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Volvo 740 Kombi im Fahrbericht
Schweden-Kombi für eine bessere Welt

Inhalt von

Klischees treffen meistens zu, das ist das Schöne an ihnen. Ein Volvo 740 Kombi beispielsweise steht für intellektuellen Individualismus jenseits eitler Moden. Ein Auto wie ein Werkzeug – zweckmäßig, langlebig und sicher.

Volvo 740 Kombi, Kofferraum, Heckklappe
Foto: Karl-Heinz Augustin

Ein Volvo hat eine Seele. Bei aller Vernunft, Nachhaltigkeit und Political Correctness ist so ein älterer Volvo 740 mit ergrauten Kunststoff-Stoßstangen in leicht mattem Lack ein treuer Kumpel, der einem mit den Jahren ans Herz wächst. Man sieht ihn nicht an jeder Ecke wie die Kombis mit dem Stern. Er ist kinderfreundlich, verzeiht Kekskrümel in den Falten seiner strapazierfähigen Sitzbezüge und kann schon mal was wegstecken, wenn es zur Pflanzzeit in den Gartenmarkt und zum Urlaub an die Ostsee geht. Vorn grummelt der knorrige Vierzylinder heimelig, manchmal ist er dankbar für ein Schlückchen Motorenöl. Ihm sind 400.000 Kilometer lieber als 4.000 Umdrehungen.

Unsere Highlights

Nachhaltigkeit ist das Thema des Volvo 740

Oft hat der Volvo 740 ein schlechtes Gewissen, wenn er mal wieder ein bisschen zu viel Benzin braucht, im Stadtverkehr auf dem Weg zur Waldorfschule. Schließlich ist die damals fast zwanzig Jahre alte Motorkonstruktion trotz obenliegender Nockenwelle und Querstrom-Zylinderkopf längst nicht so effizient wie moderne Vierventiler. Aber er macht seine maßlose Völlerei von elf, zwölf Litern wieder wett, wenn er locker die 200.000-Kilometer-Marke knackt, mit nur zwei Zahnriemenwechseln und sonst nichts.

Nachhaltigkeit ist das Thema des Volvo 740 Kombi. Er lebt es mustergültig vor, seine fast vollverzinkte Karosserie braucht nur sechs Wäschen im Jahr, um adrett auszusehen.
Er, der gänzlich Uneitle, verabscheut extrabreite Alu-Räder und zieht einen Dachgepäckträger mit Thule-Box jederzeit einer Soundanlage mit Subwoofer vor. Man muss ihn manchmal vor sich selbst schützen, sonst verlangt er gar nach einer Gasanlage, nur damit seine Emissionen noch sauberer werden.

Reparaturen sind beim Volvo 740 selten nötig

Der Volvo 740 liebt Fahrräder, teilt sich mit ihnen die Besorgungsfahrten, um seine CO2-Bilanz zu verbessern. Sorglos kann man selbst zwei Wanderer-Räder von Manufaktum hineinwerfen, die Heckklappe ist groß genug, dito der Laderaum, man muss dazu noch nicht einmal die Rückbank umklappen. Im Alltag leistet so ein Volvo-Kombi viel. Er fährt randvoll mit Bananenkisten zum Flohmarkt oder kommt schwer beladen auf der Hinterhand von der Apfelernte auf dem Bio-Bauernhof.

Michael Koenig aus Tübingen liebt seinen Siebener-Volvo und hält ihm seit Jahren die Treue, gefahren wird wenig, Reparaturen gibt es kaum. Mensch und Maschine haben sich in kongenialer Weise gefunden. Michael lebt bewusst, meidet alles Nutzlose und findet den Konsumterror der Überflussgesellschaft oft lästig. „Der Volvo 740 ist für mich ein Symbol für eine bessere Welt, die Ressourcen schont und Langlebigkeit zum Konstruktionsprinzip erhebt. Dabei muss man nicht zum Asket werden – der Wagen ist groß, komfortabel und hat genug Leistung für entspanntes Reisen.“

Die letzten echten Volvo

Der größte Rivale des Volvo 740 ist sein älterer Bruder, der 240 Kombi. Der ist in der Youngtimer-Szene längst Kult und verhinderte lange die Akzeptanz des unterkühlt-sachlichen Siebeners, der beinahe einem Verbrauchtwagen-Schicksal erlegen wäre. Doch das Rad hat sich gedreht.

700er- und 900er-Volvo, nur von Kennern im Detail zu unterscheiden, gelten als die letzten echten Volvo mit Hinterradantrieb und ohne aufdringliche Life-Style-Attitüde. Die Siebener-Reihe galt von Anfang an als eigenwillig – als die luxuriöse Limousine Volvo 760 GLE 1982 präsentiert wurde, polarisierte sie das Publikum. Doch die radikale Abkant-Linie von Volvo-Chefdesigner Jan Wilsgaard hielt bis zum letzten V90 von 1998, ohne aus der Zeit gefallen zu sein.

Volvo-Topmodelle 760 und 960 mit Porsche-Genen

Kreativ waren die Konstrukteure auch bei der Motorisierung der Volvo 700/900-Reihe. Es gab die rustikalen Sechszylinder-Diesel aus dem VW LT als Sauger und als Turbo. Es gab den geschmeidigen Europa-V6 mit 143 PS, den braven OHC-Zahnriemen-Vierzylinder, auch als Turbo und als 16-Ventiler, und in 760 und 960 den feinen von Porsche konstruierten Dreiliter-Reihensechszylinder mit 24 Ventilen und einer Leistung von 204 PS. Im Kombi überlebte stets die aufwendig geführte Starrachse. Sie verträgt hohe Nutzlast und sorgt für passablen Fahrkomfort.

Schließlich ist der Volvo 740 kein selbstverliebter Schöngeist, der sich in brillanten Konstruktionen ergeht, sondern ein feiner Kumpel für gute und für schlechte Zeiten. Da darf man auch mal mit Gummistiefeln hinters Lenkrad.
 

Volvo 740 Kombi in auto motor und sport Ausgabe 21/1985

„Das gefällige Karosserie-Design des großen Schwedenkombis sorgt im Nebeneffekt für eine bessere Aerodynamik gegenüber der Limousine. Gefallen können auch die Fahreigenschaften des konventionell angetriebenen Fünftürers, der auch bei hohen Autobahn-Tempi stoisch geradeaus läuft und in Kurven jederzeit gut beherrschbar bleibt. Der brave Vierzylinder mit obenliegender Nockenwelle beeindruckt dagegen mehr mit Durchzugskraft als mit Drehvermögen.“

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Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten