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Ferrari 750 Monza im Tracktest
Wet and Wild

Inhalt von

Seine Jugend verbrachte dieser Ferrari 750 Monza im sonnigen Kalifornien, wir schauen auf der nassen Straße, ob der Dreiliter-Vierzylinder wirklich so drastisch Dampf abliefert, wie es immer heißt.

Ferrari 750 Monza
Foto: Hardy Mutschler

Track-Test Ferrari 750 Monza - diese Geschichte bietet eine prima Gelegenheit, einmal hinter die Kulissen einer Motor Klassik-Produktion zu schauen. Wir bekommen also die Möglichkeit, einen der seltenen Dreiliter-Vierzylinder aus den Fünfzigern zu fahren. Allerdings: Die Zeit drängt, und der Sportwagen wohnt in England. Kein Problem, für einen interessanten Ferrari kommen wir überall hin - doch so schnell lässt sich keine Rennstrecke auftreiben, und auf der Landstraße wollen wir so ein Auto nicht von der Leine lassen.

Unsere Highlights

Beim AvD-Oldtimer-Grand Prix findet sich schließlich ein Zeitfenster: Sonntagmorgen von acht bis neun Uhr auf der Nordschleife. Wunderbar. Am Samstagnachmittag um drei Uhr machen sich die englischen Mechaniker, die den Monza betreuen, in London mit einem Transporter auf den Weg, eine Stunde nach Mitternacht sind Les und Brian an der Einfahrt Nordschleife und legen sich neben dem Ferrari schlafen.

Um acht Uhr werden die ersten Fische auf der Nordschleife gesichtet

Um Punkt sieben Uhr treffen wir uns, die beiden Briten laden den 750 Monza ab, ich zwänge mich in den feuerfesten Rennanzug. Les wischt noch ein paar Staubkörnchen von dem auf Hochglanz gewienerten Sportwagen und schaut kritisch zum wolkenverhangenen Morgenhimmel. "Keine Bange", versuche ich zu beruhigen, "ich kenne mich hier aus, das Wetter hält, die Vorhersage ist positiv." Um halb acht öffnet der Eifelhimmel in einer Art und Weise seine Schleusen, wie es selbst alte Nürburgring-Veteranen seit 1927 nur selten erlebt haben. Les und Brian bedenken nun mich mit kritischen Blicken und werfen rasch eine Plane über den Ferrari, bevor sie behaupten, dass so etwas selbst in England selten sei und man überhaupt die vergangenen Wochen nur strahlenden Sonnenschein erlebt habe.

Um acht Uhr werden die ersten Fische auf der Nordschleife gesichtet, und der Regen macht nicht den Eindruck, als wolle er jemals wieder aufhören. Also los. Plane weg, im Nu füllt sich die rote Badewanne mit Regenwasser, vor dem Einstieg werfe ich noch einen Blick auf die Reifen: Natürlich Dunlop Racing, wunderbar zeitgenössisch. Leider vermitteln sie bei Regen das Gefühl, auf hölzernen Stelzen über nasse Badezimmerfliesen zu balancieren. Ein Hebel links hinter der Schaltung ersetzt gewissermaßen den Magnetschalter, mechanisch rücke ich das Anlasserritzel ein.

Zylinderblock und -kopf aus einem Stück

Der Leichtmetall-Reihenvierzylinder hat die Reise über den Kanal gut überstanden, lässt sich auch durch die hohe Luftfeuchtigkeit nicht beirren und startet sofort. Die großartige Konstruktion stammt aus der Feder des 1917 in Livorno geborenen Aurelio Lampredi und war zunächst als Zweiliter für die Formel 1 der Jahre 1952 und 1953 gedacht, wo Lampredi einem kürzeren und leichteren Vierzylinder mehr Chancen einräumte als dem schweren und längeren V12.

Um defekte Zylinderkopfdichtungen zu vermeiden, ließ der geniale Motorenkonstrukteur und Erbe von Gioacchino Colombo den Zylinderblock und -kopf aus einem Stück Aluminium gießen und schraubte die Laufbuchsen von unten ein. Die fünffach gelagerte Kurbelwelle bekam ein eigenes Kurbelgehäuse aus Silumin, den Antrieb der beiden obenliegenden Nockenwellen übernehmen Zahnräder. Gegenüber dem bisherigen V12 hatte Lampredi das Leistungsgewicht um 27,9 Prozent verbessert und die Leistungsausbeute um 9,4 Prozent.

Der neue Ferrari 500 leistete schon zu Beginn 170 PS, gewann 16 von 17 Rennen und trug Alberto Ascari zu zwei Formel 1-Titeln. Schon 1952 gab es bei Ferrari zudem Überlegungen, den Vierzylinder auch im Sportwagen einzusetzen; über ein paar Zwischenstufen gelangte man schließlich zum Ferrari 750 mit einer schlanken Barchetta-Karosserie und dem auf 2.999 cm3 aufgebohrten und mit leicht geändertem Kurbelgehäuse und Zylinderkopf versehenen Reihenvierzylinder.

Erster Sieg in Monza 1954

Der neue Sportwagen gewann, wie es sich gehört, gleich sein erstes Rennen: den Grand Prix Supercortemaggiore im Juni 1954 im königlichen Park von Monza, der dem 750 auch seine Zusatzbezeichnung verlieh. Die Karosserie des Debütsiegers, gefahren von Umberto Maglioli und Mike Hawthorn, stammte übrigens von Pinin Farina. Der direkt dahinter auf Rang zwei gewertete Ferrari 750 von José Froilan Gonzales und Maurice Trintignant hatte dagegen wie alle weiteren, insgesamt 30 gebauten Monza ein Aluminiumkleid von Scaglietti mit leicht verlängerter Front, dem Fahrersitz auf der rechten Seite und weiter nach hinten versetzt.

Im Verlauf der Saison sammelte der 260 PS starke 750 Monza dann fleißig Punkte und sorgte mit seinen stärkeren Brüdern dafür, dass Ferrari 1954 den Weltmeistertitel bei den Sportwagen feiern konnte. Beliebt war der Vierzylinder zudem wegen seiner recht simplen und robusten Konstruktion bei den vor allem amerikanischen Privatfahrern, die mit einem 750 Monza Mitte der Fünfziger schwer zu schlagen waren.

Unser Exemplar mit der Chassisnummer 0502M, dessen höllisch lauter Motor sich gerade warmhustet, wurde im März 1955 an William Doheny in Kalifornien ausgeliefert und ist das einzige Exemplar mit Scaglietti-Karosserie ohne Kopfschutz hinter dem Fahrer - Doheny wollte mit dem Ferrari auch in Beverly Hills herumcruisen und dachte, er würde ohne Hutze weniger auffallen. Eine ziemlich blöde Idee angesichts des Höllenlärms, der Alles-oder-nichts-Kupplung und des im unteren Drehzahlbereich rumpeligen Motors.

Ab 3.500/min brüllt er wie ein wütender Stier

Auf der Rennstrecke hingegen zeigte 0502M, wofür er gebaut wurde: Allein zwischen Mai und Dezember 1955 gewann Ernie McAfee für Besitzer Doheny acht kalifornische Sportwagenrennen in Folge. Den Löwenanteil am Erfolg hatte sicher der Motor, der mit seinen scharfen Steuerzeiten und zwei riesigen Weber-Doppelvergasern mit 58 Millimeter großen Schlunden zwar im Leerlauf und im unteren Drehzahlbereich nur unwillig gurgelt, dann aber fürchterlich voranstürmt, sobald der Gasfluss im Zylinderkopf stimmt.

Ab 3.500 Umdrehungen brüllt er wie ein wütender Stier, und auf der gefluteten Nordschleife ist das Sperrdifferenzial dauernd bei der Arbeit. Vollgas ist im Grunde nur auf der Geraden möglich, und selbst da versetzt der 780 Kilogramm leichte Ferrari beim harten Einkuppeln. Das unsynchronisierte Fünfganggetriebe sitzt an der Hinterachse, schaltet aber mit Doppelkuppeln und Zwischengas weich und exakt. In den Kurven wechselt das Fahrverhalten unter diesen monsunartigen Bedingungen recht schlagartig vom kopflastigen Untersteuern ins Übersteuern, es bleibt aber beherrschbar - dennoch macht der Monza klar, dass mit ihm nicht immer gut Kirschen essen ist.

Tatsächlich hat der Wagen in dieser Beziehung nicht den besten Ruf: Alberto Ascari starb 1955 in einem 750 Monza, und Paul Frere monierte nach einem Unfall, bei dem er aus dem Ferrari geschleudert wurde, die "widerspenstige Lenkung und die schlechten Bremsen" und resümierte, der 750 Monza sei "ein Stück Holz mit vier Rädern dran und einer prächtigen Maschine."

Durchnässt, aber glücklich

Genau dieser bullige Vierzylinder mit seiner überfallartigen Beschleunigung aber sorgt bei der Fahrt immer wieder für Glücksgefühle, auch wenn das Wasser im Fußraum meterhoch schwappt. Durchnässt wie nie, aber glücklich, klettere ich aus dem Cockpit. Seit einer Vollrestaurierung im Jahr 2000 in Modena hat sich 0502M hauptsächlich auf diversen Concours d'Elegance rumgetrieben; man kann nur hoffen, dass sein neuer Besitzer dem Monza häufiger einen Ausflug auf die Rennstrecke gönnt. Es muss ja nicht bei strömendem Regen sein.

Technische Daten
Ferrari 750 Monza
Außenmaße4165 x 1651 x 1054 mm
Hubraum / Motor2999 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit260 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten