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Lancia Lambda 7. Serie im Fahrbericht
Bauhaus-Avantgarde und High-Tech

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Ein Lancia Lambda war von Haus aus ein außergewöhnliches Automobil. Er machte Bauhaus-Avantgarde auf der Straße erlebbar - ganz besonders, wenn er eine der leichten, leisen Weymann-Karosserien trug.

Lancia Lamda

Manche Irrtümer lassen sich nicht ausrotten. Die Weymann-Karosserien liefern ein wunderbares Beispiel dafür: Das sind Holzkonstruktionen, so hört man gemeinhin, mit Kunstleder bezogen. Und neun von zehn Stimmen sagen: So wie damals die DKW. Falsch. Auch wenn fatalerweise, das sei zugegeben, fast alle restaurierten Weymann-Karosserien genau so enden - als starr gefügte Holzrahmen mit Kunstlederbespannung.

Die Wahrheit jedoch ist diffiziler. Und viel spannender. Im Jahr 1923 hatte Charles T. Weymann ein Karosseriepatent angemeldet, das auf einer leichten Holzkonstruktion mit flexiblen Knotenpunkten beruhte. Er überzog es mit lackiertem Leintuch - einem Vorläufer des Kunstleders. Leise und stabil fiel das Ergebnis aus, denn die Konstruktion war nicht steif, sondern elastisch und schluckte alle Stöße. Und sie geriet leicht, oft leichter als ein offener Tourer aus Blech. Mit nur 1.160 Kilogramm Leergewicht beweist es dieser Lancia Lambda mit Weymann-Aufbau. Immerhin misst er fast 4,70 Meter.

Unsere Highlights

Der Lancia Lambda stammt aus der Schweiz

Doch wer kann davon noch berichten? Einer wie er zum Beispiel: Dieser Lancia Lambda der 7. Serie stammt aus dem Jahr 1927 - und ist unrestauriert. Überlebt hat er in der Schweiz, jenem Paradies, in dem man alte Dinge gerne so beließ, wie sie waren - ohne sie ständig umzubauen. In Zürich wurde der Lambda vermutlich ausgeliefert, dort stand er auch bei seinem zweiten Besitzer und seinem dritten. Heute gehört er Lukas Hüni, Oldtimer-Händler mit einem der exquisitesten Portefeuilles weltweit.

Nein, er ist nicht zu verkaufen. Dieser Lancia Lambda gehört Hüni privat. Interessantes Indiz: Durch seine Hände gehen die exklusivsten Automobile, die exotischsten Klassiker, die exaltiertesten Formen. Und er blieb bei einem Lancia Lambda der 7. Serie hängen, dessen schlammbraunes Äußeres hier und da recht grob mit Flicken repariert wurde. Doch gibt es keinen, der echter wäre, ehrlicher. Man hat ihm über die Jahrzehnte seinen Charakter belassen. Alle Fasern berichten, wie es 1927 war. Weil nie jemand - selbst kein gut meinender Mensch - eingegriffen hat, ist er nicht zu einem Abbild seiner selbst verkommen. So kann er Augenzeuge sein.

Der Lancia Lambda war seiner Zeit voraus

Wie weit der Lancia seiner Zeit voraus war, beweist der Lancia Lambda heute noch. Den Geist der Moderne hat er sich erhalten. So souverän wie er schluckt kein anderer Wagen jener Epoche Schlaglöcher, und dieses unbeirrte Abrollen harmoniert mit seiner sehr direkten Lenkung. Schnell und präzise lässt der Lancia Lambda sich durch enge Kurven zirkeln. Das liegt daran, dass Vincenzo Lancia vorn keine Starrachse montieren ließ. Er hatte stattdessen seinen Entwickler Battista Falchetto angewiesen, eine Einzelradaufhängung zu konstruieren. 14 Entwürfe prüfte er, bevor er sich entscheiden konnte. 

Doch nicht nur über die ambitionierte - und für Lancia patentierte - Achskonstruktion staunte das Publikum im Oktober 1922 auf dem Pariser Salon. Auch die halbselbsttragende Karosserie des Lancia Lambda war ungewöhnlich. Genau genommen war es der Rahmen selbst, der sich seitlich weit hochzog. Schiffe hatten Vincenco Lancia zu diesem Patent inspiriert. So nahmen die Lancia Lambda-Passagiere tief in der Struktur Platz und thronten nicht mehr, wie üblich, auf einem Leiterrahmen. Auch das trug zur guten Straßenlage des Lancia Lambda bei, der vom Werk zwar nie als Sportwagen deklariert war, sich aber ausgezeichnet als solcher eignete. Private Teams errangen bei großen Rennen wie der Mille Miglia oder am Klausenpass überragende Plätze.

Lancia lieferte knapp 13.000 Exemplare aus

Der Lancia Lambda geriet für das kleine Unternehmen zu einem beachtlichen Erfolg: In den neun Jahren zwischen 1923 und 1931 fertigte Lancia knapp 13.000 Exemplare. Lukas Hünis Typ stammt aus der siebten von neun Serien. Am 30. April 1927 soll sein Lancia Lambda das Werk verlassen haben, verraten die Papiere. Im Unterschied zu den sonstigen Varianten - unter anderem gab es Torpedo-und Sport-Aufbauten - wiesen die Weymann-Karosserien eine Besonderheit auf. Stabilimenti Farina hat sie in Lizenz gefertigt, und statt mit robustem Leder stattete Lancia die Leichtbau-Limousinen mit Stoffsitzen aus. Das beige Textil, das Hünis Wagen trägt, ist echt. Dabei verführt das leicht psychedelische Muster manchen, an eine Siebziger-Jahre-Restaurierung zu denken. 

Überragend zeigten sich die Lancia Lambda-Modelle auch von ihrer technischen Seite. Der Vierzylinder aus Leichtmetall baut äußerst kompakt, weil der Block die Bohrungen in einem Winkel von nur 13 Grad trägt. Eine Königswelle treibt die obenliegende Nockenwelle an. Bei allem Lob für das Authentische, mit dem Hünis Lancia Lambda begeistert, fällt wahren Lancia-Experten auf, dass der Motor nicht dem Original entspricht. Stimmt: Zurzeit arbeitet ein Exemplar mit 2,1 Liter und 50 PS unter der Haube. Lancia montierte dieses Triebwerk bis zur 6.Serie. 1927 wuchs die Bohrung und damit der Hubraum auf knapp 2,4 Liter. Die Leistung stieg auf 60 PS.

Auf dem Concorso d'Eleganza wurde der Lancia Lambda ausgezeichnet

Doch schon bald wird dieser Motor wieder den Lancia Lambda antreiben. Als Hüni ihn kaufte, war sein erstes Triebwerk dabei - unrestauriert, aber komplett. Dann wird der Lancia Lambda wieder ganz so sein wie 1927, und nur das fein ziselierte Craquelée auf seinem Stoff und hier und da ein Flicken berichten von seinem wahren Alter. Das trägt der Lancia Lambda mit nonchalanter Würde: Beim Concorso d’Eleganza vor der noblen Villa d’Este nahm er die FIVA-Trophäe mit. Die Jury zeichnete ihn als besterhaltensten Klassiker der Veranstaltung aus. Nach Cernobbio fuhr der Lancia Lambda aus eigener Kraft. Ohne Panne, beeindruckend schnell und, dank echter Weymann-Karosserie, natürlich flüsterleise.

Technische Daten
Lancia Lambda 7. Serie
Außenmaße4660 x 1670 mm
Hubraum / Motor2370 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit115 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 08 / 2024

Erscheinungsdatum 04.07.2024

164 Seiten