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Ferrari Mondial QV und Lotus Turbo Esprit
Donnerkeile, die Dampf machen

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Edle Technik in einer dezenten Verpackung kennzeichnet den Ferrari Mondial QV. Der wilde, exotische Lotus Turbo Esprit hc bietet eine ganz andere Art des Vergnügens – zum ähnlichen Preis.

Ferrari Mondial Quattrovalvole und Lotus Turbo Esprit HC
Foto: Hardy Mutschler

Lotus Turbo Esprit HC heißt diese grellrote Flunder aus dem englischen Norwich. Neben ihr wirken andere Autos so aufregend wie die Fernsehübertragung einer mehrstündigen Zeremonie aus dem britischen Königshaus. Die Bluthochdruck erzeugende und extrem keilförmige Karosserie des Esprit schuf übrigens der italienische Stardesigner Giorgetto Giugiaro.Wie ein Karatekämpfer scheint er sie mit gezielten Handkantenschlägen aus dem Vollen gehauen zu haben.

Unsere Highlights

Eine erste Probe dieser männlichen, weil rundungslosen Formensprache hatte er 1972 beim Turiner Salon in Gestalt eines Concept Cars präsentiert. 1975 mutierte dieses zum Lotus Esprit – ein ultraflacher Kunststoffflitzer mit Zentralrahmen und Mittelmotor, der es, James Bond sei Dank, zu einem beachtlichen Bekanntheitsgrad brachte.

Ab 1980 geht's mit Hochdruck auf die Piste

Die Turbo-Ära der Esprit-Baureihe begann 1980 mit einer Party in der Londoner Albert Hall, veranstaltet vom damaligen Lotus Formel 1-Sponsor Essex-Petroleum. Der Höhepunkt dieses Fests war die Enthüllung eines Sondermodells – des Essex Turbo, ein in den Sponsorfarben lackierter, tief greifend modifizierter Lotus Esprit mit einem 2,2 Liter großen und 213 PS starken Vierzylinder. Zwar hatte bereits zwei Jahre zuvor ein Lotus-Händler namens Bell & Colvill einige Esprit mit Turbos aufgeputscht, doch nun setzte Lotus selbst den kantigen Zweisitzer unter Druck.

Nur ein Jahr später reifte das Sonder- zum Serienmodell. Der Lotus Esprit Turbo wies mit markantem Front- und Heckspoiler, betonten Seitenschwellern mit Lufteinlässen und dem mit Lamellen verkleideten Heckfenster mehr Kanten und Ecken auf als der Buckingham Palace. Höhepunkt dieser wilden Turbo-Versionen mit Giugiaro-Karosserie war der 1986 herausgebrachte Lotus Turbo Esprit hc, der in perfektem Zustand derzeit mit mehr als 21.000-Euro gehandelt wird. Dafür bekäme man aber mit glück auch einen anderen Sportwagen der 80er Jahre mit einem deutlich imageträchtigeren Namen – ja, genau, einen Ferrari, den Ferrari Mondial in gutem Zustand.

Erstklassige Rennpferde aus beiden Ställen

Wie Lotus-Gründer Colin Chapman züchtete auch Enzo Ferrari in seinem Stall erstklassige Rennpferde. Doch die für den Alltag gedachten Hengste werden üblicherweise wesentlich höher bewertet als die englisch wiehernden – es sei denn, sie sind ein wenig aus der Art geschlagen wie der 1980 beim Genfer Salon präsentierte Ferrari Mondial. Diese Modellbezeichnung ruft Erinnerungen an einen gleichnamigen offenen Rennsportwagen aus den frühen 50er Jahren wach, doch mit einem reinrassigen Sportgerät hat der modernere Ferrari Mondial nichts zu tun.

Er trat die Nachfolge des 2+2-sitzigen Dino 308 GT/4 an und richtete sich an Sportwagenliebhaber, die gern mit Familie reisen und Wert auf einen dezenten Auftritt legen. Altmeister Pininfarina zog alle Register, um trotz der Mittelmotoranordnung ein Blechkleid mit Platz für Papa, Mama und Bambini zu schaffen. Sein Werk mit dem ungewöhnlich weit nach vorne gerückten Passagierabteil erzeugte dann allerdings nur verhaltene Begeisterung – wie der Anblick von Ornella Muti im Rollkragenpulli. Dennoch ist das Design des Ferrari Mondial nicht ohne Reize.

Die Seitenansicht des Ferrari Mondial offenbart eine leichte Keilform, die Gürtellinie verläuft wie die Meeresoberfläche in der Lagune von Venedig in sanften Wellen über die Radhäuser hinweg, und die steil stehende, an den äußeren Enden nach hinten gekrümmte Heckscheibe knüpft Familienbande bis zum Dino 206 GT. Leider stimmten auch die inneren Werte des Ferrari Mondial damalige Ferrari-Fans verdrießlich.

Denn ausgerechnet mit jenem V-Achtzylinder, der zwecks Abgasoptimierung seines Giftzahns beraubt worden war, feierte der Ferrari Mondial 8 Premiere. So war es kein Wunder, dass er sich nicht gerade zum begehrtesten Ferrari-Modell entwickelte. Doch genug der Theorie, starten wir zur Ausfahrt. Nimm mich zuerst, scheint der aggressiv gestylte Flachmann aus England zu rufen. Zugegeben, diesem Tiefflieger, der auf andere Verkehrsteilnehmer wie eine Kampfansage wirkt, ist schwer zu widerstehen. Also los. Wegen des breiten Schwellers und des niedrigen Dachs sollte beim Einsteigen in den Lotus Esprit Turbo jede Bewegung genau überlegt sein, um Verknotungen der Gliedmaßen vorzubeugen.

Lotus Esprit: Sichtverhältnisse katastrophal

Wenn das Gesäß in eine Mulde rutscht, ist das Ziel erreicht. Man liegt nun in einer tief ausgeformten Sitzschale, fest positioniert zwischen Tür und der hohen Mittelkonsole des Lotus Esprit Turbo – und ahnt bereits, dass Esprit-Fahren einem schnellen, wilden Tanz mit innigem Hüftkontakt gleichkommt. Die Sichtverhältnisse sind katastrophal. Die Fahrzeugbreite ist nur schwer einzuschätzen, und für alles, was hinter dem Lotus Esprit geschieht, sollte man sich erst gar nicht interessieren. Zudem lässt die tiefe Sitzposition in dem nur 1,12 Meter hohen Geschoss die Übersicht vermissen. Im Stadtverkehr informiert der Blick aus dem Seitenfenster allenfalls über die neueste Bauch-Piercing-Mode oder die Durchmesser von Lkw-Auspuffrohren. Aber wer nach vorn schaut, sieht genau das, worauf es ankommt – die Straße, die direkt ins Cockpit zu münden scheint.

Der größte Spaß stellt sich im Lotus Esprit Turbo zweifellos ein, wenn es sich dabei um eine kurvige Landstraße handelt. Direkt im Rücken des Fahrers tobt ein hochgezüchteter Lotus-Alu-Vierzylindermotor des Typs 910, ein Vierventiler mit zwei obenliegenden Nockenwellen, der es dank eines Garrett T3-Turboladers auf die stattliche Leistung von rund 100 PS pro Liter bringt. Im Modell Lotus Esprit Turbo hc, was für high compression steht, fallen 218 PS bei 6.000/min an. Doch vor allen Dingen sorgt das auf 298 Nm bei 4.250/min gewachsene Drehmoment für mehr Fahrspaß gegenüber dem Normal-Turbo.

Lotus mit göttlichem Getriebe

Das Triebwerk des Lotus Esprit Turbo hc röhrt und ballert beim Gaswegnehmen,dass es eine Freude ist. Wer jenseits von 2.000/min auf das zierliche Gaspedal tritt, registriert mit Begeisterung, wie der Zeiger der Ladedruckanzeige in die Höhe schnellt und der Lotus Esprit Turbo wie entfesselt losstürmt. Nicht nur die vehemente Beschleunigung, die allerdings nicht ganz die optimistische Werksangabe von unter sechs Sekunden auf Hundert erfüllt, sondern auch die Durchzugskraft sorgen für ein Gefühl extremer Leichtfüßigkeit. Man ist nicht ständig gezwungen, das aus dem Citroën SM stammende Fünfganggetriebe mit relativ langen Schaltwegen zu bemühen. Doch der Esprit stachelt einen unentwegt an, Tempo zu machen.

Das kleine Lederlenkrad, beim Rangieren nur mit viel Kraft zu drehen, verlangt in flotten Kurven kaum weniger kräftiges Zupacken. Und mit der sehr direkten Lenkung lassen sich mit dem Lotus Esprit Turbo Haken wie ein Hase schlagen.

Mondial: im Vergleich zum Esprit eine Kathedrale

Steigen wir um. Während eine wie ein Staubsauger klingende Pumpe die Warmluft aus dem Ansaugtrakt des ruhenden Esprit entfernt, nähern wir uns dem Ferrari Mondial. Mit Herzklopfen? Ein bisschen schon, denn schließlich ist es ein Ferrari. Und zudem handelt es sich um die leistungsstärkere Quattrovalvole-Version, die 1982 den etwas müden Mondial 8 ablöste. Vom Charakter her ist dieses geräumigere Coupé nicht mit dem Esprit vergleichbar. Dennoch weiß der Ferrari Mondial seinen Fahrer zu faszinieren – wenn auch mit anderen Qualitäten. Der in duftendem, feinen Leder ausgeschlagene Innenraum und Accessoires wie elektrisch verstellbare Außenspiegel oder eine Klimaanlage befriedigten damals jene Klientel, die sich bei Armani und nicht im Supermercato einkleidete.

Die Sitzposition im Ferrari Mondial ist aufrecht, sodass das feine Tuch des Fahrers nicht so viele Falten wirft. Zwar mangelt es an Seitenhalt, aber dieser Ferrari ist nicht dafür gedacht, täglich auf der Hausstrecke Bestzeit zu fahren. Der 240 PS leistende V8 hält sich im unteren Drehzahlbereich akustisch vornehm zurück, klingt andererseits wesentlich voller als der Lotus-Motor. Kein Wunder, wartet er doch dank des größeren Hubraums und der doppelten Zylinderzahl mit einem Klangkörper eines Luciano Pavarotti auf – während die Esprit-Maschine nur Rory Gallagher-Format bietet. Wir treten das Gaspedal des Ferrari Mondial weiter durch. Sauber und gleichmäßig zieht der Motor hoch – ein Genuss.

Dann endlich, jenseits von 4.500/min, ertönt das ersehnte Roaar, das bis 8.000/min anhält und zu einem Ferrari gehört wie ein überdurchschnittliches Talent für schnelle Kurven. Auch das bietet der Ferrari Mondial.Wegen des längeren Radstands ist er aber lange nicht so wendig wie der Lotus, hingegen punktet er mit seiner präziseren Lenkung.

Okay, der Ferrari Mondial ist nicht so agil und kompromisslos wie der Lotus Esprit Turbo. Aber wer ihn als einen Sportwagen mit Alltagsqualitäten sieht, hat an ihm seine helle Freude. Die Wahl, welchen nehmen, fällt letzten Endes schwer. Vielleicht reicht das Geld ja für beide.

Technische Daten
Ferrari Mondial Quattrovalvolve Coupé Lotus Esprit Turbo HC
Außenmaße4580 x 1790 x 1260 mm4290 x 1855 x 1120 mm
Hubraum / Motor2927 cm³ / 8-Zylinder2174 cm³ / 4-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit243 km/h235 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten