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Citroën 2 CV Retro-Tuning im Fahrbericht
Heißgemachte Ente

Inhalt von

Citroën 2 CV – die Ente. Bei ihr gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man mag sie oder man hasst sie. Björn Faasen aus Herten im Ruhrgebiet mag sie sehr und hängt ihr sogar am Rockzipfel – äh Bürzel.

Citroen 2CV retro Tuning
Foto: Arturo Rivas

„Rost macht mich geil! Ich liebe ihn.“ Diese Worte stammen von Björn Faasen. Ich werde sie nie vergessen. Ganz sicher, weil er der Einzige ist, dem man diese Aussage ernsthaft abkaufen kann. Während unsereins stets bemüht ist, das automobile Schätzchen vor der braunen Pest zu bewahren, plappert der muntere 32-Jährige solch einen Blödsinn. Mit seiner Jobwahl als Karosseriebau-Meister hat er da ebenso wie mit seinem Hobby – der Ente – die richtige Beschäftigung für Alltag und Abend gefunden.

Unsere Highlights

Ausgangsbasis: Eine Ente im „Müllzustand“

Einer sportlichen Betätigung kommt er seit 18 Jahren mit dem Rollschuh fahren nach. Die zweite haftende Aussage aus unserer gemeinsamen Schweiß-Historie an einem Mini ist: „Anna, ich hab mir da was überlegt. Ich baue eine richtig geile Kiste.“ Lange ist es her, so etwa fünf Jahre. Könnten auch sechs gewesen sein. Er sprach damals in wirren Worten und mit verschwitzten Händen von seinem Traum. Breit. Bunt. Anders. „Ja, ja, mach du nur mal“, sagte ich mir damals. Tatsächlich stand kurze Zeit später eine Citroën 2CV-Rostlaube in Björns kleiner Scheune. Ein Tauschgeschäft gegen seinen Citroën ZX.

„Die Karre war Müll“, umschreibt er liebevoll den damaligen Zustand seines Schützlings. Bis dato besaß der Hertener bereits grob 20 Enten. Von schlachtreif bis pokalverdächtig. In seinem Citroën 2CV-Ersatzteilsammelsurium lässt sich durch Türen, Kofferraumklappen und Hauben wie anderswo in einer gut sortierten Schallplattensammlung blättern. Doch obwohl er auf ein mehr als grosszügiges Kontingent zurückgreifen kann, entschied sich Björn bei „Der Grünen“ hauptsächlich für Neuteile – zumindest was das substanzielle Blech angeht.

Fast komplett aus Original-Zubehör zusammengebaut

Zahlreiche Besuche auf ein Feierabend-Bier zeigten für mich damals nur kleine Schritte, doch Björn blieb eisern mit dem alten Eisen. „Gut, ich musste arg sparen. 9.000 Euro hat mich der Spaß gekostet“, addiert er. Und dabei ist die meisterhafte Arbeitsleistung natürlich nicht miteingerechnet. Genau hier ist auch der richtige Punkt, um allen Citroën 2CV-Original-Fans, die momentan erschüttert über diese Zeilen fliegen, Wut verspüren und dieses Fachmagazin noch allzu vorzeitig beiseite legen wollen, eines verraten: Der Breitbau-Quaker ist fast ausschließlich aus original Enten-Zubehör gebaut.

Das glaubt wahrscheinlich keiner, aber auf den folgenden Zeilen steht zu lesen, was der TÜV-Prüfer in dreieinhalbstündiger Tipparbeit in die Papiere eingetragen hat. Zuerst decken wir einmal das „Fast“ auf: Ja, bei dieser Extrem-Ente sind Fremdteile verbaut. Genau zwei hintere Kotflügelrundungen eines VW Käfers. Das war's. Diese verpaarte Björn nämlich mit jeweils zwei einzelnen Enten-Kotflügelbacken pro Seite an der Vorderachse seines Citroën 2CV.

„Fast die gleichen Teile gab es damals auch als Citroën 2CV-Zubehör zu kaufen. Allerdings nur aus GFK. Das ist doch nix“, erklärt der „Blech-Batscher“. Trotz Liebe zum alten, rostenden Material begnügte er sich an der Hinterachse mangels Zeit mit Parts aus Fiberglas von Arndt Tuning. Natürlich ebenfalls original Zubehör aus den 80ern. Ja, sogar den fetten Frontspoiler gab es damals zu kaufen. Allerdings etwas schmaler als an Björns Werk.

Ente mit 225er-Schlappen an der Hinterachse

Gut eine Hand breit musste gezogen werden, damit die dicke Lippe zu den wulstigen Bäckchen passte. „Das sieht doch sonst mies aus“, meint der Erbauer. Ebenso die Heckstoßstange – ehemals zwei aus den 70ern. Spätestens jetzt dürfte auch die Herkunft des dicken Bürzels am Heck klar sein. Na sicher, original Ente! Und die Scheinwerfer? Die konnten sich damalige Citroën 2CV-Käufer selbst aussuchen.

„Die eckigen sind brutal unbeliebt, passen bei meiner aber total super“, findet Björn. Letztendlich basiert der Citroën 2 CV -Umbau neben der grundsätzlichen Passion auch auf der Tatsache, dass die 15-zölligen Mangels-Chromstahl-Felgen schon im Regal lagen. Jetzt passen die 205er-Schlappen an der Vorder- und die 225er an der Hinterachse. Ein Ziel, das sich Björn gesteckt hat.

Okay. Hat also doch alles Hand und Fuß bei diesem Citroën 2 CV. Aber das fährt sich doch bestimmt wie ein Opel Meriva auf dem Dragstrip – eher bescheiden. Das denkt der Leser vielleicht. „Ey, du darfst die Grüne fahren. Das darf noch nicht einmal meine Freundin“, ruft er mir beim Fotoshooting zu. „Sei mal ein bisschen stolz.“

Mit 28 PS geht es zügig voran – bis auf Tempo 60

Ich bin es. Auch wenn ich mir für die lustige Erprobungsrunde eine dicke Jacke ins Kreuz stopfen muss. Die Bank des Citroën 2 CV aus der Ausstattungslinie „Spezial“ ist nämlich auf knapp zwei Meter Mann montiert und nicht verstellbar. Ebenso wie die Rückspiegel, die an einem nicht endenden langen Arm hängen. „Okay, Ente, sei anständig, sonst riskiere ich eine gute Freundschaft“, denke ich mir, als ich den Zündschlüssel drehe und sich der Zweizylinder nur unwillig zur Arbeit aufrafft.

Per Entenkopf-Schaltknauf wird der erste Gang hinten links „eingedrückt“. Das dünne Volant des Citroën 2 CV greift sich wie ein Laternenstöckchen beim St.-Martins-Lauf. Erfreulicherweise tritt das 28-PS-Maschinchen dann doch erstaunlich gut an. Die zweite der vier Übersetzungen gibt es per Ziehen, um in den Dritten zu kommen, lässt man das Handgelenk nach rechts flutschen und drückt. So erreicht das Entlein brav die 60-km/h-Marke. Könnte sie, sie würde vor Zufriedenheit quaken.

Könnte sie, würde sie sicherlich auch etwas besser bremsen. Die an der Getriebe-Seite montierten Faustsättel packen eher träge zu. Dafür schluckt das schwimmige Fahrwerkdes Citroën 2 CV Bodenwellen wie ein Schwerlastdampfer leichte See. Der ausgewaschene Parkplatz vor der Rollschuh-Diskothek in Marl bietet da das perfekte Terrain zur Erprobung.

Sonorer Boxerklang aus dem riesigen Motorraum

Nur bei tiefen Rillen schrappt der Frontspoiler des Citroën 2 CV an den Kanten – ich fürchte wiederholt um die langjährige Freundschaft. Ganz im Gegensatz zu Björn, der für mein Wunschportrait etwa zwanzig Stürze verschmerzen muss. „Nochmaaa“, redigiert Fotograf Arturo die ungerade Körperhaltung meines Kumpels. Zwanzig Minuten später ist Björns „beste Jeans“ nur noch für Schrauberabende gut. Aber so ein individuelles Aufmacherfoto hat eben seinen Preis.

Ich genieße derweil den sonoren Klang, erfreue mich an den schrägen Passanten-Gesichtern, die unsere kultige Abschlepp-Kombination nur ansatzweise nachvollziehen können. Währenddessen kreuzt Kollege Jürgen, Sohn des Roll-Schuh-Disko-Inhabers, mit seinem Gefährt auf. „Watt isn datt? Die Schrottkarre des Monats?“, kommentiert er Björns liebevoll aufgebauten Citroën 2 CV. Ach, dieser ruhrpöttische Charme. Es folgen mehr und mehr Minivans, bestückt mit Teens und Twens.

Die Preise für Enten ziehen mächtig an

Wir wechseln die Location. Die Zeche Ewald in Herten wurde teilweise liebevoll restauriert. Kochstudios wohnen Tür an Tür mit schnuckeligen Arbeitsgemeinschaften. Dazwischen stehen gemütliche Hallen frei. Hier, wo vor einigen Jahren noch die Kumpel unter Tage hart malochten, dreht nun die Ente fröhlich ihre Kreise, und Kreise, und Kreise.

Von 1959 bis 1990 gab es die französische Freiheit auf vier Rädern mit dem tollen, aufzurollenden Plastikdach in Deutschland zu kaufen. In den 80ern galt die Ente als beliebtes Studentenauto, sie war schlichtweg billig. Heute sieht das anders aus. Locker 5.000 Euro und mehr müssen die meist akademischen Käufer vom Konto lupfen, um mit dem Citroën 2 CV ihre zweite Jugend zu genießen.

„Immer, wenn ich mal eine Gute fertig hatte, stand auf einmal jemand da und wollte so viel Kohle ausgeben, dass ich schwach wurde“, weiß Björn, der auf diese Weise zwar zum Sparen, aber nicht zum Fahren kam. Doch im Falle des von ihm getauften „Monsters“ wird alles anders. „Die gebe ich nicht mehr her, die bleibt bei mir“, stellt er fest. Mit dem Aufbau hat Björn das Hälseschwenken mitgeschaffen – wie geplant: Bunt. Breit. Schrill.

Die Citroën Enten-Szene boomt

Klar, die Ente gehört neben dem Käfer oder dem Mini zu den Kult-Klassikern. Jedes Kind weiß, wie eine Ente aussieht, nicht wenige kennen ihren offiziellen Namen: Citroën 2 CV . Und fast jeder hat eine kleine Geschichte zu erzählen. Wer der Französin verfallen ist, sucht oft Gleichgesinnte.

Das größte Treffen, rein für Enten, findet zweijährlich in unterschiedlichen europäischen Ländern statt. 2011 rollte ein rund 6.000 Enten großer Schwarm nach Salbris, 200 Kilometer südlich von Paris. Zum Weltententreffen reisen Enthusiasten aus der ganzen Welt an. Sogar aus Thailand, Brasilien oder Burkina Faso kommen sie zu dieser 19-jährigen Kult-Veranstaltung, die 2013 in Spanien stattfindet.

Für alle, die ihrer Ente oder dem Beifahrer keinen Gewaltmarsch von über 1.000 Kilometern zutrauen, bleiben noch ausreichend Young- und Oldtimertreffen in der nahen Region. Hier finden sich Tipps zu aktuellen Veranstaltungen.

Technische Daten
Citroën 2 CV Retro
Außenmaße3830 x 1480 x 1600 mm
Hubraum / Motor602 cm³ / 2-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit116 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten