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Miersch Porsche 356 Lindner Coupé (1954)
Den DDR-Porsche gibt es heute noch

Inhalt von

Ferry Porsche half den Reinmann-Zwillingen, ihren Traum vom Porsche zu verwirklichen. Zunächst mussten jedoch Teile über die Grenze in die DDR.

Miersch Porsche 356 (1954)
Foto: Porsche

Die Zwillingsbrüder Knut und Falk Reimann, Studenten an der Technischen Hochschule in Dresden, hatten eine Idee, Mut und Fernweh. Im Alter von 21 Jahren bauten sie einen Porsche 356 nach, mit dem sie über die Alpen, nach Frankreich und bis vor das Porsche-Werk in Stuttgart-Zuffenhausen fuhren. Und nicht nur die Reimann-Zwillinge wollen einen Porsche: Schuhfabrikant Hans Miersch möchte auch so ein Traumauto: Er hat den Porsche 356 Anfang der 1950er-Jahre in einem westdeutschen Automagazin entdeckt hatte. Aber seit 1949 gibt es zwei deutsche Staaten, zwischen denen die Grenze zwischen Ost-Block und Westen verläuft – ein Import des westdeutschen Sportwagens in die neu gegründete DDR erscheint unmöglich.

Unsere Highlights

Die Basis für den DDR-Porsche liefert die Wehrmacht

Miersch Porsche 356 (1954)
Porsche
Die Reimann-Zwillinge Falk und Knut konstruieren ihren Porsche-Nachbau auf Basis eines Kübelwagen-Chassis.

Also konstruieren die Brüder Reimann einen eigenen Ost-Porsche: Die Basis für ihr Vorhaben spendete ein Volkswagen Typ 82. Soldaten der Wehrmacht hatten bei ihrem fluchtartigen Rückzug vor der Roten Armee Kübelwagen-Chassis zurückgelassen. Die Konstruktion von Knut und Falk Reimann setzt Karosseriebauer Arno Lindner aus Mohorn bei Dresden um. Er hilft den Brüdern, indem er ein Gerippe aus Eschenholz konstruiert, über das die Bleche der Karosserie gezogen werden können. Das Exemplar von Schuhfabrikant Hans Miersch bekommt zum Beispiel schweres Blech von einem alten Lkw aus der damaligen Tschechoslowakei. Weil der Kübelwagen auch noch breiter ist als der 356 und zudem 30 Zentimeter länger, wird das Coupé zum geräumigen Viersitzer mit Übergewicht: 1.600 Kilogramm wiegt der Nachbau. Ein Porsche 356 ist etwa halb so schwer.

Und doppelt so stark wie der DDR-Nachbau: Weil nichts anderes da ist, treibt ein 30-PS-Boxer das Coupé an. Hans Miersch baut in sein Auto 1968 einen 1,6-Liter-Boxer mit 75 PS ein, sein Auto wird so zumindest dem Herzen nach ein echter Porsche.

Ferry Porsche schickt Grüße aus Le Mans – und Teile

"Lindner-Porsche" 356 Coupé (1954) Brief von Ferry Porsche
Porsche
Ferry Porsche lässt aus Le Mans "frohe Fahrt" ausrichten und Teile schicken.

Ihren ersten Porsche-Nachbau behalten die Reimann-Brüder für sich – und in Sachen Motor wissen sie sich zu helfen: Sie fragen direkt bei Porsche nach Hilfe – und bekommen von Ferry Porsche eine Antwort: Über sein Sekretariat lässt er ausrichten: "Um Ihnen aus Ihrer Bedrängnis zu helfen, senden wir Ihnen dieser Tage wunschgemäß einen Satz gebrauchter Kolben und Zylinder über die Firma Eduard Winter, Berlin." Vom Rennen in Le Mans lässt der Chef ausrichten: ""guten Empfang und weiterhin frohe Fahrt mit Ihrem Porsche-Eigenbau".

Doch zunächst müssen die Teile von West-Berlin in die DDR. Mehrmals passieren die Reimanns mit einer übergroßen Aktentasche den Grenzübergang, bis alle Teile drüben sind. Als der "Porscherli", wie sie ihr Coupé nennen, fertig ist, reisen sie durch Europa – was bis zum Bau der Mauer noch ging. Mit einem Führerschein und wechselnden Freundinnen fahren die Zwillinge über den Großglockner, an den Genfer See, besuchen Paris und Rom. Nach dem Bau der Mauer 1961 werden beide wegen angeblicher Fluchthilfe festgenommen und müssen ins Gefängnis. Erst nach über einem Jahr dürfen sie dort wieder raus. Ihr Porsche ist weg.

Miersch behält seinen 356-Nachbau bis 1994

Miersch Porsche 356 (1954)
Porsche
Hans Miersch verkauft seinen 356 erst 1994.

Schuhproduzent Hans Miersch muss Anfang der 1970er-Jahre seinen Betrieb abgeben, schafft es jedoch, den Porsche zu behalten. Erst 1994 – vier Jahre nach dem mit der Wiedervereinigung verbundenen Ende der DDR – verkauft Miersch sein Coupé mit dem Kennzeichen "RJ 37-60" an den Würzburger Porsche-Sammler Michael Dünninger. Der lässt die Sitze neu mit Leder beziehen und ersetzt den Horch-Tacho durch ein Originalteil von Porsche.

Der Porsche Reimann-Zwillinge taucht 2011 wieder auf: Über einen Freund erfährt der österreichische Sammler Alexander Diego Fritz von dem Auto, das völlig marode in einer österreichischen Garage steht – wie es dahin gekommen ist, ist bisher nicht bekannt. Fast lehnt er das Kaufangebot ab; zu schlecht ist der Zustand des Fahrzeugs. Doch die Geschichte der Brüder Reimann fasziniert ihn – er richtet den DDR-Porsche wieder her.

Fazit

Gleich mehrmals hilft Enthusiasmus, Hartnäckigkeit und technische Kompetenz dem "Lindner-Coupé" auf die Straße: Mitte der 50er-Jahre, als zwei Studenten und ein Schuhfabrikant vom Porsche träumen und diesen Traum mithilfe eines Karosseriebauers realisieren. Später erhält ein Enthusiast den Miersch-Porsche am Leben und ein weiterer baut das marode zweite Exemplar wieder auf. Insgesamt hat Karosseriebauer Arno Lindner 13 Exemplare des "Lindner-Coupé" nach Plänen von Knut und Falk Reimann erschaffen.

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