liegt ein etwas konträr bewertetes Buch (14,99 Euro) im Knaus-Verlag vor. Näheres Unter www.entweder-broder.de

Technische Daten
Volvo 760 GLE Kat
Außenmaße4785 x 1760 x 1435 mm
Kofferraumvolumen500 l
Hubraum / Motor2849 cm³ / 6-Zylinder
Leistung105 kW / 143 PS bei 5100 U/min
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten