Porsche hatte 1988 mit dem 964 erstmals einen 911 mit Allradantrieb, Servolenkung und ABS auf den Markt gebracht. Ein Ableger aus der Motorsportabteilung war der Carrera 4 Leichtbau. Ein 911, der in dieser Form nie wieder gebaut wurde, und wegen seiner Seltenheit nur Kennern ein Begriff ist.
Die Entstehungsgeschichte beginnt am Ende des erfolgreichen 962-Rennprogramms. Auf der Suche nach neuen Motorsportprojekten erkannte Jürgen Barth, Leiter der Kundenabteilung, das Potenzial des allradgetriebenen 964 Carrera 4. Gemeinsam mit dem US-Porsche-Enthusiasten Kerry Morse entstand die Idee, einen leichten, rennfertigen 911 zu entwickeln. Die Basis bildeten Getriebe- und Antriebskomponenten des 953 Paris-Dakar-Rallyewagens. 1989 erhielt das Projekt unter Dr. Ulrich Bez grünes Licht.
22 Fahrzeuge, 265 PS und 285.000 DM
Jedes Exemplar des Carrera 4 Leichtbau entstand in Handarbeit in der Motorsportabteilung. Mit nur 22 gebauten Fahrzeugen zählt er zu den seltensten 911-Modellen der frühen 1990er-Jahre. Der Preis lag bei 285.000 DM – mehr als doppelt so hoch wie beim 964 Cup. Jeder Wagen erhielt eine sechsstellige "Werks"-Seriennummer der Form 9640xx, nicht jedoch eine offizielle 17-stellige Fahrgestellnummer. Eine Zulassung für die USA war damit ausgeschlossen.
Unter der Motorklappe arbeitete eine speziell konfigurierte Version des 3,6-Liter-Sechszylindermotors aus dem Carrera RS. Durch eine modifizierte Auspuffanlage und den Verzicht auf einen Luftfilter leistete das Aggregat 265 PS – 5 PS mehr als im RS. Gekoppelt war der Motor an ein manuelles Fünfgang-Getriebe mit spezieller Kupplung und leichten Schwungrädern.
Abgesenkt, verbreitert, reduziert
Um Gewicht zu sparen, ersetzte Porsche zahlreiche Bauteile: In den Aluminiumtüren steckten Plexiglas-Schiebefenster. Bleche aus Aluminium und Anbauteile aus Glasfaser senkten das Gewicht weiter. Die Karosserie lag rund einen Zentimeter tiefer, dazu kamen Magnesium-Räder mit sechs Zoll Breite vorn und sieben Zoll hinten.
Der Innenraum war auf das Nötigste reduziert: Nomex-bezogene Recaro-Sitze, ein Aluminium-Matter-Überrollkäfig, Fünfpunktgurte, Feuerlöschanlage. ABS gab es ebensowenig wie einen Katalysator. Die Karosserie war nahtgeschweißt und bot damit höhere Verwindungssteifigkeit, während die kürzere Achsübersetzung für deutlich spontaneren Vortrieb sorgte. Am Ende der Diät lag das Leergewicht bei 1.095 Kilogramm.
Ein Carrera RS ist 125 Kilogramm schwerer. Und der hat keinen Allradantrieb. Den übernahm die Barth-Truppe übrigens nicht aus dem Serienauto, sondern griff ins Regal mit den Rallyeteilen. Dort lag noch der Allradantrieb des Dakar-Siegers von 1984. Der Allradstrang vom 953 hat eine per Drehrad vom Cockpit aus in Längs- und Querrichtung einstellbare Kraftverteilung eine extrem kurze Übersetzung: Im Sand braucht es Kraft, keine Höchstgeschwindigkeit. Deshalb geht der Leichtbau-964 angeblich in vier Sekunden von null auf 100. Dafür ist der Vortrieb bei 200 km/h zu Ende.
502 km und Sammlerzustand
Das hier beschriebene Fahrzeug mit der Chassisnummer 964-004 wurde in Grand-Prix-Weiß ausgeliefert – laut Gooding die beliebteste Farbe dieser Serie. Nach mehreren Besitzerwechseln befindet es sich seit 2017 in einer bedeutenden Privatsammlung mit nahezu allen 964-Sondermodellen. Der Kilometerstand beträgt lediglich 502 km. Aufgrund der Laufleistung, des Zustandes und der Seltenheit erwartet das Auktionshaus einen Verkaufspreis von 750.000 bis 1 Million US-Dollar. Das sind nach dem Kurs vom 5. August umgerechnet 650.000 bis 870.000 Euro.