Technik CO2-Reduktion: Was die Hersteller alles planen

Technik CO2-Reduktion
Was die Hersteller alles planen

Veröffentlicht am 11.06.2010

Benzin- und Dieselmotoren haben noch reichlich Potenzial für geringeren Kraftstoffverbrauch: 30 Prozent sind möglich Energetisch betrachtet ist das Automobil mit Verbrennungsmotor eine mittelschwere Katastrophe. Von der im Kraftstoff gespeicherten chemischen Energie bringen die Antriebsräder nach Abzug aller Verluste gerade noch 10 bis 25 Prozent auf die Straße. Gleichwohl bleibt dieses Fahrzeug - trotz des fragwürdigen E-Mobil-Hypes - auch in den beiden kommenden Dekaden das Verkehrsmittel Nummer eins. Das hat seine Gründe, wie Bernd Bohr, Chef des Kfz-Bereichs von Bosch weiß: "Für den Diesel und den Benziner sehen wir noch erhebliches Effizienzpotenzial."

Als wirkungsvollstes Mittel gilt das Downsizing

Prinzipiell lassen sich fast alle Verbrauchsreduzierungen auf die Zylinderbrennräume zurückführen. Hier wird in Bruchteilen von Sekunden die Energie umgewandelt, von chemisch zu Wärme und schließlich in mechanische Energie. Je effizienter diese Umwandlung abläuft, desto besser ist der Wirkungsgrad. Bis die Kraft an den Antriebsrädern ankommt, haben diverse Verluste am Energiestrom geknabbert. Genau dort setzt die Entwicklung an, um die Verluste und somit den Kraftstoffverbrauch zu senken. Als wirkungsvollstes Mittel gilt das Downsizing: Große und durstige Motoren werden durch leistungsgleiche, aber deutlich kleinere und sparsamere Turbo-Maschinen ersetzt. Beispielsweise übernimmt in der Mercedes E-Klasse der doppelt aufgeladene Vierzylinderdiesel OM651 mit 204 PS und 500 Nm den Part des alten Dreiliter-V6 mit 190 PS und 440 Nm. Der Verbrauch sank dadurch von 7,8 auf 5,3 L/100 km. VW ersetzt den 102 PS starken 1,6-Liter-Benziner im Golf durch den 1.2 TSI mit 105 PS. Der Verbrauch reduzierte sich damit von 7,1 auf 5,7 Liter.

Fiat bringt im Herbst einen 85 PS starken Zweizylinder-Benzinmotor

Kernstück des Downsizings ist der Turbolader, der die kleinen Motoren mit so viel Frischluft füttert, dass sie das Leistungsniveau und Laufverhalten eines größeren Triebwerks erreichen. Für noch mehr Kraft sorgt die teure Doppelaufladung, entweder als Kombination von Kompressor und Turbo, wie sie VW im 1.4 TSI verwendet, oder als zweistufig geregelte Aufladung, wie im BMW-Sechszylinderdiesel. Einen konsequenten Downsizing-Vorstoß wagt Fiat im Herbst mit einen 85 PS starken Zweizylinder-Benzinmotor im Cinquecento. Der soll den Verbrauch im Vergleich zu einem Vierzylinder um 30 Prozent auf vier Liter/100 km senken, was einem CO2-Ausstoß von 95 g/km entspricht. So drastisch wird das Downsizing bei anderen zunächst nicht ausfallen, aber dass die nächste S-Klasse mit dem Vierzylinder OM651 kommt und BMW am Dreizylinder arbeitet, ist kein Geheimnis.

