Mercedes Kurzhauber: Läuft seit 1958 immer noch vom Band

Mercedes Kurzhauber-Lkw als Neuwagen
Hier wird der 1958er Kurzhauber immer noch gebaut

Veröffentlicht am 29.05.2025

Dieses Gesicht mit den zwei großen Kugelaugen, dem zentralen Stern und der runden Motorhaube ist der Inbegriff des Wiederaufbaus der deutschen Nachkriegszeit. Als rustikales Arbeitstier entwickelte Mercedes-Benz den Kurzhauber-Lkw Ende der 1950er Jahre in verschiedenen Gewichts- und Leistungsklassen als Lieferwagen, Kipper, Sattelzugmaschine, Pumpenfahrzeug, Feuerwehr oder Kranwagen.

Exportschlager: Mercedes-Lkw

Schnell wurde die sogenannte L-Baureihe – die optional alle Räder antreiben kann – überall gefragt und in die ganze Welt verkauft. Zusätzlich zu den deutschen Werken in Mannheim und Gaggenau baute Mercedes die Kurzhauber bald auch im Ausland. Produktionsstätten entstanden in Südamerika, Südafrika, Saudi-Arabien, Nigeria oder im Iran. Und die Bänder liefen noch lange, nachdem in Deutschland längst die Nachfolger-Baureihen über die Straßen rollten.

Mercedes stellte die Produktion in Deutschland im Jahr 1977 ein. In anderen Teilen der Welt lief sie weiter. In Brasilien wurde der Kurzhauber bis 1991 gefertigt, in Argentinien sogar bis 1997. Im Iran nahm die Geschichte einen anderen Verlauf: Hier begann die Iran Khodro Diesel Company erst 1979 mit der Kurzhauber-Produktion. Also ganze zwei Jahre nach der offiziellen Einstellung der Baureihe.

Produktion bis heute fortgesetzt

Besonders im Nahen Osten hatte sich der Kurzhauber nämlich zum unverzichtbaren Arbeitstier ohne Alternativen etabliert – vorwiegend in der Erdölindustrie. Seine Fähigkeit, selbst unter extremen Bedingungen und mit Überladung zuverlässig zu funktionieren, machte ihn dort unentbehrlich. Und weil nahezu alle Kurzhauber jenseits von Euphrat und Tigris eine auffällig orangefarbene Lackierung trugen, verlieh das dem deutschen Lastesel echten Kultstatus.

Die Iran Khodro Diesel Company setzte die Fertigung also weiter fort – über die Jahrtausendwende hinweg bis heute. Und tatsächlich werden dafür noch die altertümlichen Sechszylinder-Dieselmotoren vom Typ OM355 gebaut, die in den 1960er Jahren immerhin schon mit Direkteinspritzung entwickelt wurden. Im Iran wird allerdings die Ausbaustufe OM 355 LA mit 11,6 Litern Hubraum, 280 PS und 1.050 Nm Drehmoment verbaut. Khodro installiert sogar einen Dieselpartikelfilter und einen 30-Liter-AdBlue-Tank und schafft damit die Abgasnorm Euro 4.

Kleiner Fun Fact: Die Iran Khodro Diesel Company baute einst auch den Peugeot 405 aus den 1980er Jahren in Lizenz. Die Produktion der französischen Mittelklasse endete eigentlich 1996 – im Iran aber erst im Jahr 2024.

Zwei oder drei Achsen ab Werk

Erhältlich ist ein nagelneuer Mercedes Kurzhauber im Iran als 19 Tonnen schwerer Zweiachser (WH 1924) oder sogar als Dreiachser mit 26 Tonnen Zulassungsgewicht. Den OM 355 gibt es für beide Rahmen-Versionen. Für den "kleineren" Lkw bieten die Iraner als Alternative einen Cummins-Dieselmotor an. Dieser Vierzylinder (Cummins ISF-3.8s 5154) bringt es nur auf 3,8 Liter Hubraum, leistet trotz Turbolader bescheidene 154 PS und 460 Newtonmeter Drehmoment. Dafür stehen die Abgasnorm Euro 5 und eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h in der Zulassung.

Übrigens bietet Khodro auch andere kleine Verbesserungen für den Mercedes Kurzhauber an. Optional gibt es ein Zweikreis-Bremssystem mit ABS und sogar eine Servolenkung. Viel mehr Komfort braucht es in manchen Teilen der Welt nicht – zumindest, wenn man einen scheinbar unzerstörbaren Lkw sucht. Der Mercedes Kurzhauber dürfte so die Rangliste der ältesten noch gebauten Fahrzeuge anführen.