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"Sonntagsauto"
Honda Accord Aerodeck, Mercedes-Gefühl aus Japan

Den Honda Accord Aerodeck präsentierten die Japaner 1986 als geräumige Coupé-Version der Stufenheck-Variante. Mit viel Zubehör und grandiosem Motor wollte Honda so die Mittelklasse erobern.

Honda Accord Aerodeck 2.0 Exi
Foto: H.-D. Seufert

Neben einem riesigen Airbus Transportflugzeug fand 1986 die Präsentation des Honda Accord Aerodeck statt und sollte unterstreichen, wie hoch Honda mit dem neuen Accord hinaus wollte. „Unser Ziel heißt Mercedes“, verkündete der damalige Honda-Vorstandsvorsitzende Noboru Okamura. Doch erst einmal einen Schritt nach dem anderen. Bis dahin standen noch einige Punkte auf der To-Do-Liste der Japaner.

Honda Accord Aerodeck 2.0 Exi
H.-D. Seufert
Für den Sprung in die Mittelklasse war der Honda Accord Aerodeck zuständig.
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Den nächsten Schritt sollte der Honda Accord Aerodeck als dreitürige Coupé-Kombi-Limousine und sportliches Topmodell machen. So wollte sich Honda im oberen Bereich der Mittelklasse etablieren. Über den Weg dorthin war man sich wie es scheint aber nicht ganz einig und entschied sich für eine Kreuzung aus der Basislimousine, einem Kombi und einem Coupé. Was auf den ersten Blick nach einem Kombi aussieht, entpuppt sich beim Einstieg in den Fondbereich als Coupé. Dagegen spricht der große Kofferraum und das gläserne Heck des Accord Aerodeck wiederum für einen Kombi.

Mit einem Einstandspreis von etwas über 25.000 Mark, sollte der Sprung in die Mittelklasse auch kein einfaches Unterfangen für den erstmals in Europa angebotenen Accord sein. Schließlich rief die etablierte Konkurrenz von Opel, Ford und VW bis zu 2.000 Mark weniger für die Mittelklasse auf. Dafür bekam der Aerodeck-Kunde aber ein umfangreiches Pauschalangebot an Extras serviert. Aufpreisfrei verwöhnte der Honda Accord Aerodeck seine Passagiere mit einer Servolenkung, elektrischen Fensterhebern vorn, Gurtbringern, einer Zentralverriegelung, Colorverglasung und einem Blaupunktradio sowie einem für Hondaverhältnisse ungewöhnlich stylischem Design – die Schlafaugen-Scheinwerfer für den Accord gab es in Europa nur beim Aerodeck.

„Ein Paradestück von Nippons Technik-Söhnen“

Das wahre Highlight des Honda Accord Aerodeck 2.0 EXi steckte allerdings unter der flachen Motorhaube. Hier werkelte ein langhubiger Reihenvierer mit drei Ventilen pro Zylinder (zwei Einlassventile, ein Auslassventil), der es dank Einspritzung auf 122 PS brachte. Im ersten Test von 1986 beschrieb ihn auto motor und sport-Redakteur Hans-Peter Leicht als „ein Paradestück von Nippons Technik-Söhnen“ und attestierte dem Zwölfventiler Drehfreude, „ohne in unteren Drehzahlbereichen Durchzugskraft vermissen zu lassen.“

Honda Accord Aerodeck 2.0 Exi
H.-D. Seufert
Ebenso lieferte der Motor keinen Grund für einen außerplanmäßigen Zwischenstopp.

Keine schlechten Voraussetzungen also, mit dem sportlichen Honda Accord Aerodeck in Deutschland auf Kundenfang zu gehen. Schließlich warf das 1.104 Kilo-Coupé mit 197 km/h Spitze und knapp zehn Sekunden für den Sprint auf 100 km/h beachtliche Kennzahlen in die Waagschale. Die bescherten ihm zumindest die Aufnahme in den auto motor und sport-Dauertestfuhrpark. Bei den Neuzulassungen kam der Aerodeck weniger gut weg. Bis 1987 entschieden sich 77 Prozent der Accord-Käufer für die klassische Stufenheck-Limousine.

Im Dauertest überzeugte der Honda Accord Aerodeck weniger

Gar so viel Lob wie zu Beginn der Aerodeck-Karriere hatten die Redakteure nach 80.000 Dauertest-Kilometern aber nicht mehr übrig. In den 14 Monaten Dauertesteinsatz mit zwei harten Wintern hatte der Honda Accord Aerodeck zahlreiche Kinderkrankheiten zu beklagen, die Honda dem Accord künftig austreiben musste, um ihn in der Mittelklasse zu etablieren.

Honda Accord Aerodeck 2.0 Exi
H.-D. Seufert
In den 14 Monaten Dauertesteinsatz mit zwei harten Wintern hatte der Honda Accord Aerodeck zahlreiche Kinderkrankheiten zu beklagen.

Schon in den ersten 16.000 Kilometern löste sich beispielsweise die Verkleidung der Beifahrertür und bei frostigen Temperaturen quittierten die elektrische Antenne und ein Klappscheinwerfer ihren Dienst. Zudem wurden im Fahrtenbuch starkes Fading, verglaste Bremsbeläge und zu weiche Dämpfer moniert und wegen einer löchrigen Manschette musste bei knapp 70.000 Kilometer sogar eine Antriebswelle getauscht werden. Im Zuge der Modellpflege überarbeitete Honda die Dämpfer – nach Angaben der auto motor und sport-Tester ohne spürbaren Erfolg. Im Heizungstest 1987 stellten sich überdies auch echte Multitasking-Fähigkeiten des Aerodeck heraus – der Motorabwärme sei Dank. „Bei konstant 70 km/h kann mit dem Schalthebel die Innenraumtemperatur immerhin um fünf Grad variiert werden.“

„Eine Art Mercedes-Gefühl“ im Honda Accord Aerodeck

Über diese Mängel halfen dem Honda Accord Aerodeck 2.0 EXi auch seine rostfreie Karosserie und der nach wie vor begeisternde sowie tadellos arbeitende Motor nicht hinweg. Vielleicht auch seines Durstes wegen. Über die Testdistanz pumpte der Einspritzer 9.280 Liter Super durch die Brennräume und brachte es im Schnitt so auf 11,6 Liter pro 100 Kilometer – sparsam war das auch in den 80ern nicht. Auf solche Dinge kam es dem Aerodeck-Kunden aber wahrscheinlich gar nicht an. Der Honda Accord Aerodeck wusste seine wenigen Besitzer mit anderen Attributen zu überzeugen. In einer Leserbefragung erklärte Rudolf Roch aus Bad Krozingen damals zum Beispiel, dass ihm sein Honda Accord „eine Art von Mercedes-Gefühl“ vermittle. Damit konnte Honda-Boss Noboru Okamura auf seiner To-Do-Liste zumindest schon mal ein weiteres Häckchen setzen. 

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