Die Vorteile von Benzin- und Dieselmotor gilt es zu vereinen

Wieviel Potenzial im Verbrennungsmotor steckt, zeigen auch Zulieferer wie Bosch, Mahle und Valeo. Sie haben Motoren entwickelt, die bis zu 30 Prozent sparsamer sind. Kernthema ist ebenfalls das Downsizing, flankiert von zahlreichen Techniken, die nach und nach in die Serienfertigung einfließen können. Dazu zählen die vollvariable Ventilsteuerung, Direkteinspritzung, ausgeklügeltes Thermomanagement, Hochdruckaufladung, bedarfsgerechte Steuerung der Nebenaggregate und eine noch präzisere Einspritzung.

All diese Maßnahmen reduzieren die Verluste, ebenso wie nadelgelagerte Ausgleichs- und Nockenwellen, Leichtbauventile, reibungsoptimierte Kolbenringe und erhöhte Abgasrückführraten beim Diesel. Einen deutlich größeren Schritt zur Reduzierung der CO2-Emissionen verspricht die homogene Verbrennung mit Selbstzündung HCCI (Homogeneous Charge Compression Ignition). Mercedes und Opel arbeiten an unterschiedlichen Verfahren mit dem Ziel, die Vorteile von Benzin- und Dieselmotor zu vereinen. Noch sind diese Motoren nicht über das Prototypenstadium hinausgekommen.

ZF bringt Achtgang-Automat mit Start-Stopp-System

Im Gegensatz zum Motor bieten Getriebe weniger Potenzial zur Verbrauchsreduzierung. Schaltgetriebe verfügen über Wirkungsgrade von etwa 98 Prozent, Direktschaltgetriebe liegen aufgrund der höheren Reibung etwas darunter. Eine größere Spreizung, also sechs statt fünf Gänge, wirkt vor allem bei schnellen Strecken drehzahl- und verbrauchssenkend. Mehr zu holen ist beim Automatikgetriebe. So verfügt der neue Achtgang-Automat von ZF erstmals über ein Start-Stopp-System, was im ECE-Zyklus bis zu fünf Prozent weniger Verbrauch bringt. Ein genial einfacher hydraulischer Federspeicher sorgt dafür, dass beim Motorstart in nur 350 Millisekunden der volle Öldruck im Getriebe aufgebaut wird. Denn ohne Öldruck geht in einer Automatik gar nichts. Bisher dauerte der Druckaufbau nach dem Starten fast eine Sekunde, unter Komfortgesichtspunkten nicht akzeptabel. Das ZF-Getriebe ist zudem modular aufgebaut, lässt sich um ein Hybridmodul und einen Kurbelwellen-Startergenerator erweitern und eignet sich sogar für Allrad-Fahrzeuge.

"100 kg weniger Gewicht sparen 8,5 g/km CO2"

Ein weiteres erfolgversprechendes Rezept zum Spritsparen lautet Abspecken. Martin Goede von VW, verantwortlich für den Fahrzeugleichtbau: "100 kg weniger Gewicht sparen 8,5 g/km CO2." Also umgerechnet über 0,3 L/100 km. So einfach dieses Rezept auch ist, so schwer fällt es den Herstellern, in Zeiten zunehmender Komfortelektronik und noch immer wachsender Außenmaße ihre Autos zu verschlanken. Zielführend ist teurer Leichtbau, der Einsatz hochfester und sehr leichter Werkstoffe speziell im Karosseriebau. Gleichzeitig feilen die Designer an der Windschlüpfigkeit, reduzieren die Fahrwiderstände, indem sie cw-Wert und Frontfläche verringern. Bleiben letztlich noch die Reifen, die als Leichtlauf-Version den Kraftstoffverbrauch um etwa ein Prozent reduzieren können. Allerdings wandeln die Ingenieure hier stets auf dem schmalen Grad zwischen Leichtlauf und Haftfähigkeit. Beide Parameter gleichzeitig spürbar zu verbessern, funktioniert nicht; läuft der Reifen leichter, haftet er in der Regel schlechter. Trotzdem muss auch der Reifen dazu beitragen, den Gesamtwirkungsgrad des Autos zu verbessern, damit die Energiebilanz künftig deutlich besser ausfällt.