Während manche Autos gefühlte Dauerbrenner in der Gebrauchtwagenlandschaft sind, gibt es andere, die zum jetzigen Zeitpunkt einen ganz besonderen Sweet-Spot aufweisen. Der kürzlich eingestellte BMW 5er der Baureihe G30/31 zum Beispiel. Zusammen mit der Konkurrenz aus Stuttgart und Ingolstadt dominierte er über viele Jahre die Fuhrparks vielfahrender Firmenangehöriger, oder schlicht genussvoller Langstreckenfahrer. Hier sind fünf Gründe, warum gerade jetzt ein Gebrauchtkauf empfehlenswert ist.
1. Sowas wird's (so schnell) nicht mehr geben
Wie unsere ersten Tests mit dem aktuellen 5er (Baureihe G60, achte Generation) belegen, ist BMWs Oberklassemodell auch in der neuesten Generation ein gutes Auto. Aber eben leider auch ein sehr schweres und vor allem sehr teures. Gleichzeitig wurden viele Features eingespart, die nicht nur alteingesessene BMW-Fahrer liebgewonnen hatten, sondern die auch in viel günstigeren Autos noch zum Standard gehören. Da wäre die separat zu öffnende Heckscheibe beim Touring, die Öffnungsfunktion des Panorama-Glasdachs, ja so gar Kleinkram wie das Fächlein unter dem Lichtschalter: alles weg. Diesem Thema haben wir bereits einen eigenen Artikel gewidmet.
Ohne Zweifel sieht der Vorgänger-5er alt aus, wenn es um die vielfältigere Applikation von Hybrid- und Elektroantrieben geht, doch finden Verbrennerkäufer beim neuen 5er nicht mehr die breite Motorenpalette von einst vor. Mehr noch: wer den G30 gut kennt und den G60 unter die Lupe nimmt, stellt speziell im Interieur hier und da fest, dass nicht mehr alles ganz so hochwertig erscheinen mag, wie es mal war. Üble Häme für den Nachfolger? Im Prinzip ja, doch sie beruht einzig und allein darauf, dass der G30 ein so überragend gutes Auto war. Noch gibt es taufrische Exemplare. Sich jetzt einen zu sichern, kann also im Moment äußerst sinnvoll sein. Gute Exemplare sind nicht billig, angesichts des sehr hohen Nutzwertes jedoch mitunter dennoch günstig. Gepflegte Autos mit hohen Laufleistungen beginnen schon bei rund 16.000 Euro, während frischere Exemplare im garantiefähigen Alter zwischen 20 und 25.000 Euro eine große Auswahl bieten. Sechszylinder liegen etwas darüber, wobei sich die Preise für Kombis nicht spürbar von denen der (selteneren) Limousinen abheben. Die ein- bis zweijährigen 5er, die wir im Vergleich zum Neukauf empfehlen, sind bereits ab knapp 40.000 Euro zu haben – eine große Preisspanne.
2. Die vielen Leasing-Rückläufer
Ganz segmenttypisch war und ist der 5er ein Favorit bei dienstlichen Vielfahrern in gehobenen Positionen. Entsprechend häufig finden sich noch Leasing-Rückläufer oder Firmenfahrzeuge, die ihre Haltedauer absolviert haben. Diese Autos stehen derzeit in großen Stückzahlen beim Händler und sind meist checkheftgepflegt und besitzen typischerweise nützliche Vielfahrer-Extras, wie ein vergrößertes Tankvolumen, den großen Navibildschirm oder vollumfängliche Fahrassistenz. Zugegeben, es wird schwer, ein Exemplar zu finden, das nicht schwarz oder höchstens dunkelgrau ist, doch in dieser Menge an ungefähr gleichwertigen Exemplaren, lässt sich gut am Preis verhandeln.
Leasingschwarz in unterschiedlichen Nuancen beherrscht die Farbauswahl gebrauchter G30. Dennoch ist und bleibt das Design attraktiv und wirkt heute auf manche souveräner als das des Nachfolgers. An Ergonomie und Bedienkomfort gab es trotz der unzähligen Elektronikfeatures nichts zu verbessern.
3. Die Technik
Der 5er gehörte in praktisch jeder Generation zu den fortschrittlichsten Autos seiner Klasse. Klar – musste er sich doch stets mit Größen wie der Mercedes E-Klasse oder dem Audi A6 messen. Und so müssen auch nach Jahren keinerlei Eingeständnisse gemacht werden, was moderne Antriebs-, Fahrwerks-, Assistenz-, und Unterhaltungstechnik angeht, zumindest, sofern man auf die neuesten Autonomieupdates verzichten kann und an reinen Verbrennerversionen interessiert ist. Genaugenommen sind das die Attribute, wegen denen wir bereits den Vor-Vorgänger (also den F10/11) empfohlen und kaufberaten haben.
Und warum schwärmen wir hier ganz altmodisch über die Technik? Weil bei diesem BMW noch das Fahren und die Freude daran im Vordergrund stand. Trotz des enormen Reisekomforts vermitteln Fahrwerk und Lenkung eine ansprechende Direktheit. Die Motoren sind durchweg haltbar, sparsam und entsprechend der Version auch ausreichend bis überschwänglich kräftig. Kenner wissen, worauf wir anspielen: Die großartigen Reihensechszylinder-Triebwerke, die als Benziner und Diesel einen Großteil des Motorenportfolios ausmachten. Beste Allround-Empfehlung: Der 265, bzw. 286 PS starke 530d, der respektable Knauser-Verbräuche zusammenfährt, dabei aber mit unnachahmlicher Wucht und seidig-geschmeidigen Klang betört. Natürlich sind auch die Vierzylinder äußerst empfehlenswert. Vergleicht man diese mit den direkten Konkurrenten bei Mercedes (Vierzylinder-Diesel OM654 in der E-Klasse W 213), entpuppt sich das BMW-Triebwerk sogar als robuster, während der Daimler situationsabhängig auch mal kränkeln kann.
4. Die gute Haltbarkeit
Noch so ein Punkt, in der der G30-5er sich ganz und gar in der guten "alten" Autowelt verorten lässt: Die Autos halten lang. Das belegen nicht nur die Erfahrungen unzähliger Vielfahrer, sondern schlicht auch die Menge an 5ern, die im Netz mit sehr hohen Laufleistungen zum Verkauf stehen. Deren größter Teil zeigt sich auf Fotos kaum verschlissen und ist – zumindest laut Beschreibung – voll funktionsfähig und fern von irgendwelchen Schwachstellen. Was die Langlebigkeit der Materialien im Innenraum angeht, hat der G30 gegenüber seinem Vorgänger nochmals die Nase vorn. Makel wie durchgewetzte Startknöpfe oder verschlissene Fußmatten sind hier eine Seltenheit.
5. Bekannte Mängel
Oft lesen Sie in unseren Gebrauchtartikeln über einzelne Mängel, die an bestimmten Typen immer wieder vorkommen, als die typischen "Ecken", nach denen man bei jedem Exemplar sehen sollte, egal ob man einen Kauf plant, oder das Fahrzeug längst selbst besitzt. Selbst hier zeigt sich der 5er als Musterschüler. Wo andere in manchen Fällen fast vorprogrammierten Verschleiß zeigen, bleibt der 5er tendenziell länger frisch. Natürlich ist er vom Zahn der Zeit nicht gefeit. Ein schnelles stattliches Auto bringt einige Kilo auf die Waage, die auch tagtäglich verzögert und zum Stehen gebracht werden wollen. Deshalb empfiehlt sich immer ein Blick auf die Bremsanlage. Ist das Tragbild der Scheiben sauber? Wie dick sind die Beläge? Das Fahrwerk gilt indes als sehr haltbar. Nur die Buchsen des Hinterachsträgers werden bei den Prüforganisationen gelegentlich mit Argwohn betrachtet. In einigen Fällen kommt es außerdem zu etwas Ölverlust an Motor, Getriebe oder Hinterachsdifferenzial.
Schwer in Fahrt: Dass Leistung und Gewicht eine verschleißfreudige Mischung für Verschleißteile darstellen, kann auch der 5er nicht verbergen. Aber: Er hält sich in Grenzen.
Wichtiger ist dagegen die Untersuchung auf Mängel und Fehler, die das konkrete Exemplar betreffen, um das es gehen soll. Die Karosserie besteht aus einer komplexen Mischbauweise aus Alu und Stahl. Gepfuschte Unfallreparaturen können daher ein Grund sein, warum eine Tür nicht sauber (und vor allem kinderleicht) schließt, Spaltmaße nicht perfekt ausfallen, oder die Motorhaube flattert. Hier sollte außerdem auf die Freigängigkeit der beiden Fangschlösser geachtet werden. Viele Verkäufer zeigen selbstbewusst die Serviceeinträge über das Infotainment an. Unehrliche Naturen speichern diese natürlich auch ein, wenn nicht alles ordnungsgemäß erledigt wurde – daher sind nachvollziehbare Wartungsnachweise auf Papier immer etwas wertvoller. Kein Mängel, aber eine dankbare Lebensverlängerungsmaßnahme: Der Ölwechsel des (serienmäßigen) Automatikgetriebe spätestens alle 100.000 Kilometer. Der ist zwar vom Hersteller nicht vorgesehen, trägt aber entscheidend dazu bei, dass alle internen Komponenten des komplexen Getriebes weiterhin bestens funktionieren.
