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Ford 20 M und Opel Rekord 1900 L im Fahrbericht
Automobile Hut-Bürger der 1960er

Inhalt von

Ford 20 M und Opel Rekord 1900 sind modisch, aber nicht stillos. Technisch konventionell, aber nicht primitiv. In den Sechzigern galten sie als Symbole sozialen Aufstiegs. Mit 90 PS und 160 Spitze konnte man schon imponieren. Die beiden Mittelklasse-Limousinen hatten sogar ein besseres Image als ein 200 D.

Ford 20 M, Opel Rekord 1900 L, Frontansicht, Kühlergrill
Foto: Jörg Künstle

Die Rivalen Ford 20 M und Opel Rekord 1900 sind sich ähnlicher, als sie einst wahrhaben wollten. Sie verkleinern die US-Automode auf deutsche Maßstäbe, sie sind technisch anspruchslos, doch von hohem Gebrauchswert. Die bessere Mittelschicht ist ihre Kundschaft, Männer mit Hut in den besten Jahren. Heute gelten die paar Überlebenden als coole Cruiser für die Fahrt zu angesagten Tankstellen-Treffs.

Spießerautos finden immer mehr Freunde

Die späte Begeisterung junger Leute für die Spießerautos wie Ford 20 M oder Opel Rekord C von einst hat viele Gründe. Das amerikanisch inspirierte Styling, eine Mischung aus Straßenkreuzer und Muscle Car, wirkt extrem lässig und fällt im heutigen Straßenbild besonders auf.

Unsere Highlights

Richtig teuer sind Opas Opel und Großtantes Ford nicht. Bereits für 5.000 Euro gibt es gute Exemplare von Ford 20 M und Opel Rekord C, nur ein bisschen geschweißt und höchstens untenherum neu lackiert, mit knapp über Hunderttausend Kilometern auf dem Tacho.

Der Verbrauch hält sich auch beim kleinvolumigen Ford-V6 noch in Grenzen, mehr als zwölf Liter sind es nie. Erfreulicherweise haben bereits technische Errungenschaften wie 12-Volt-Anlage oder ein Zweikreis-Bremssystem mit Scheibenbremsen vorn und Servounterstützung im Ford 20 M Einzug gehalten. Das macht sie alltagstauglich und im Verbund mit den 14-Zoll-Gürtelreifen auch fahrsicher. Zudem lassen sie sich selbst von Technik-Laien leicht warten.

Ihre nachvollziehbare Technik gibt keine Rätsel auf, sie hält bei schonender Behandlung ewig. Zahnriemen gibt es noch keine, und Nockenwellen sind sowieso Mangelware - Grauguss statt Alu, schwer und haltbar. Für die Grundkenntnisse reichen schon die Bände 25 (Ford 17/20 M) und 10 (Opel Rekord B/C) von "Jetzt helfe ich mir selbst". Solche Ford und Opel aus den Sechzigern waren häufig sehr lange im Rentnerbesitz, sonst hätten sie nicht überlebt.

Ford oder Opel, in den Sechzigern eine Glaubensfrage

So schön original mit der Autonummer auf dem Häkelkissen, den Lammfell-Schonbezügen und der leicht vergilbten Betriebsanleitung im Handschuhfach. Das hatte damals noch einen aufrechten Metalldeckel mit Schließzylinder, ein kleiner Tresor für unterwegs. 20 M steht in Chrombuchstaben auf der Klappe oder Rekord L, man sollte sich auch während der Fahrt über das Erreichte freuen. Ford oder Opel, das war in den Sechzigern noch eine Glaubensfrage.

Opel stand für konservativ und kontinuierlich, brachte Fortschritt nur, wenn es wirklich notwendig war. Die neue, fünffach gelagerte C.I.H.-Motorengeneration ab 1965 ist solch ein Beispiel, oder der Abschied von den hinteren Blattfedern mit dem Opel Rekord C von 1966.

Ford war mutiger, andererseits stets ambivalent. Bewährte Reihenvierzylinder mussten plötzlich kaum moderneren V4-Motoren weichen, und fortschrittliche Mc-Pherson-Federbeine vorn standen im völligen Widerspruch zur anachronistischen Blattfeder-Starrachse. Stilistisch landete Ford nach der reinen Ponton-Form beim Gelsenkirchener Barock des ersten Ford 17 M. Feierte geläutert bei Badewanne und P5 die feine Stromlinie der Vernunft, um sich dann bei unserem P7a wieder einen Rückfall ins Kaleschenhafte zu leisten.

Dafür wurde Ford abgestraft. Motorjournalisten "wo bleibt der Fordschritt?" und Kunden lehnten das neue, repräsentativ gestylte Modell als überladenen Straßenkreuzer ab. "Unerfreulich" titelte auto motor und sport gar im 17 M-Test, Heft 9/1968, kritisierte nicht nur die schwülstige Form, sondern auch die primitive Blattfeder-Hinterachse, die immer noch ohne stabilisierende Längslenker oder Schubstreben auskommen musste.

"Kummerfalte" hieß der erste P7 schnell im Volksmund. Selbst die damals so modische Coke-Bottle-Linie war wie die Pseudo-Hutze nur ein ins Blech gepresster Fake, anders als beim Opel Rekord C, der den Hüftschwung auch in der Wölbung des Seitenfensters ausdrückt.

Verspielter Opel Rekord

Heute haben wir den Ford längst wieder lieb, gerade die Kummerfalte ist als Ford 20 M wegen ihrer Seltenheit begehrt. Der Rekord C leistet sich sogar mehr kleine, raffinierte Verspieltheiten. Er wirkt dadurch hübscher, harmonischer, weniger kastig.

Im unmittelbaren Fahrvergleich trumpft der Ford 20 M mit seinem leisen, elastischen V6-Motor auf. Er wirkt trotz zentraler Nockenwelle deutlich drehfreudiger als der schon bei 100 km/h in der zweiten Fahrstufe etwas zugeschnürt näselnde Opel. Erst wenn man ihn zügig ausdreht, wird der V6 unwillig und brummig. Seine Tugenden liegen wie auch beim Opel-Vierzylinder im unteren und mittleren Drehzahlbereich, darüber hinaus animiert ihn der Solex-Zweistufenvergaser nur zu erhöhtem Benzinkonsum.

Der pastellblaue Rekord, den uns Opel Classic freundlicherweise zur Verfügung stellte, wartet mit einer besonderen Kuriosität auf. Als frühes C-Modell hat er noch die alte GM-Powerglide Automatik mit nur zwei Fahrstufen. Die erste reicht notfalls sogar bis 90 km/h die zweite bis zum maximalen Wohlfühltempo von 120 km/h. Bei höheren Drehzahlen ist der Opel zu laut und wirkt zu angestrengt.

Der Ford ist der bessere Reisewagen

Als Reisewagen eignet sich der leise Ford 20 M besser als der kehlig näselnde Opel. Er bietet dank seines exakten, leichtgängigen Vierganggetriebes auch mehr Fahrspaß als der durch seine zwei Fahrstufen gehandicapte Opel. Aber er macht dies durch sein aufwendigeres Fahrwerk und durch den exzellenten Zustand wett. Der Opel Rekord ist eine strahlende Erscheinung, das Publikum liegt ihm an der Tankstelle und auf dem Fabrikgelände der BASF in Mannheim-Friesenheim zu Füßen.

Mit dem Ford 20 M fremdelt es spürbar, erst wenn er für den Fotografen auf- und abfährt, loben die Lkw-Fahrer und Lagerarbeiter seinen tollen Sound. In schnellen Kurven liegt der Opel besser, er untersteuert nicht so stark wie der Ford, dafür rollt der 20 M auf dem Kopfsteinpflaster des Fabrikgeländes sanfter ab.

Was ist eigentlich das Besondere an diesen ach so normalen Spiessbürgerautos? An Ford 20 M und Opel Rekord C. Sie sind Modeartikel aus einer heilen Welt, viele haben einen autobiografischen Bezug zu ihnen. Aber das wichtigste ist, dass man mit ihnen so entspannt und lässig durch die Gegend schüsseln kann. Lasst deshalb die wenigen Überlebenden in Ruhe. Cool sind sie auch ohne Customizing, mattschwarzen Lack oder einen mit Gewalt implantierten Ami-V8.

Technische Daten
Ford 20 M 2.0 Opel Rekord 1900 L
Außenmaße4736 x 1756 x 1494 mm
Hubraum / Motor1998 cm³ / 6-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit157 km/h158 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten