MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"4008820","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"4008820","configName":"ads.vgWort"}

Austin A 35 im Fahrbericht
Austin Powers

Inhalt von

Der Austin A 35 machte die Briten neben dem Morris Minor nach dem Krieg wieder mobil. Das hier zu Lande kaum bekannte Pontonlimousinchen ist ein Vorläufer des Mini und empfiehlt sich als origineller Einstiegsklassiker.

Austin A35
Foto: Rossen Gargolov

Eigentlich zähle ich mich nicht gerade zu den Freunden kompakter Alltags-Oldtimer, schon gar nicht, wenn diese in großer Zahl auf unseren Straßen unterwegs sind wie VW Käfer, Fiat Topolino und 500, Citroën 2 CV und einige andere mehr. Auch der Morris Minor, optisch sehr mit dem Renault 4CV verwandt, ist ein arrivierter Vertreter der europäischen Kleinkunst-Szene aus den Fünfzigern. Der bei uns praktisch unbekannte Austin A 35 oder dessen fast identischer Vorgänger A 30 fallen dagegen etwas aus dem Rahmen des Gewohnten, weil sie optisch viel mehr sein wollen als ein profaner Kleinwagen. Sind sie deshalb etwa Hochstapler?

Unsere Highlights

Vor dem Foto-Meeting in München gab es in meinem Leben immerhin drei Begegnungen mit einem Austin A 35, was mir jedoch erst nach dem Fototermin klar wurde. Das erste Mal auf der Insel Malta. Es war ein grüner Viertürer, der gut auf die kleine Insel passte. Die hinteren Mini-Türen taugten eigentlich nur für Kinder. Eine mutige Konstruktion. Dann in Südengland, als ich an der Küste meine damals noch kleine Tochter in einem elektrischen Wackel-Auto fotografierte. Das stellte, wie ich heute weiß, einen A 35 dar.

Die Knethelden Wallace und Gromit fahren Austin A 35

Schließlich vor sechs Jahren im Kino. Es lief "Wallace & Gromit - auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen". Die beiden Knethelden rückten zur Hasenhatz in einem A 35-Van aus. Und das war's auch schon. Fazit: In den letzten 20 Jahren bekam ich mehr Lamborghini Miura und Bugatti 35 zu Gesicht als den kleinen, stolzen Austin. Und nun steht einer ganz in Weiß vor mir, Jahrgang 1958 - ich bin von so viel frechem Charme beinahe überwältigt.

Natürlich liegt es auch an der fröhlich-unschuldigen Farbe, doch primär sorgt die mutige Karosserieform für gute Laune. Sie ist moderner als beim etablierten Konkurrenten Morris Minor mit seinen noch stark akzentuierten Kotflügeln und dem ausgeprägten Schrägheck, und sie eifert stilistisch den großen Limousinen von Daimler, Jaguar und Rover nach.

Der Mini-Jaguar

Vor allem die herrschaftlichen Proportionen des nur knapp dreieinhalb Meter langen Austin A 35 verweisen auf die erwachsenen Vorbilder: Lange, gerade Motorhaube, eine nur unwesentlich längere Dachpartie und ein knuffiges Kurzheck. Dazu ein Hochkant-Chromkühlergrill, von dem eigentlich nur die Umrandung aus Chrom besteht, und schwungvolle, seitliche Kotflügelkonturen. Als I-Tüpfelchen trägt der Kleine ein dynamisch gestaltetes, beflügeltes A an der Wagenfront. Es dient auch als Verschlusshebel für die Motorhaube und soll vielleicht eine Verwechslung mit den großen Vorbildern verhindern.

Immer mit Schulterschluss unterwegs

Doch sitzen im A 35 vorn zwei Erwachsene - Schulter an Schulter und verräterisch dicht an den Seitenscheiben -, dann platzt der Traum vom seriösen Mittelklasse-Wagen wie ein ungedeckter Scheck: Der kleine, nur 1,4 Meter breite Austin wirkt jetzt von außen so, als sei er aus einem Kinderkarussell des Oktoberfests ausgebüxst und daher ständig auf der Flucht.

Tatsächlich reicht sein 34 PS starker Vierzylinder problemlos aus, um in Münchens Stadtverkehr inmitten doppelt so großen, modernen Autos zügig mitzuschwimmen. Jetzt darf ich ans dünne Lenkrad und an die niedlichen Pedale, die wie zwei langstielige Pilze direkt aus dem Wagenboden wachsen, während das Gaspedal mit seiner zwei Euro großen Trittplatte von oben herabhängt. Hoffentlich zerbricht nichts.

Ich fahre problemlos an, der gut gedämpfte Motor des Austin A 35 erzeugt nur ein vernuscheltes Knurren. Es macht mir sogar richtig Spaß, mit Schwung die Spuren zu wechseln und die großen Kreisverkehre des Königs- und Karolinenplatz zu umrunden. Vor allem der drehmomentstarke Motor, die leichtgängige Mittelschaltung und das nur wenig untersteuernde Kurvenverhalten erzeugen schnell eine angenehme Vertrautheit mit dem quirligen Briten.

Dank des hohen Dachs und der hohen Sitzposition sowie durch die relativ weit vorn platzierte Windschutzscheibe wirkt der Wagen innen luftiger, als es von außen aussieht. Ganz klar und ohne Hemmung: Mir san mir!

Leicht und cross

Das angenehme Handling und die Agilität des Austin A 35 haben zwei Ursachen: Standardantrieb mit tief im Fahrzeugbug montiertem Motor und ein relativ geringes Gewicht. Als erster Austin erhielt bereits der etwas schwächer motorisierte Vorgänger A 30 - erkennbar an der kleineren Heckscheibe - eine selbsttragende Karosserie, weshalb unser A 35 nur 685 Kilogramm wiegt. So hat der moderne 950-Kubik-Vierzylinder, der eigens für den 1951 eingeführten Vorgänger konstruiert wurde, relativ wenig zu schleppen. Ein gleich starker VW Käfer-Boxermotor muss zum Beispiel einen rund 100 Kilogramm schwereren Wagen antreiben.

Auch der direkte, etwas größere und altbacken wirkende Austin A 35-Konkurrent Morris Minor kann in der Serie II mit dem A 35 nicht mithalten: Er rennt gerade mal 100 km/h, während der Austin bis auf 115,7 km/h powert. Und das sogar mit der im Prinzip identischen Maschine. Die Ursache hierfür heißt BMC.

"The New Austin Seven"

Ursprünglich waren der A 30 und Nachfolger A 35 die Antwort von Austin auf den Konkurrenten Morris Minor, der bereits 1948 in Produktion ging und von Sir Alec Issigonis, dem späteren Mini- Macher, entwickelt wurde. Austin nannte den Minor-Konkurrenten zunächst the "New Austin Seven" - in Erinnerung an das gleichnamige von 1922 bis 1938 produzierte Vorkriegs-Erfolgsmodell. Nach dem Zusammenschluss von Austin mit der Nuffield Group (Morris, MG, Wolseley, Riley) zur British Motor Corporation erhielt 1952 der Minor die modernere Maschine des Austin A 30.

Der als Kombi und Van bis 1971 gebaute Minor kam auf 1,36 Millionen Einheiten, während die kompakteren Austin A 30 und A 35 nur die Hälfte erzielten. Der 1959 eingeführte Mini ersetzte dann nach und nach beide Modelle. Unser weißer Austin gehört dem Münchener Oldtimer- Teilehändler und VW Bus-Spezialisten Peter Hackl. Es war ein Spontankauf, "weil so einen sonst keiner hat". Hinzu kamen die perfekte Restaurierung durch den Vorbesitzer und die seltene Linkslenker-Version. Kleiner Nachteil: Das einzige Türschloss befindet sich auf der rechten Seite. Auch die Briten haben ihr "Mir san mir".

Technische Daten
Austin Austin A 35
Außenmaße3460 x 1400 x 1500 mm
Höchstgeschwindigkeit116 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten