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Ein Auto, zwei Geschichten
Fiat 1100 damals und heute

Inhalt von

Der Fiat 1100 im Spiegel der Zeit: Gert Hack lobte 1966 das überzeugende Gesamtpaket, fand allerdings auch einige Schwächen. Alf Cremers mag – mehr als 45 Jahre später – die unbeschwerte Art des Kleinen.

Fiat 1100
Foto: Frank Herzog

Preiswerte Kleinwagen waren in den Sechzigern noch sehr kompromissbehaftet. Testredakteur Gert Hack bescheinigte dem renovierten Fiat 1100 viele Schwächen. Dennoch konnte er sich mit dem sympathischen Millecento anfreunden. Das antiquierte Auto erntete keinen Verriss.

Sein Testbericht aus auto motor und sport 6/1966: „Es gibt wohl keine Autofabrik der Welt, die ein umfangreicheres und differenzierteres Typenprogramm aufzuweisen hat als Fiat. Auf Grund dieser Tatsache sollte man annehmen, dass es der Firma leicht fallen müsste, technisch etwas veraltete und vom Publikum nicht mehr allzu stark gefragte Modelle einzustellen.

Unsere Highlights

In Deutschland war der Fiat 1100 als „Millecento“ im Angebot

Bei Fiat ist aber gerade das Gegenteil der Fall. Der vor etwa zwei Jahren herausgekommene Fiat 850 hat nicht etwa den Typ 770 abgelöst, sondern ergänzt. Und der kurz nach dem Genfer Salon erwartete, völlig neue Fiat Typ 124, der seine Kraft vermutlich aus 1,2 Litern Hubraum schöpft, wird den Fiat 1100 nicht etwa ablösen, sondern sich zwischen 1100 und 1500 einfügen.

Um den Fiat 1100, der in den letzten drei Jahren unter dem landläufigen Namen „Europa“ bei uns verkauft wurde, auch weiterhin attraktiv zu machen, wurde er gründlich renoviert. Mit entwaffnender Offenheit gibt dies auch Fiat zu – er heißt nämlich in Italien Fiat 1100 R, wobei R für renoviert steht. In Deutschland wird der Wagen unter der schlichten Bezeichnung „Millecento“ verkauft, was 1100 bedeutet.

Weil die Karosserie nun einmal das für den Autokauf wichtigste Kriterium ist, hat Fiat diesem Umstand besonders Rechnung getragen. Die Retuschen an der Karosserie des Fiat 1100 waren so gründlich, dass nur noch das hohe, mit eckigen Seitenfenstern versehene Mittelteil an den Europa erinnert.

Deutliche Änderungen an der Karosserie

Durch moderner gestaltete Vorder- und Hinterteile wird der Eindruck einer niedrigen Gürtellinie erweckt. Die Verwendung kleiner 13-Zoll-Räder mit dicken Reifen (6.15 – 13) hat das hochbeinige Aussehen des Fiat 1100 beseitigt.

Diese Karosserieänderungen beweisen, dass es Fiat mit dem 1100 ernst meint und ihn noch einige Jahre verkaufen will. Aber nicht nur in ihren Proportionen ist die Karosserie ganz gut geglückt, sondern sie bietet auch sonst einige Vorteile. Ihre Übersichtlichkeit ist vom Fahrersitz aus ausgezeichnet, und die Fensterflächen sind auch im Vergleich mit modernen Autos ausreichend groß.

Der Kofferraum ist mit einem Fassungsvermögen von 62 Fußbällen ziemlich geräumig und dank seiner ebenen Bodenfläche und Höhe sehr gut auszunutzen. Auch der Innenraum bietet etwas mehr Platz als bisher, was wohl vor allem auf die günstigere Gestaltung und Anordnung der Sitze zurückzuführen ist. Ein Vergleich der Innenmaße mit modernen deutschen Autos dieser Klasse zeigt, dass der Fiat 1100 R in dieser Beziehung durchaus mithalten kann. Zwar sitzt man immer noch ziemlich steil, aber die Vordersitze lassen sich sehr weit nach hinten verstellen. Und durch das nunmehr mittels einer geteilten Lenksäule besser zur Hand liegende Lenkrad ist eine recht gute Fahrposition gegeben.

Gutes Raumgefühl trotz kompakter Abmessungen

Im vorderen und hinteren Fußraum ist ausreichend Platz; auch die Fondpassagiere sitzen bequem, sofern ihre Anzahl auf zwei beschränkt bleibt. Nach alter Tradition ist der Wagen nur viertürig zu haben. Der Einstieg ist nicht zuletzt wegen des etwas altmodisch hohen Mittelteiles vorn wie hinten relativ bequem Über die Ausstattung kann man sich nicht beklagen. Ernsthaft vermisst haben wir lediglich verstellbare Rückenlehnen, die jedoch gegen Aufpreis zu haben sind.

Die Heizung besitzt jetzt zwei drehbare Entfrosterdüsen auf dem Armaturenbrett und funktionierte bei den allerdings milden Februartemperaturen sehr gut. Auf den Sitzen, die ebenso wie die Seitenverkleidungen mit Kunstleder bezogen sind, fährt man auch lange Strecken ermüdungsfrei, doch würden wir die wahlweise erhältliche Stoffpolsterung vorziehen.

Die leicht veränderte und neu abgestimmte Vorderachse und die ebenfalls etwas modifizierte blattgefederte hintere Starrachse bieten zusammen mit den großvolumigen Reifen einen recht guten Federungskomfort, der den Wagen deutlich aus der Kleinwagenkategorie heraushebt. Obwohl die Federung keineswegs zu weich wirkt, werden Unebenheiten aller Art gut verarbeitet, ohne störend auf die Insassen zu wirken.

Fiat 1100 R mit gutmütigem Fahrverhalten

In seinen Fahreigenschaften ist der Fiat 1100 R gutmütig. In schnell gefahrenen Kurven verhält er sich leicht untersteuernd, wobei in engen Kurven das innere Hinterrad sehr früh zum Durchdrehen neigt. Freilich sind die Kurvengeschwindigkeiten nicht atemberaubend, und auf welliger Bahn versetzt auch die Starrachse gelegentlich, doch wird man als Fahrer im Fiat 1100 nie vor Probleme gestellt, zumal auch geringe Windempfindlichkeit und gute Richtungsstabilität zu seinen Tugenden zählen. Neu am Fiat 1100 R sind vor allem die Scheibenbremsen vorn.

Allerdings konnte die Bremsanlage in ihrer Wirkung beim Testwagen nicht ganz überzeugen, da im kalten Zustand die trommelgebremsten Hinterräder zum Blockieren neigten und die erreichbare Verzögerung schmälerten, während im warmen Zustand nach starker Beanspruchung Fading auftrat.

Ebenfalls neu ist die Knüppelschaltung, mit der sich das Getriebe exakt und schnell schalten lässt. Das Getriebe selbst ist für heutige Verhältnisse eine Zumutung. Nicht nur, dass der erste Gang unsynchronisiert ist, auch die Abstufung gehört wie das Getriebe offensichtlich einer vergangenen Epoche an. In den unteren drei Gängen hat es wenig Sinn, über 30, 55 und 80 km/h hinauszudrehen, weil der Motor höhere Drehzahlen nur unwillig und geräuschvoll von sich gibt.

Bewährte Technik mit Vorkriegs-Genen

Zwar reicht der dritte Gang unter Missachtung dieser Tatsache bis zirka 95 km/h bei 6200/min, doch steht der Beschleunigungsgewinn in keinem Verhältnis zum Aufwand. Entsprechend schlecht ist auch der Anschluss an den relativ lang übersetzten vierten Gang, wodurch der Fiat 1100 R für Beschleunigungs- und Überholmanöver denkbar schlecht geeignet ist. Die Annehmlichkeiten dieser kurzen Gangstufen lassen sich nur in der Stadt genießen, wo man praktisch alles im Dritten fahren kann, der bis zirka 15 km/h herunterreicht.

Den ersten Gang benötigt man nur zum Anfahren, obwohl sich dies auch ohne große Anstrengung im zweiten Gang erledigen ließe. Öffnet man die Motorhaube, so findet sich ein alter Bekannter wieder, nämlich der Motor des ehemaligen NSU/Fiat Neckar Spezial, der sich für den 1100 R einer Verjüngungskur unterziehen musste, die ihn aber offenbar nicht sehr beeindruckt hat.

Ein neuer Horizontal-Doppelvergaser, geänderte Luftfilter und eine verbesserte Auspuffanlage sorgten dafür, dass der wiederum auf 1089 cm3 abgemagerte Langhuber 48 PS bei 5000/min abgibt – so viel wie der alte Neckar Spezial-Motor (48 PS bei 5300/min; 1089 cm3) oder der hubraumstärkere Motor des Europa (48 PS bei 5100/min; 1221 cm3). Nach wie vor zählt die Maschine nicht zu den kultiviertesten ihrer Klasse, weil sie relativ laut und rau läuft und sich hohe Drehzahlen nur mit Mühe abzuringen vermag.

Leistungsvorsprung erwartet

Wie alle Langhuber ist er allerdings im niederen Drehzahlbereich sehr elastisch und angenehm zu fahren. Doch ändert dies nichts an der Tatsache, dass der Motor neben dem Getriebe in diesem sonst modernen Auto deplatziert wirkt.

Dass unter diesen Voraussetzungen keine übermässigen Fahrleistungen zu erwarten sind, war vorauszusehen. So wunderte es uns auch nicht, dass der 1100 R noch etwas schlechter beschleunigt als der alte Europa, der schon nicht zu den lebendigsten Wagen zählte.

Zwar ist die Höchstgeschwindigkeit mit 131 km/h nicht gerade niedrig, doch erwartet man von einem Fiat einen gewissen Leistungsvorsprung gegenüber anderen Fahrzeugen seiner Klasse, der jedoch beim 1100 R zweifellos nicht mehr gegeben ist. Denn man hat Mühe, sich einen gut gehenden VW 1300 vom Leib zu halten, während man gegen moderne Elfhunderter von NSU oder Opel keine Chancen hat.

Angenehmer Frequenzbereich im Inneren

Freilich bildet auch hier die solide Bauweise des Fiat 1100 R ein gewisses Handicap, denn mit 849 kg Leergewicht ist er nicht gerade leicht zu nennen. Doch hätte man diesem Umstand durch einen etwas leistungsfähigeren Motor Rechnung tragen können, zumal der Europa, bei noch höherem Gewicht, bessere Fahrleistungen aufzuweisen hatte.

Das Innengeräusch wird auch bei hohen Geschwindigkeiten eindeutig vom Motor bestimmt, stört aber trotz erheblicher Phonwerte nicht allzusehr, weil es offenbar in angenehmen Frequenzbereichen liegt. Die Getriebegeräusche und Geräusche in der Kraftübertragung sind gering (Ausnahme erster Gang). Auch wurde durch eine geteilte Kardanwelle ein in dieser Klasse seltener Aufwand getrieben, um vor störenden Vibrationen dieser Art verschont zu bleiben.

Schwergängige Lenkung

Ein leider nicht auszurottendes Relikt des klassischen Automobilbaus scheint die ungenaue und relativ schwergängige Lenkung zu sein, mit der bisher sämtliche Elfhunderter ausgestattet waren. Zwar hält sie sämtliche Fahrbahnstöße vom Lenkrad fern, doch ist sie für präzises Fahren und schnelle Lenkradkorrekturen nicht sonderlich geeignet und lässt den Wagen unhandlicher erscheinen, als er in Wirklichkeit ist.

Das Konzept des Fiat 1100 R ist keineswegs veraltet, denn es gibt noch eine Menge moderner und weit später entwickelter Autos, die nach dem gleichen Prinzip gebaut werden. Allerdings hätte man bei der Renovierung noch konsequenter sein und auch den Motor und das antiquierte Getriebe miteinbeziehen sollen. Dafür ist der Fiat 1100 R in seiner Klasse ein sehr preiswertes Angebot, und er hat genügend Vorzüge auf anderer Ebene zu bieten.

Fiat 1100 R mit gelungenem Gesamtpaket

Für rund 5.500 Mark bekommt der Kunde so leicht kein anderes viertüriges vollwertiges Automobil, dessen Ausstattung und Qualität der Verarbeitung an die des Fiat 1100 R herankommen. Zudem ist der Wagen in seiner langen Bauzeit so ausgereift, dass man ihm vertrauen kann.

Ob Neckar, Europa, NSU-Fiat, 1100 Speciale oder Millecento - die Turiner Kompaktlimousine, intern Typ 103, hörte in den 17 Jahren Produktionszeit auf viele Namen. Der konventionelle Kleinwagen, der auch in Heilbronn vom Band lief, ist in seiner genialen Effizienz ein typisches Kind des legendären Fiat-Konstrukteurs Dante Giacosa.

Fiat mit verschwenderischer Typenvielfalt

Fiat hatte schon immer ein großes Talent, kleine Autos zu bauen. Dicht gestaffelt prägten sie seit jeher das Modellprogramm. 500, 600, Multipla, 770, 850 nebst Sonderkarosserie und schließlich 1100, 124 und 128 sorgten vor allem in den Sechzigern für eine verschwenderische Typenvielfalt allein in der Hubraumklasse bis 1.200 Kubik.

Die betagte Einfach-Konstruktion 1100 mit einem Vorkriegs-Vierzylinder - immerhin kopfgesteuert mit hängenden Ventilen - und einer klar gezeichneten Ponton-Karosserie aus den frühen Fünfzigern überschnitt sich sogar ein Jahr mit dem quertreibenden Frontantriebs-Revoluzzer Fiat 128. Erst 1970 endete die Produktion nach knapp über zwei Millionen Exemplaren.

Gert Hack testete 1966 die letzte Version des Millecento, den 1100 R, intern 103 P. Da bekam der Kleine noch einmal ein leichtes Facelift an Front- und Heckpartie, Knüppelschaltung und breitere 13-Zoll-Räder statt der schmalen 14-Zöller.

Taubenblaues Sahnestück

Für Motor Klassik stand zum Auffrischen des Fahrerlebnisses mit diesem liebenswerten, aber seltenen Fiat der Vorgänger 1100 D, intern 103 G, zur Verfügung. Es ist ein taubenblaues Sahnestück mit leicht patiniertem Originallack samt italienischem Verkaufsprospekt und der Rechnung vom Oktober 1963 aus der Oldtimer-Fundgrube von Mirsad Besic in Kolbermoor.

Gerne nehme ich auf dem Stoffsitz hinter dem dünnen Zweispeichen-Lenkrad Platz. Das Raumgefühl ist nicht beengt, sondern für einen Wagen von der exakten Größe eines A-Kadett sehr entspannt. Vier Türen und ein relativ langer Radstand lassen den Millecento keineswegs pummelig wirken.

Das Zündschloss liegt in der Mitte der Instrumententafel wie bei einem Jaguar Mk II, der winzige Handbremshebel am Mitteltunnel wird vom eigenen Hosenbein verdeckt. Der tapfere kleine Vierzylinder, im 1100 D immerhin ein Zwölfhunderter mit 48 PS, rasselt freudig los.

Triebwerk tat noch im Panda seinen Dienst

Vor der FIRE-Ära, Kenner wissen schon: „fully integrated robotized engine“, tat dieser unverwüstliche und lebhafte Schreihals in der 903-Kubik-Variante noch im Panda seinen Dienst. Der unsynchronisierte erste Gang heult wie bei einem Mini, danach geht es bei mittleren Drehzahlen gesittet weiter. Die exakte Lenkradschaltung ist wegen ihrer lässigen Andersartigkeit ein Quell großer Freude.

Während ich die Gänge sortiere, die stehenden Pedale eifrig trete und mich in den Überlandverkehr einfädele, entgleitet mir ein herzhaftes Lachen – und nach völligem Kontrollverlust hallt plötzlich das Wort „süss“ durchs Auto. Die grosszügig verglaste und nur notdürftig gedämmte Pontonzelle des Fiat 1100 wirkt wie ein großer Resonanzkörper.

Trotz blechernen Türenklangs wirkt der Fiat nicht billig, sein heller Innenraum ist geschmackvoll ausstaffiert. Seine Bescheidenheit, ohne primitiv zu sein, regt zum Nachdenken an. Acht Liter Verbrauch, 850 Kilo fahrfertig, ein Methusalem von 1953 lehrt uns, Ressourcen zu schonen.

Keineswegs primitiv

Natürlich verraten viele Merkmale des Fiat 1100 D den Rotstift der Kaufleute. Aber bis auf den unsynchronisierten ersten Gang und einer nicht besonders gelungenen Getriebeabstufung, die sich nur durch die Elastizität des bärbeißigen Vierzylinders überspielen lässt, schmerzt nichts wirklich.

Neben vier Gängen gönnt er sich sogar eine 12-Volt-Anlage und eine geteilte Kardanwelle, technische Merkmale, die erst eine Klasse höher selbstverständlich sind. Gut, der nur dreifach gelagerte 1200er unter der immerhin selbstarretierenden Motorhaube ist kein Ausbund an Drehfreude (anders als sein kleiner 903er-Bruder), und der winzige Solex-Vergaser unter der Luftfilter-Konservendose zeugt von allzu sparsamer Alimentierung. Gert Hack maß im ams-Test in Heft 6/1966 stramme 130 km/h Spitze und knapp 25 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Fahrspaß auf naive, unbeschwerte Weise

Das Fahrwerk des 1100 bietet keine Überraschungen. Die Parole lautet auch hier guter Durchschnitt, vorne Doppelquerlenker an Schraubenfedern, immerhin keine primitive Querblattfeder. Hinten übernehmen allerdings Blattfedern Führung und Federung der starren Achse.

Das einfache Rezept wirkt keine Wunder, sorgt aber für brauchbaren Komfort und ein sicheres, untersteuerndes Fahrverhalten. Nur die ausgehärteten Michelin XM-Reifen bringen das Heck bei losem Untergrund ziemlich schnell zum Wegwischen. Der Fiat 1100 D macht auf naive, unbeschwerte Weise Spaß. Er bietet - anders als ein verhätschelter 500 - das Leistungsminimum, um im Verkehr gut mitzuschwimmen.

Technische Daten
Fiat 103 TV
Hubraum / Motor1089 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit135 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten