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Lancia Fulvia: Autos, die man nicht vergisst
Lancia Fulvia im Doppelpack

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Die beiden Lancia Fulvia Coupés 1,3 S und 1,6 HF kommen im Doppelpack, einer weiß, einer rot. Es ist Herbst 1971, die italienische Elite-Marke Lancia tief in den roten Zahlen, man spricht von mehreren 100 Millionen Mark Schulden.

Lancia Fulvia Coupé Rallye 1.3 (65-76)

Seit 40 Jahren schreibt Klaus Westrup über Autos in auto motor und sport. Für Motor Klassik blättert er in seinem alten Notizbuch und erinnert sich, diesmal an die beiden Lancia Fulvia Coupés 1,3 S und 1,6 HF.

Lancia Fulvia will anders sein

Fiat ist schon eingestiegen, die tief abgestürzten Aktienkurse machen Lancia zu einem Schnäppchen, trotz der übernommenen Verbindlichkeiten. Denn Lancia hat das, was Fiat fehlt - Image und Nimbus.

Unsere Highlights

Lancia ist eine Nobelmarke, die finanziell am Stock geht. Die automobilistische Noblesse verdankt der traditionelle Kleinhersteller den verwegenen Formen und der vom Üblichen abweichenden Technik. Ein Lancia will anders sein als alle anderen, und auch die beiden Fulvia-Coupés tragen diesem Anspruch schon optisch Rechnung.

Wer mitfahren will, muss leiden

Üblicherweise haben Coupés einen mehr oder minder stark gleitenden Dachabschluss, bei den beiden italienischen Grazien ist es ganz anders - kantiger, profilierter. Der Nutzwert, bei Coupés generell zu Gunsten der Linie eingeschränkt, tritt bei dem Lancia Fulvia noch weiter in den Hintergrund. Erst bei weit nach vorn gefahrenen Sitzen kann überhaupt jemand hinten hinein, und das auch nur dauerhaft gekrümmt und schon nach wenigen Kilometern leidend.

Auch der Kofferraum des Lancia Fulvia mit seiner schönen flachen Klappe ist nicht ergiebig. Ein Reserverad zehrt einen großen Teil auf, ganz besonders im Fall der stärkeren Fulvia mit den strammen Sechszoll-Felgen und den für damalige Verhältnisse fetten Michelin XAS-Pneus im 175er-Format. Stärker, das bedeutet ein Leistungsplus von 23 PS (113 statt 90 beim 1300er) bei gleicher Nenndrehzahl von 6.000 Touren, mehr Drehmoment (160 Newtonmeter statt 120) und etwas mehr Öl in der Wanne (5,8 statt 5,3 Liter).

Wie kommt man bloß auf einen Zylinderwinkel von 13°?

Ein Fünfganggetriebe mit eigentümlich langen Schaltwegen haben beide Lancia Fulvia, auch natürlich den abwegigen Zylinderwinkel von nur 13 Grad, der den Fulvia-Vierzylinder zu einem Reihen-V-Triebwerk macht, das mit einem einzigen Zylinderkopf auskommt. Vier- oder Sechszylindermotoren dieser Konzeption sind bis zum heutigen Tag exotische Ausnahmen geblieben.

Ein Audi-Ingenieur kommentierte technische Extravaganzen einmal dahingehend, dass nur sinnvolle und praktikable Dinge Nachahmer fänden. Der RV-Motor des Lancia Fulvia gehört offensichtlich nicht dazu - ebenso wenig wie der Schubstangenantrieb von obenliegenden Nockenwellen, den einst NSU mit den Motorradmotoren und dem zweizylindrigen Prinz zu popularisieren versuchte. Immerhin, das Lancia-Triebwerk baut sehr kurz, allerdings wäre unter der langen Motorhaube auch für mehr Raum gewesen. Zwei kettengetriebene Nockenwellen sorgen für den Gaswechsel, zwei Solex-Horizontal-Doppelvergaser für gute Füllung.

Lancia Fulvia 1.3 ist das harmonischere Auto

Auf Anhieb erweist sich der harmlosere Lancia Fulvia Dreizehnhunderter als das harmonischere Automobil. Er ist leiser, komfortabler und kaum langsamer (167 km/h statt 173), Beschleunigung auf Tempo 100 in nur 12,4 Sekunden - ganz beachtlich für ein Coupé jener Tage, dessen Motor nur 1,3 Liter Hubraum hat.

Die größten Pluspunkte sammelt der stärkere Sechzehnhunderter im Lancia Fulvia HF bei der sogenannten Beschleunigungselastizität, besser bekannt als Durchzugsvermögen. Weil die Übersetzung im fünften Gang praktisch gleich ist, nimmt er dem kleinen Bruder im Bereich von 40 bis 120 km/h im größten Gang glatte zehn Sekunden ab. Im Kleinen muss man also mehr schalten, um schnell voranzukommen, aber will man das immer?

Die Lancia Fulvia Coupés sind elegante Erscheinungen, deren Reiz sich keineswegs nur über Längs- und Querbeschleunigung erschließt. Schon der Anblick des mit Instrumenten reichhaltig bestückten Cockpits bietet zusammen mit dem zierlichen, zweispeichigen Lenkrad einen nicht zu unterschätzenden Sinnenreiz. Es macht Freude, mit diesen Autos nur zu flanieren, und gerade dafür ist der Dreizehnhunderter besser geeignet. Mit einem mittleren Verbrauch von elf Litern auf 100 Kilometer ist der Lancia Fulvia 1.3 auch deutlich sparsamer als der rasante HF (13,5 Liter Testverbrauch), erheblich schluckfreudiger in der Federung und im Grenzbereich einfacher zu beherrschen.

Laut sind beide Fulvia

Der Lancia Fulvia hat Frontantrieb, damals eine Seltenheit bei stärker motorisierten Autos. So sind denn auch die Antriebseinflüsse in der Lenkung bei schneller Kurvenfahrt mit dem knallhart abgestimmten HF gewöhnungsbedürftig. Der Lancia Fulvia 1,3 S gibt sich in dieser Disziplin verbindlicher, auch weil auf ihm die milderen Michelin ZX-Reifen Verwendung finden können.

Laut sind beide Lancia Fulvia. Ab 5.000 Touren brüllen die rassigen Vierzylinder, auch die Windgeräusche sind nicht von Pappe. Bei Tempo 140 zeigen die Messgeräte beim deutlich lauteren HF tosende 86 dBA.

Enttäuschend zudem bei beiden die Güte der Verarbeitung. Im Instrumentenbereich fallen diverse Unsauberkeiten ins Auge, die Türen schließen schlecht, und schon jenseits von 130 km/h bilden sich an den vorderen Türrahmen sichtbare Ritzen. Nun weiß man wenigstens, woher ein guter Teil des akustischen Windjammers stammt.

Lancia Fulvia HF - die Verführung

Für den auto motor und sport-Meisterfotografen Hans-Peter Seufert ist dies alles viele Jahre später weder erinnerlich noch relevant. Er steht zwecks Reportage bei Auto Becker in Düsseldorf mit schwerer Kameraausrüstung auf einer Leiter, als er eine Lancia Fulvia zufällig im Beckerschen Auto-Pool entdeckt, knallrot wie der einstige Testwagen.

Es ist der starke Lancia Fulvia HF, und die spontane Verliebtheit in die grazile Auto-Schönheit fördert im Verkaufsbüro schnell ein paar Daten zutage. Er ist nur 22.000 Kilometer gelaufen, eine alte Dame hat ihn gefahren, die Lenkung geht ihr inzwischen zu schwer, Rallyes will sie ohnehin nicht fahren, sondern ganz einfach einen Golf.

Der Händlereinkaufspreis beträgt nur 4.700 Mark, neu liegt der Lancia Fulvia HF knapp über 16.000. Seufert schlägt zu: Es ist das oft zitierte Schnäppchen, das manchmal den Weg kreuzt. Vier freudvolle Lancia-Jahre folgen, dann muss der HF gehen, es ist zu voll geworden in den Garagen. Ein Österreicher kauft ihn, kommt mit grüner Überführungsnummer, verlässt winkend den Waiblinger Meisenweg. Seufert sieht das Auto entschwinden, fühlt Abschiedsschmerz. Das Bedauern hält sich. "Mein größter Fehler", sagt er heute.

Technische Daten
Lancia Fulvia 1.3 Coupé Lancia Fulvia Coupé Rallye 1.3
Außenmaße3975 x 1555 x 1300 mm3975 x 1555 x 1300 mm
Hubraum / Motor1298 cm³ / 4-Zylinder1298 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit165 km/h171 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten