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Porsche 911 Carrera RS 3.0 und Carrera RS
Zwei Farben Roaaar

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Zwei Porsche 911 Carrera RS: Die beiden Buchstaben RS am Heck eines Porsche 911 Carrera verheißen Fahrspaß in seiner reinsten und rarsten Form. Der strenge Verzicht auf ein Mindestmaß an Komfort zu Gunsten exorbitanter Fahrleistungen stammt aus dem Rennsport, die Stückzahlen sind begrenzt. 

Porsche 911 Carrera RS 3.0 und Carrera RS
Foto: Hardy Mutschler

Vor 18 Jahren schien das Ende von Porsche als selbstständiger Automobilhersteller unabwendbar. Mit der Berufung von Wendelin Wiedeking zum neuen Vorstandschef blieben die Stuttgarter jedoch weiterhin und mit stetig wachsendem Erfolg unabhängig. Wiedeking erinnert sich: „Es wurde die Geschichte vom David, der es den Goliaths zeigt. Porsche entdeckte sein Davidprinzip.“


Zwei Slotcars in den Appenzeller Bergen

Streng genommen müsste es jedoch heißen: Porsche erinnerte sich wieder an seine große Tradition des Davidprinzips, denn es entstand im Rennsport. Hier trat der Sportwagenbauer lange Zeit als Underdog an, dem es an Zylindern, Hubraum und Pferdestärken fehlte. Trotzdem bezwang man – vor allem im seriennahen GT-Rennsport – die Goliaths in Serie. Gleich zwei Davids – der eine mehr für die Rennstrecke, der andere mehr für die Straße – treffen sich zu einer gemeinsamen Ausfahrt durch das Appenzeller Land. Der orangefarbene Porsche 911 Carrera RS 3.0 von 1974 und der knallblaue 911 Carrera RS von 1992 wirken auf den schmalen Sträßchen wie zwei gut gemachte Slotcar-Modelle für die heimische Carrera-Rennbahn.

Unsere Highlights

Man will seinen Augen nicht trauen. Denn so bunt, so frisch, so frech, so sexy-Siebziger-sinnlich treten moderne Porsche 911 Carrera RS fast gar nicht mehr oder nur bei Rennen auf. Dass es sich dabei nicht um ein Trugbild handelt, unterstreichen die imposanten Fahrgeräusche, welche den beiden vorauseilen. Einige der Kurven verstecken sich im satten Grün der Appenzeller Berge – dennoch wird dem am Straßenrand stehenden Beobachter beim Anblick der beiden Porsche 911 Carrera RS sofort klar: Hier braut sich was zusammen.

Man hört ein helles, heißeres Brabbeln und Hecheln, weiß, dass sich ein Sportwagen wie ein rollendes Gewitter nähert und tritt schon mal reflexartig einen Meter von der Straße zurück. Die Gaswechsel erfolgen in kürzesten Abständen, überlagern sich sogar: Es müssen zwei Autos sein. Und da sind sie schon, zwei flammende Leuchtraketen, nacheinander abgeschossen in das satte Weidegrün der Berge.Beide Porsche 911 Carrera RS umrunden wie zwei Go-Karts den engen Neunzig-Grad-Knick – keine Seitenneigung, kein Reifenquietschen, nur Roooaar- Wusch. Und als Nachhall das beflissene Rasseln und Heulen der nahezu ungedämpft arbeitenden, luftgekühlten Mechanik.

Erfolge im Motorsport

Wir verdanken diese multimediale Spielart des Alpenglühens den Porsche-Sportabteilungen in Stuttgart-Zuffenhausen und Weissach, den beiden Geheimlaboren und Entwicklungszentren des Davidprinzips. Der orangefarbene Porsche 911 Carrera RS 3.0 mit dem riesigen Heckspoiler und rechteckigen Lufteinlass für den Ölkühler stammt aus einer in 56 Exemplaren gebauten Kleinserie. Das neue GT-Modell für den Rennsport soll die Erfolge des Vorgängers Carrera 2.8 RSR von 1973 fortsetzen.

Bereits die in 49 Einheiten produzierte Rennversion des Carrera 2.7 RS entsprach dem Davidsprinzip: Die Kombination von geringem Gewicht, bester Traktion und standfester Technik mit einem maßvollen Benzinverbrauch schlug im Februar 1973 beim 24- Stundenrennen von Daytona die Hubraum- Goliaths aus Italien und den USA. Nach dem Ausfall der schnellen Sportprototypen von Gulf-Mirage und Matra wurde der Carrera RSR mit 2,8-Liter-Motor von Hurley Hawood und Peter Gregg Gesamtsieger – vor einem Ferrari 365 GTB/4 (zwölf Zylinder, 4,4 Liter Hubraum, 22 Runden zurück) und einer Chevrolet Corvette (acht Zylinder, sieben Liter Hubraum, 26 Runden zurück).

Die nachfolgende Baureihe Porsche 911 Carrera RS 3.0 zementiert das Erfolgsfundament seines Vorgängers für ewige Zeiten. Den Serien-Grundtyp bildet die im Herbst 1973 eingeführte siebte Ausbaustufe des 1963 vorgestellten Porsche 911, das so genannte G-Modell mit neuem 2,7-Liter-Motor und den charakteristischen Faltenbalg-Stoßstangen, die beim Sport- und Homologationsmodell RS 3.0 durch GfK-Teile ersetzt sind. Die Fronthaube und der Heckspoiler bestehen ebenfalls aus GfK. Um ein Leergewicht von rund 900 Kilogramm zu erzielen, formte man das Dach, die Türen, die Sitzmulde und die Schalttafel aus extra dünnem Blech. In den verbreiterten Stahlblech-Radhäusern drehen sich vorn neun und hinten elf Zoll breite Räder.

Bremsen vom Porsche 917

Der Dreiliter-Leichtmetall-Boxermotor leistet im Porsche 911 Carrera RS 3.0 230 PS bei 6.200/min. Die gleitgelagerte Kurbelwelle und die Pleuel bestehen aus geschmiedetem Stahl. Die Motorschmierung übernimmt eine 16 Liter fassende Trockensumpfanlage mit einem an der Wagenfront angebrachten Ölkühler, zu dem auf der rechten Wagenunterseite zwei daumendicke Leichtmetall-Leitungen führen. Die Benzinversorgung regelt eine mechanische Einspritzanlage von Bosch.

Das Fünfgang-Getriebe des Porsche 911 Carrera RS 3.0 mit eigener Ölpumpe ist dank einer Kühlrohrschlange im linken vorderen Radlauf gegen Hitzestress geschützt. Um den Keulenhieben der Goliath-Gegner noch besser entgehen zu können, erhält das wieselflinke Leichtgewicht die Bremsen des Porsche 917 mit Vierkolben-Bremszangen sowie axial und radial belüfteten Bremsscheiben. In dieser technischen Konfiguration entstehen die 56 straßentauglichen Einheiten des Porsche 911 Carrera RS 3.0, die im Rennsport für die Gruppe 3 der seriennahen GT-Fahrzeuge zugelassen werden. Hinzu kommen 15 Coupés für die von Roger Penske in den USA ausgetragene IROC (International Race of Champions) Marken-Rennserie.

Daneben bietet Porsche die deutlich heißere RSR-Variante im akustisch nahezu ungedämpften Gruppe 4-Trimm für Rundstrecken- und Bergrennen. Hier steigt die Motorleistung dank Doppelzündung und schärferer Nockenwelle auf 330 PS, und die Felgenbreite wächst an der Hinterachse auf 14 Zoll. Das Haupterkennungsmerkmal des RSR sind Entlüftungsschlitze an den vorderen und hinteren Kotflügeln.Porsche baute insgesamt 54 RSR 3.0.

Die Seriensieger deklassieren die Konkurrenz

So gerüstet, versetzten  Porsche 911 Carrera RS 3.0 und RSR 3.0 die altbekannten Goliath-Gegner, zu denen sich in Europa noch der De Tomaso Pantera mit 5,8-Liter-Ford-V8 gesellte, in Angst und Schrecken und gewannen fast jedes Rennen: Gesamtsieger der GT-Europameisterschaft und IMSA-Meisterschaft in den USA (jeweils 1974 und 1975), ein erneuter Gesamtsieg in Daytona (1975), Klassensiege in Le Mans und viele weitere Rundstrecken- und Rallye-Erfolge.

Auch der orangefarbene Porsche 911 Carrera RS 3.0 fuhr bis 1976 Rennen und erzielte mit Peter Gleue zahlreiche Siege am Berg. Breite Räder im RSR-Format, ein Überollkäfig aus Alu und der auf 290 PS getunte Motor stammen aus jener Zeit. Im Gegensatz zum Serien-RS,wie ihn auch Reinhard Mey und Herbert von Karajan fuhren, bietet der Ex-Gleue-RS extrem hochprozentigen Fahrgenuss: Kein Schwaben-Obstbrand, sondern eher ein piratentauglicher Karibik-Rum, der die sensiblen Musiker wohl umgehauen hätte. Lautes, ohrenmarterndes Heulen, Rasseln und Grummeln stürmt ständig wie ein Orkan aus dem Wagenheck nach vorn. Der enge Porsche 911 Carrera-Innenraum weitet sich akustisch zur Kathedrale. Fahrer und Beifahrer brüllen sich an, als säßen sie auf ihren Rennsitzen in 20 Meter Entfernung.

Hochprozentigen Fahrgenuss gibt's bei beiden

Die Kupplung – hart wie Kruppstahl – kennt nur ganz oder gar nicht. Ähnlich der reinrassige Rennmotor, der bis etwa 3.000/min ziemlich unwillig wirkt und dann panikartig kreischend bis auf knapp 8.000/min hochdreht. Die Straße hält mangels Federung Fahrer- und Beifahrer in ständiger, hippeliger Bewegung. Trotzdem folgt ihr der Porsche 911 Carrera RS 3.0 fast instinktiv, krallt sich auf ihr fest – solange der Motor seine Panikattacke nicht gerade in einer feuchten Kurve oder mit kalten Reifen bekommt.

Weitaus weniger fordernd fährt sich der jüngere Porsche 911 Carrera RS von 1992. Auch sein optischer Auftritt wirkt viel zurückhaltender, obwohl das RS-Modell aus der 964-Baureihe ebenfalls ein Homologationsfahrzeug für den Rennsport darstellt: einmal als eine Art Werks-Replica des Porsche 911 Carrera 2 aus dem Carrera-Cup, zum anderen als Basisfahrzeug für die seriennahe N-GT-Rennklasse. Das sieht man dem Kleinen jedoch nicht sofort an. Sogar junge Arzthelferinnen würden sich sofort in das kräftige Unschuldsblau der Karosserie, der Felgen, der Sicherheitsgurte, der Ledersitzeinlagen und sogar der Türöffnungsschlaufen verlieben und davon träumen, in diesem schnuckeligen Wägelchen tagtäglich ins G’schäft zu fahren, wie man in Stuttgart so sagt.

Kenner entdecken am Porsche 911 Carrera RS hingegen die gegenüber dem Carrera 2-Serienmodell um 40 Millimeter tiefer gelegte Karosserie, die 17-Zoll-Cup-Felgen aus Magnesium und die prall gefüllten hinteren Radhäuser,wo zwischen Gummi und Blech keine Brigitte-Heft hindurchpasst.

RS-Käufer üben Verzicht – und sparen Gewicht

Weitere Sportspezialitäten stecken unter dem Blechkleid: eine direkte Lenkung ohne Servohilfe, eine Bremsanlage mit Komponenten aus Porsche 911 Turbo und Cup-Carrera sowie ein 3,6 Liter großer, luftgekühlter Boxer-Motor, der bei 6.100/min lässige 260 PS produziert.

Dank des Verzichts auf Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Rücksitze und Innenraumdämmung gingen das Gewicht des Porsche 911 Carrera RS nach unten und die Fahrleistungen nach oben. Und da ist wieder das Davidsprinzip: Der 1.220 Kilogramm leichte Porsche 911 Carrera RS beschleunigt in 5,4 Sekunden von null auf 100 km/h und ist bis zu 260 km/h schnell. Wen sollte er damals fürchten? Einen Mercedes 500 SL mit V8-Motor und 326 PS? Einen Jaguar XJR-S mit sechs Liter großem V12 und 309 PS? Oder gar einen Ferrari Testarossa, ebenfalls mit V12, fünf Liter groß und 390 PS stark?

Alle drei beschleunigen vom Stand auf 100 km/h langsamer als das blaue Wunder. Dennoch ist der 964er Porsche 911 Carrera RS kein Windspiel und fordert den ganzen Mann am Volant. Die schwergängige Lenkung verfolgt Spurrillen so stoisch wie ein Jagdhund, und die Federung scheint nur aus einigen zwischen Stahl und Asphalt angebrachten Hartgummipuffern zu bestehen.

Der Motor des Porsche 911 Carrera RS ist dagegen ein gutmütiges Monster, das ab 2.000/min kräftig und mit zunehmendem Biss hochdreht.Er beschleunigt den blauen Carrera RS mit feurigem Elan aus Kurven heraus, hetzt ihn steile Bergstraßen hinauf. Mühelos folgt der unscheinbare Youngtimer dem orangefarbenen Rennsport-Veteran. Auf der Passhöhe bewundern Autofahrer und wandernde Feriengäste neidlos die geparkten Leichtathleten aus Stuttgart - eine weitere, sympathische Facette des Davidprinzips.

Technische Daten
Porsche 911 Carrera RS 3.0 Porsche 911 Carrera RS
Grundpreis74.137 €
Außenmaße4235 x 1775 x 1320 mm4275 x 1652 x 1270 mm
Kofferraumvolumen88 l
Hubraum / Motor3600 cm³ / 6-Zylinder
Leistung191 kW / 260 PS bei 6200 U/min
Höchstgeschwindigkeit240 km/h260 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten