MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"18423625","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}

Mercedes 540K Hebmüller Coupé bei RM Sotheby's
Einzelstück für fast eine Million verkauft

Im US-Bundesstaat Arizona wird ein Mercedes-Benz 540 K von 1937 versteigert. Der Luxussportwagen besitzt eine sehr interessante Geschichte. Dabei spielt die Karosserie eine besondere Rolle.

Mercedes-Benz 540K (1937) Hebmüller Coupé
Foto: D. Schnabel/RM Sotheby's

Der Mercedes-Benz 540 K von 1937 mit dem Coupé-Aufbau von Hebmüller hat einen neuen Besitzer. Das Auktionshaus RM Sotheby’s verkaufte das ehemalige Auto der Düsseldorfer Industriellen-Familie Henkel in Arizona für umgerechnet rund 900.000 Euro ($ 995.000). Damit wurde zwar die untere Grenze des Estimate von einer Million US-Dollar knapp verpasst. Aber der Sportwagen wechselte trotzdem den Besitzer.

Das noble Biltmore Resort Hotel in Phoenix mit seinen 77 exklusiven Zimmern ist noch heute wie geschaffen für Luxusautos der 30er Jahre. Im Februar 1929 eröffnet, haben gehören exklusive Sportwagen und Limousinen zur Tradition des Hauses. Vielleicht war bereits damals einer der seltenen Mercedes 540K unter den Wagen, mit denen die erlauchten Gäste an der East Missouri Avenue vorfuhren. Heute stehen sowohl der 540K mit seinen geschwungenen Formen und dem Achtzylinder-Kompressormotor als auch die Architektur des Hotels als Ikonen für ihre Zeit.

Unsere Highlights

Nur ein Foto hatte überlebt – scheinbar

Mercedes-Benz 540K (1937) Hebmüller Coupé
D. Schnabel/RM Sotheby's
Elegante Proportionen dank 3,29 Meter Radstand und um gut 10 Zentimeter nach hinten versetzter Motor-Getriebe-Einheit.

Welcher andere Ort auf der Welt eignete sich besser, um ein Einzelstück aus der illustren und handverlesenen 540 K-Baureihe geneigten Käufern vorzuführen? Das Auktionshaus RM Sotheby’s präsentiert im klassischen Ambiente des Luxushotels aus der Waldorf-Astoria-Gruppe einen Kompressor-Mercedes von 1937, der seit Jahrzehnten als verschollen galt. Lediglich ein Schwarzweißfoto war bis zur Entdeckung bekannt.

Nach vielen Jahre in einer eigens gebauten Garage im US-Bundesstaat Nebraska rollen die 17 Zoll großen Weißwandreifen jetzt wieder über den roten Teppich zur Freude der betuchten Gäste des Biltmore, das einst dem Kaugummi-König Wrigley gehörte. Als Mitnahmepreis für das unrestaurierte Luxusauto hat das bekannte Auktionshaus RM Sotheby’s einen Schätzpreis zwischen einer und 1,5 Millionen US-Dollar ausgerufen: gemessen an der Einzigartigkeit dieses Mercedes-Exemplars fast ein Schnäppchen.

Das Fahrgestell kostete 15.500 Reichsmark

Insgesamt nur 406 Exemplare des 540K hat Mercedes von 1936 bis 1939 gebaut. Allein das Fahrgestell kostete 15.500 Reichsmark. Zu dieser Zeit verdiente ein Industriearbeiter durchschnittlich 112 Mark netto pro Monat. Die meisten Kunden orderten auch gleich eine Werkskarosserie aus Sindelfingen dazu. Dafür wurden für die meisten Aufbauten zusätzlich 6.500 Reichsmark fällig. Allein die Karosserie entsprach also fünf Netto-Jahresverdiensten eines Industriearbeiters. Zu den Kunden, der sich einen 540 K leistete, gehörte die Duisburger Firma Brabender. Das Unternehmen bestellte 1937 ein Cabriolet A der Baureihe.

Henkel ließ das Cabrio zum Coupé umbauen

Mercedes-Benz 540K (1937) Hebmüller Coupé
D. Schnabel/RM Sotheby's
Das Coupé hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich.

Später kaufte die Familie Henkel, Inhaber des Düsseldorfer Chemieunternehmens, dieses Luxuscabriolet. Wann genau, ist nicht bekannt. Erst Mitte oder Ende 1951 trat der 540 K wieder in Erscheinung: Da rollte der imposante Wagen auf den Hof der Karosseriefirma Hebmüller in Wülfrath. Das in Wuppertal-Barmen gegründete Unternehmen war vor allem für seine Cabriolets auf Käfer-Basis bekannt. Als Spezialist für offene Aufbauten baute Hebmüller jedoch auch Karosserien für andere Hersteller wie beispielsweise Ford, Opel, DKW und Borgward.

Umso interessanter war der Henkel-Auftrag: Statt des Cabrios wollten sie ihren 540K in ein Coupé mit geschlossenem Dach umgestalten lassen. Hebmüller, nach einem Großbrand in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, war für jeden Auftrag dankbar. Zur gleichen Zeit ließ Henkel für einen Direktor ein 170S Cabriolet ebenfalls auf eine geschlossene Variante umbauen. Bis auf das Dach, die Windschutzscheibe einschließlich Rahmen und einige Details blieben die Karosserien unverändert.

In die USA verkauft und verschwunden

Doch lange fuhr das Kompressor-Einzelstück nicht mehr in Deutschland. Wenige Jahre später wurde er in die USA verkauft. Bei einer Auktion 1968 schließlich erwarb die Familie des letzten Besitzers den Wagen. In der Heimat Nebraska war das 540 K Coupé 1980 zum letzten Mal bei einer örtlichen Oldtimerparade zu bewundern. Dann verschwand er in einer eigens gebauten Garage. Erst Ende des vergangenen Jahres wurde er wieder herausgerollt. Jetzt wartet er im traditionsreichen Biltmore Resort auf einen neuen Besitzer.

Technische Daten Mercedes-Benz 540 K (1936 – 1939)
8 Zylinder Reihenmotor mit zuschaltbarem Kompressor (Zweiflügel-Roots-Gebläse), 5401 cm3, 115/180 PS bei 3400/min, max. Drehmoment 432 Nm bei 2200/min, 1 Steigstrom-Doppelvergaser, 4-Gang-Getriebe (1939: 5-Gang mit Schnellgang), Radstand: 3290 mm, LxBxH (Cabriolet A) 5100 x 1880 x 1640 mm, Leergewicht: 2500 kg, Vmax: 170 km/h

Fazit

Dieses unrestaurierte Einzelstück ist eine faszinierende Zeitkapsel. Es ist ein Zeuge deutscher Industriekultur, was vor allem die Änderung der Karosserie und die ersten beiden Besitzer angeht. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann sollte der neue Besitzer dieses Auto genauso erhalten. Nur mit seiner einzigartigen Historie behält es auch seinen Wert. Sieht der neue Besitzer in dem Angebot lediglich ein Restaurierungsobjekt, rüstet er es gar in ein Cabriolet A zurück, ist die wunderbare Geschichte für immer verloren.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten