MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"7130834","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}

Daimler SP 250 und Sunbeam Alpine im Fahrbericht
Roadster-Raritäten

Inhalt von

Offene Sportwagen aus England sind fester Bestandteil der Oldtimer-Szene. Hier sind 2 Alternativen zum MG/Triumph-Einerlei. Daimler SP 250 mit kräftigem V8 und Sunbeam Alpine – kleiner Bruder des Tiger.

Daimler SP 250, Sunbeam Alpine, Frontansicht
Foto: Arturo Rivas

Allzu locker dahingeworfene Automobilnamen können große Verwirrung stiften. Beispiel: „Ich fahr einen Daimler, den SP 250“. Oder: „Ich brauche dringend ein neues Cabrio-Dach für meinen Alpine.“ Hier reden die Besitzer weder über einen Mercedes-Benz aus Stuttgart-Untertürkheim noch einen Renault Alpine aus Dieppe, sondern über seltene englische Roadster aus Coventry. Sunbeam Alpine und Daimler SP 250 sind zwei 1959 vorgestellte Cabrios, die wie Austin-Healey, MG, Jaguar und Triumph primär am Sportwagen-Boom in den USA teilhaben sollten.

Unsere Highlights

Sunbeam Alpine ist der kleine Thunderbird aus England

Sunbeam präsentierte mit dem Alpine einen kompakten Roadster im Stil des Ford Thunderbird, der sich durch große Alltagstauglichkeit auszeichnet. Das zeigt sich bereits beim bequemen, limousinenhaften Einsteigen. Zudem muss ein Fahrerarm nicht ständig wegen Platzmangels zum Fenster raushängen.

Der perfekt eingestellte Sunbeam Alpine-Vierzylinder, der uns von Trendy Cars Bern zur Verfügung gestellt wurde, startet im warmen Zustand beim ersten Schlüsseldreh. Sofort ertönt das typische Auspufftrompeten eines England-Roadsters. Kein dumpfes V8-Brabbeln – der Alpine ist kein Tiger. Der Sunbeam Tiger ist das gleiche Auto mit dem V8 des Ford Mustang und hat mit seinen 203 SAE-PS gut doppelt so viel Power wie der Alpine-Vierzylinder. Deshalb ist der Tiger bei uns fast weiter verbreitet als sein schwächerer Bruder. Kann da trotzdem Freude aufkommen?

Und ob! Hat man sich an die mit den letzten Millimetern zupackende Kupplung gewöhnt, kommt in der Miniatur-Ausgabe des Ford Thunderbird nur noch Freude auf. Der 1,7-Liter-Vierer hängt folgsam am Gas und kombiniert das Auspufftrompeten mit überraschend rasantem Vortrieb.

Auch mit 93 PS geht es sportlich vorwärts

Immerhin liegt die Motorleistung mit 93 PS auf dem Niveau eines MG B. Hinzu kommen das geringe Gewicht des Sunbeam Alpine von 992 Kilogramm und eine mit 4,22:1 ultrakurze Achsuntersetzung. Der in den Gängen 3 und 4 über den linken Lenkstockhebel bequem zuschaltbare Overdrive relativiert diese Zahl und bietet in Summa sechs Gänge.

Auch dank der zielgenauen Lenkung dieses späten Sunbeam Alpine der Series V von 1967 gewöhnt man sich schnell an den sportlich-unkomplizierten Cabrio-Kumpel. Somit empfiehlt sich der Sunbeam als feine Alternative zu Alfa Spider und MG B, bietet aber mehr Platz und Komfort.

Dennoch konnte der immerhin von 1959 bis 1968 gebaute Roadster Alpine den Niedergang der etablierten Marke nicht verhindern, die bereits 1901 ihr erstes Serien-Automobil vorstellte. Seit 1935 gehörte Sunbeam zusammen mit Talbot zur Rootes Group, einer Fusion von Hillman, Humber, Singer und anderen Marken. Doch der wilde Modell- und Technik-Mix (zum Beispiel Hillman Imp von 1963 mit Heckmotor) sowie ein eher konservatives Design führten 1967 zum Verkauf der Rootes Group mit Talbot und Sunbeam an Simca-Chrysler. Das letzte aus England stammende Auto dieser Ära war der Chrysler Sunbeam von 1977, der als Rallye-tauglicher Talbot Sunbeam Lotus sogar an die Glanzzeiten eines Sunbeam Tiger erinnerte.

Daimler-V wie Victory?

Wir wechseln in den Daimler SP 250, dessen Karosserie einige optische Eigenarten parat hält. Nichts gegen den gelegentlich als Fischmaul bezeichneten, tief liegenden Kühllufteinlass mit Chromgrill und übergroßem „V“. Auch die im Vergleich zum Sunbeam etwas gewagteren Heckflossen lassen wir noch durchgehen. Aber die in die Flanken hineinmodellierten Kotflügelschwünge im Stil eines Vorkriegs-Autos sind nun wirklich reinstes Rokoko.

Der tief montierte Fahrersitz muss mit einer Seitpferd-Turnübung bestiegen werden. Hier im Daimler SP 250 herrscht noch die alte Roadster-Schule mit innigem Kontakt zum Lenkrad und wenig Platz neben dem Kupplungspedal. Wie beim Sunbeam startet der warme Motor mit dem ersten Schlüsseldreh und bollert los wie eine alte Boxer-Renn-BMW. Jetzt bekommt das große Chrom-V an der Roadster-Front auch seinen Sinn: Unter der Daimler-Motorhaube steckt ein 140 PS starker 2,5-Liter-V8, der auf jedes Gaspedalzucken mit einen gedämpften Maschinengewehr-Feuerstoß reagiert.

Im Vergleich zum Holz-Armaturenbrett des Sunbeam wirkt das mit Leder bespannte Instrumenten-Panel des Daimler SP 250 sehr sportlich. Diesen Eindruck unterstützt der aus Stahl geformte, kurze Schalthebel, der knackige „Klick-Klack“-Gangwechsel ermöglicht.

Souveränes Roadster-Reisen

Unsere Ausfahrt über Schweizer Landstraßen beginnt an der Oldtimer-Galerie Toffen in der Nähe von Bern, wo der gelbe Daimler SP 250 zum Verkauf steht. Um die maximal erlaubten 80 km/h zu erreichen, wechseln wir im 2-Sekunden-Takt die Gänge und genießen dabei das ungewöhnliche V8-Ballern. Bei 80 km/h im vierten Gang zeigt die Nadel des Drehzahlmessers gerade einmal 2800/min. So geht souveränes Roadster-Reisen.

Doch der Daimler SP 250 kann auch anders – wenn man das Gaspedal voll durchdrückt und erst bei 5.000/min die Gänge wechselt. Dann zeigt der leichtgewichtige V8-Roadster beim Beschleunigen eine wütende Entschlossenheit und donnert fast todesmutig und ohne Rücksicht auf seinen überforderten Kastenrahmen auf die nächste Kurve zu, deren Bewältigung den ganzen Mann erfordert: Zunächst maximaler Druck auf das Bremspedal, dann geht es mit viel Armkraft leicht schaukelnd um die Biegung. Aber es macht riesigen Spaß, dieses V8-Tier zu bändigen. Es erinnert an einen Bluthund, der wie wild an der Leine zerrt, während er eine Fährte verfolgt.

Erst eigenständig dann umgelabelte Jaguar-Limousinen

Auch der Daimler SP 250 konnte trotz seines kräftigen V8 den Niedergang der Traditionsmarke nicht verhindern. Frederick Richard Simms erwarb bereits 1891 die Lizenz für die Herstellung und den Verkauf des Daimler-Motors in England, nach dem sich die Firma benannte: Daimler Motor Company. Man produzierte bis zum Zweiten Weltkrieg meist exklusive Luxuswagen, Lastwagen, Radpanzer und Flugmotoren.

Nach dem Krieg schlug sich Daimler mit Bussen und konservativ gestylten Luxusautos durch. Als 1960 die Daimler Motor Company ihren Besitzer wechselte und von BSA an Jaguar überging, bedeutete dies das allmähliche Ende der eigenständigen Fahrzeug-Produktion einschließlich des Daimler SP 250. Mit Ausnahme des Daimler DS 420 für das britische Königshaus waren die Autos mit dem „D“ zuletzt nur noch Luxus-Varianten von Jaguar-Modellen, erkennbar am zweigeteilten, oben gewellten („fluted“) Kühlergrill. Da bietet doch unser gelber Daimler-Roadster deutlich mehr formale Eigenständigkeit.

Fazit von Motor Klassik-Redakteur Franz-Peter Hudek

Die Begegnung mit den beiden exotischen Briten war voller Überraschungen und sehr erkenntnisreich.

Zunächst macht der Sunbeam Alpine auch ohne V8, der immerhin 172 zusätzliche Kilogramm ins Auto bringt, riesigen Spaß. Der Alpine fährt sich flink und wendig. Seine Handhabung ist dabei komfortabel und bequem – ein perfekter Alltagsklassiker.

Ganz anders der Daimler SP 250, genannt „Das Tier“. Trotz seiner mondän-verspielten Optik verlangt er beim schnellen Fahren nach kräftigen Händen (und Beinen), die den fröhlich davonbretternden V8-Roadster zähmen. Aber das macht gerade den Reiz des Daimler aus: Er ist ein kerniges Männerauto und spielt in der Healey-Liga ganz vorne mit.

Technische Daten
Daimler SP 250 2.5 V8 Sunbeam Alpine Mk I
Außenmaße3944 x 1537 x 1308 mm
Hubraum / Motor2547 cm³ / 8-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit150 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 08 / 2024

Erscheinungsdatum 04.07.2024

164 Seiten