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MG B im Fahrbericht
Wiedersehen in Abingdon

Inhalt von

Für Abertausende war der MG B der erste eigene Sportwagen in der Garage, und für mindestens ebenso viele markiert er den Urtypus eines britischen Roadsters: Motor Klassik gratuliert dem MG B zu seinem 50. Geburtstag und begibt sich auf eine Ehrenrunde rund um seinen Geburtsort Abingdon.

MG B, Seitenansicht
Foto: Hardy Mutschler

50 Jahre MG B - diese Geschichte kann nur, nein, sie muss im Zentrum des MG-Universums beginnen: auf dem Gelände des Kimber House in der Cementery Road in Abingdon-on-Thames, Oxfordshire, England.

"Pull-Handle" oder Push-Button" macht beim MG B einen großen Unterschied

Das Gebäude aus roten Ziegelsteinen befindet sich direkt neben der Zufahrt zum einstigen MG-Werksgelände und dem ehemaligen Verwaltungskomplex der Traditionsmarke. Cecil Kimber, der legendäre Gründer der Marke, ist hier ein- und ausgegangen, und später natürlich John Thornley, MG-Manager von 1952 bis 1969, der goldenen Epoche des Konzerns. Niemand würde widersprechen, diese Umgebung als historisch bedeutungsvoll zu bezeichnen.

Unsere Highlights

Vor dem Kimber-House, das inzwischen den MG Car Club mit dessen Marken-Archiv beherbergt, parkt bereits ein irisblauer MG B Mk I, abfahrbereit für eine Geburtstags-Ehrenrunde rund um Abingdon. Mit Jahrgang 1964 fehlen diesem Roadster zwar noch zwei Jahre bis zu seinem Fünfzigsten, es handelt sich aber dennoch um ein besonders von Puristen geschätztes "pull-handle"-Exemplar, dessen hinten angeschlagene Türgriffe in Fahrtrichtung zeigen und gezogen werden müssen, damit sich die Türen öffnen. Weil jedoch ähnliche Griffe beim Mini für Verletzungen bei Passanten gesorgt haben, erfolgte aus Sicherheitsgründen im April 1965 auch beim MG B der Wechsel auf gewöhnliche "push-button"-Griffe.

Getestet wird auf der offiziellen teststrecke von MG

Der erste Teil der heutigen Route steht bereits fest: Es handelt sich um die offizielle MG-Teststrecke westlich von Abingdon, auf der sämtliche Modelle des Konzerns ihre jeweils ersten Meilen vor der Auslieferung zu absolvieren hatten. Wer jetzt jedoch einen abgesperrten Rundkurs mit Steilkurve und Slalom-Parcours erwartet, wird vermutlich enttäuscht sein. Getestet wurde auf Land- und kleinen Nebenstraßen, also quasi im wahren Leben anstatt in der Retorte.

Exakt 5,8 Meilen misst der Turn für die MG B-Roadster und die später präsentierten GT-Versionen, während die Modelle mit V8-Motor die doppelte Strecke gefahren wurden - sicherlich auch sehr zum Spaß der Testfahrer, wie Julian White, General Manager des MG Car Club, vermutet.

MG B-Motor: für britische Verhältnisse ein kleines Wunder

Ein Dreh am Zündschlüssel genügt, um die tief bauende, gusseiserne Kraftquelle im MG B anzufeuern. Es dauert jedoch einen Moment, bis das 95 PS starke Aggregat mit untenliegender Nockenwelle rund läuft. Unterschätzen sollte man diesen Vierzylinder, der im Prinzip seit 1955 diverse MG A-Modelle angetrieben hat, deswegen nicht, erklärt Besitzer John Watson, der mit seinem Auto bereits durch halb Europa gereist ist: "Dieser Motor ist für britische Verhältnisse ein kleines Wunder, weil er immer läuft." Watsons Vertrauen hinsichtlich der Qualität heimischer Automobiltechnik scheint leicht getrübt.

Die fast 20-jährige Erfolgsstory des MG B dürfte jedoch wahrhaftig zu einem großen Teil auf diese schlichte wie anspruchslose Maschine zurückzuführen sein. Der man offensichtlich gern verziehen hat, dass sie für einen zweisitzigen Sportwagen eigentlich zu temperamentlos ist. Und die genau genommen nur einmal nennenswert überarbeitet wird, als die anfangs noch dreifach gelagerte Kurbelwelle 1964 zwei zusätzliche Lager erhält. Mehr Pflege scheint dieser Motor nicht nötig gehabt zu haben, um den Dienst bis 1980 in insgesamt 387.675 MG B-Roadstern zu versehen. Zählt man die geschlossenen GT-Versionen hinzu, addiert sich dies auf über eine halbe Millionen Exemplare, in denen der Vierzylinder zum Einsatz kam - so jemand verdient eigentlich ein Denkmal.

MG B im Stadtverkehr mit angeborener Gelassenheit

Unterwegs im MG B Endlich die ersten Meter durch Abingdon. Von der Cementery Road rechts in die Spring Road und gleich darauf wieder rechts in die Marcham Road, die in westlicher Richtung aus der Stadt heraus führt. Wunderschöne viktorianische Häuser ziehen vorbei und Pubs, die "The Black Swan" oder "The Brewery Tap" heißen.

Abingdon habe einiges zu bieten, es sei schließlich der älteste besiedelte Flecken Englands, hatte John noch mit auf den Weg gegeben. Sein MG B kommt langsam auf Betriebstemperatur, den Stadtverkehr erträgt der Roadster an diesem milden Tag im Februar mit der ihm angeborenen Gelassenheit eines Langhubers.

Ein MG zählt zu den Exoten

Am Schild "Frilford, Shippon & Dalton Barracks" geht es abermals nach rechts und endgültig hinaus aufs Land. Lange Hecken, dahinter Weiden, auf denen Kühe und Pferde grasen und aus dunklen Steinen gebaute Häuser mit tiefgezogenen Dächern - England wie aus einem Rosamunde Pilcher-Film, wo sich seit der Vorstellung des Roadsters vor 50 Jahren kaum etwas verändert zu haben scheint.

Nur die Autos, die dem MG B entgegenkommen, signalisieren, dass die Zeit am Ende doch nicht stehen geblieben ist, denn sie stammen längst nicht mehr aus dem Vereinigten Königreich, sondern aus Japan, Frankreich oder Deutschland. Selbst rund um seine Heimatstadt zählt ein MG heutzutage offensichtlich zu den Exoten.

Britisches Styling par excellence

Diejenigen, die den blauen Zweisitzer entdecken, zeigen sich jedoch begeistert. Was auch immer Cabrios der Moderne versprechen, der MG B führt sie mit seinem unverfälschten, puristischen Auftritt gnadenlos vor. Seine schnörkellose Form mit der flachen Windschutzscheibe gilt als großer Wurf und gleichermaßen als Lehrstück für klassische Roadster-Proportionen.

Aerodynamik? Ein Kerl wie der B hält nichts von derartigen Zugeständnissen an die Neuzeit. Er stellt seinen Kühlergrill viel lieber senkrecht in den Fahrtwind, was im Verbund mit den beiden runden Lampen und den Stoßstangenhörnern für einen leicht grimmigen Gesichtsausdruck sorgt. Wer so forsch und unverwechselbar daherkommt, muss nicht wirklich durch Motorleistung oder sportliche Erfolge auf sich aufmerksam machen, um die Bühne am Ende als Bestseller zu verlassen.

"The Dog House" war beliebte Sprint-Etappe

Die Straße macht einen weiten Linksbogen, rechter Hand erstreckt sich die Landebahn des ehemaligen Royal Airforce-Bomberstützpunktes Abingdon, links kommt der Black Horse Pub in Sicht und gleich darauf - nach insgesamt 2,9 Meilen - der Sheepstead Crossroad-Kreisverkehr. MG B-Testfahrer hatten hier ihre Autos zu wenden und zur Fabrik zurückzukehren, während die V8-Piloten jetzt erst richtig loslegen durften: Die folgende Gerade bis zu jenem urigen Pub, der auf den Namen "The Dog House" hört, ist zwar kurz, galt jedoch als beliebte Sprint-Etappe.

Offener und ehrlicher Roadster

Wir folgen dem weiteren Verlauf der V8-Route und biegen auf der A 338 in nördliche Richtung ab. Die 95 PS des Stoßstangenmotors im MG B genügen noch immer, um entspannt durch den modernen Verkehr zu gleiten. Und wie ein Getriebe funktionieren kann, demonstriert der MG B wie kaum ein anderes Fahrzeug: Die Gänge sitzen, bevor das Wort Klack auch nur ausgesprochen ist. Schalten hat definitiv lange nicht mehr so viel Spaß gemacht wie an diesem Tag. Und wäre tatsächlich auch gar nicht so oft nötig, denn Drehmoment steht knapp über Standgas in jeder Gangstufe ausreichend zur Verfügung.

Nach 4,6 Meilen führt die A 420 den MG B wieder in südliche Richtung, und nach weiteren zwei Meilen durch das verträumte Tubney. Die Eigenheiten des Autos sind inzwischen keine Unbekannten mehr. Die blattgefederte Starrachse leitet jede Unebenheit rücksichtslos bis ins Kreuz des Fahrers. Enge Kurven erfordern Kraft, und schon bei moderatem Landstraßentempo fegt der Wind wie ein Orkan von allen Seiten durch den Innenraum. Kurz: Das Auto kommuniziert offen und ehrlich. Aber vermutlich müssen britische Roadster genau so sein.

Rund fünf Meilen wären es von hier bis Abingdon. Doch wir biegen von der Teststrecke ab, fahren weiter bis zum nördlich von Oxford gelegenen Blenheim Palace. Am 23. September stieg dort eine große Feier anlässlich des 50. Geburtstags des Roadsters, organisiert vom MG Car Club. John Watson und sein blauer MG B waren selbstverständlich vor Ort.

Technische Daten
MG B 1.8
Außenmaße3890 x 1520 x 1250 mm
Hubraum / Motor1798 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit172 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten