Ziebart: Nein, denn ganz so klein sind wir nicht. Wir haben im letzten Jahr weltweit rund 430.000 Autos verkauft und beschäftigen mehr als 7.000 Ingenieure. Und die finanziellen Mittel sind da. Ich bin nun ein gutes Jahr in diesem Unternehmen und kann mich an kein Vorhaben erinnern, für das keine Mittel da gewesen wären, wenn wir es für sinnvoll halten. Vieles läuft bei Jaguar Land Rover auch etwas schneller und unbürokratischer, weil wir eben nicht ganz so groß sind wie manche andere. Wahrscheinlich brauchen wir auch weniger Leute für die gleiche Aufgabe. Die finanziellen Mittel sind meine geringste Sorge.
Ziebart: Zunächst mal übertragen wir dieses Know-how mit dem XE schon in eine Fahrzeugklasse, wo kaum ein Mitbewerber etwas mit Aluminium macht. Die Aluminiumarchitektur ist in diesem Segment völlig neu und bisher einmalig. Grundsätzlich ist es so, dass die Technik Geld kostet: Das Material kostet Geld, und vor allem das Fügen kostet Geld. Es ist erheblich teurer als Punktschweißen. Das können Sie überhaupt nur in einem Premiumfahrzeug andenken. Wir hoffen, unsere Kunden honorieren das. Wir werden dadurch beim Kraftstoffverbrauch extrem wettbewerbsfähig sein, um es mal mit britischem Understatement zu formulieren. Dazu trägt neben dem neuen, besonders effizienten Motor eben auch der Leichtbau bei. Sicher gibt es Kunden, denen ist das Material egal. Andere wiederum schätzen aber die Vorteile dieser Bauweise. Denn sie haben ja nicht nur Verbrauchsvorteile, sondern auch einen Gewinn an Fahrdynamik. Wenn die Karosserie leicht ist, dann fährt sich das Auto auch agiler. Leichtbau ist für uns nicht nur ein Verbrauchsthema.
Ziebart: Nein, das ist kein Thema für uns. Wir sind mit unserer Alutechnologie auf einem so hohen Niveau angelangt, dass die Fertigung einzelner Teile in Carbon keinen zusätzlichen Vorteil brächte. Nur die Kosten wären noch höher.
Ziebart: Die kommenden Verbrauchsvorschriften können von einem Fahrzeug im Range-Rover-Format mit konventionellem Antrieb nicht erreicht werden. Sie müssen elektrifizieren. Dann können Sie allerdings – je nachdem, wie hoch Sie die elektrische Reichweite ansetzen – mit dem nominellen Verbrauch so weit runterkommen, dass das Auto als batteriegetriebenes Fahrzeug gewertet wird. Aber die konventionellen Antriebe haben noch viel Potenzial. In den letzten Jahren hat die Dynamik in puncto Verbrauchssenkung ständig zugenommen. Das Heben der Potenziale wird vielleicht immer teurer, aber an Kreativität mangelt es den Motoreningenieuren nicht. Trotzdem wird die Elektrifizierung in Zukunft einen ganz wesentlichen Beitrag leisten. In den großen Premiummodellen wird der Anteil der Plug-in-Hybride hoch sein.
Ziebart: Hierfür gibt es im Grunde nur zwei große Märkte. Das ist zum einen der innerstädtische Transport von Gütern und Personen, der ist weniger unser Thema. Zum anderen ist das der Markt der Zweit- und Drittfahrzeuge für eine wohlhabende Bevölkerung. Wenn Sie ins Silicon Valley oder nach San Francisco fahren, sehen Sie einen Range Rover vor der Garage stehen. Und daneben steht ein Tesla. Wir schauen uns sehr genau an, welche Autos unsere Range-Rover-Kunden sonst noch gern mögen.
Ziebart: Ich sehe nicht, dass die Technologie der Brennstoffzelle in den nächsten zehn Jahren im Auto sinnvoll zur Anwendung kommen kann. Aber wir reden ja eigentlich über Wasserstoff als Energiespeicher. Letztlich ist der Ausgangspunkt immer elektrische Energie. Die können Sie entweder in Wasserstoff verwandeln und damit dann über eine Brennstoffzelle einen Elektromotor antreiben. Oder Sie geben den Wasserstoff direkt in den Verbrennungsmotor. Der zweite Weg ist, die elektrische Energie zum Laden einer Batterie zu nutzen. Well-to-Wheel ist der Wasserstoff schlicht katastrophal im Vergleich zum direkten Laden einer Batterie, er hat sehr hohe Verluste. Wenn man Wasserstoff nutzen möchte, ist aus meiner Sicht der Verbrennungsmotor viel, viel sinnvoller als die Brennstoffzelle. Deren Wirkungsgrad in Kombination mit einem Elektromotor liegt mit gut 35 Prozent nicht viel höher als der eines mit Wasserstoff betriebenen Verbrennungsmotors.
Ziebart (lacht): Ist das so offensichtlich? Ich versuche ja immer, diesen Eindruck zu verwischen …
Ziebart: Wenn Sie sich anschauen, wie wir Smartphone, Laptop und Tablet heute nutzen, und das ein wenig in die Zukunft weiterdenken, sehen Sie eine Landschaft, in der Ihre Daten und Programme sich nicht mehr auf den individuellen Geräten befinden, sondern in der Cloud. Die verschiedenen Geräte sind nur unterschiedliche Wege zu diesen Daten und Applikationen. Das Auto wird einer von mehreren Zugängen zu Ihren Daten und Applikationen sein – natürlich mit autospezifischen Applikationen wie etwa Parkplatzsuche oder Navigation.
Ziebart: Ja. Denn Daten über den Verkehrsraum vor und neben dem Auto können auf eine ganz andere Weise ins Auto gelangen als heute. Dieses autonome Fahren sehen wir nicht als Wegrationalisierung des Fahrers, der allerdings 99 Prozent aller Unfälle verursacht. Unfallvermeidung ist unsere Zielrichtung, nicht das Google-Auto ohne Lenkrad. Das unfallvermeidende Auto kommt nach und nach in vielen kleinen Schritten.
Ziebart: Wir entwickeln viele neue Technologien zur Entlastung des Fahrers in kniffligen oder extrem dynamischen Situationen. Sehr realitätsnahe Bilddarstellungen und Infografiken in hoher Auflösung ermöglichen einen "virtuellen" und weitreichenderen Blick auf die vor dem Fahrzeug liegende Straße oder Rennstrecke. Unter dem Schlagwort "augmented reality" nutzt der "Jaguar Virtual Windscreen" die gesamte Windschutzscheibe als Display. Die Augen des Fahrers müssen so nie von der Fahrbahn abschweifen, denn alle relevanten Informationen zur Navigation und aktuellen Geschwindigkeit sowie zu möglichen Gefahrenpunkten werden in höchster Qualität direkt in sein Blickfeld projiziert. Auch die Gestensteuerung, die wir bereits im XF angefangen haben zu nutzen, reduziert die Zahl physischer Schalter und Hebel und damit die Komplexität von Mensch-/Maschine-Schnittstellen. Neue 3-D-Instrumente könnten bald auch den konventionellen Innen- und Rückspiegel ersetzen.
Ziebart (lachend): Ja, aber keine Bange. Gehen Sie mal fest davon aus, dass wir alles tun werden, dass das bei Jaguar und Land Rover so sein wird.