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Rallye-Vizeweltmeister Mikko Hirvonen im Porträt
Das Bleichgesicht knöpft sich Loeb vor

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Die schmächtigen, bleichen Jungs werden immer unterschätzt. Dabei weiß doch jedes Kind, dass es ein Luke Skywalker, ein Frodo Beutlin oder ein Harry Potter sind, die im Kampf gegen das Übermächtige über sich hinauswachsen. Auch Mikko Hirvonen ist so einer. Der Finne ist der heiße Atem im Genick von Weltmeister Sébastien Loeb.

Das Bleichgesicht knöpft sich Loeb vor

Hirvonen, dass war lange Zeit der Mann, der die Punkte holen musste, während andere um die großen Siege fuhren. Als er 2008 vermeintlich endlich in die Rolle der Nummer eins geschlüpft war, holte Latvala bei seinem erst zweiten Werkseinsatz einen Sieg in Schweden. "Mikko bekommt ein Problem", sagte Vorruheständler Grönholm. Er sollte sich irren. Während Shootingstar Latvala im Vorjahr eine Bruchlandung nach der anderen hinlegte, entwickelte sich jener Hirvonen zu dem Mann, der das Team anführt und die Hoffnungen hoch hält.

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Mikko hat sich im vergangenen Jahr keinen Fehler geleistet

Um einen einzigen Punkt verlor er die Fahrer-WM 2009. Citroëns Sportchef Olivier Quesnel, der bei jeder Gelegenheit fallen lässt, Loeb für einen Magier zu halten, zieht den Hut. "Ich hätte nicht gedacht, dass Mikko so stark sein würde. Er ist besser als Grönholm. Der hat unter Druck immer wieder Fehler gemacht." Mit Grönholm hatte sich Loeb ultimative Schlachten geliefert, aber am Ende jeder Saison ließ er den langen Finnen dank dessen Aussetzern doch immer mühelos hinter sich. "Seine Fehler haben Marcus zwei Weltmeisterschaften gekostet. Mikko hat sich im vergangenen Jahr keinen einzigen geleistet", sagt sein Teamchef Malcolm Wilson. Der lud die zu Beginn des Jahrtausends nur absoluten Insidern bekannten Finnen Hirvonen und Latvala 2002 zu einem Test nach Cumbria.

Schon 2003 saß Hirvonen in einem werksunterstützten Ford Focus. Dabei machte er eine so gute Figur, dass Subaru ihn für 2004 als Ersatz für den zurückgetretenen Superstar Tommi Mäkinen in einen Werks-Impreza setzte. Doch neben dem frisch gebackenen Weltmeister Petter Solberg wirkte der Newcomer zunächst blass. Unter großem Druck beim Heimspiel in Finnland setzte er sein Auto schon bei der Auftaktprüfung vor 20.000 Zuschauern in die Leitplanke. "Der schwachsinnigste Fehler in der Geschichte des Rallyesports", sagte der Unglücksrabe später. Die heimische Presse war sich endgültig sicher: Hirvonen ist kein Siegertyp. Doch der wenig hoch gehandelte Finne brachte 2005 mit einem privat eingesetzten Ford Focus erstaunliche Leistungen.

Hirvonen hat zwölf WM-Siege auf dem Konto

"Wenn ich mit dem Rücken zur Wand stehe, bin ich am stärksten", weiß er. Seit 2006 ist er Werks-Fahrer bei Ford. Mittlerweile hat er zwölf WM-Siege auf dem Konto. Er hielt die WM 2008 erstaunlich lange offen, und Ende 2009 fand sich der große Loeb plötzlich erstmals in der Situation wieder, dass er das Finale unbedingt gewinnen musste, um nicht entthront zu werden. Am vorletzten Abend eines der spannendsten Rallyejahre aller Zeiten sitzt Loeb an der Zeitkontrolle im Dunkel seines Citroën und überlegt. Grönholm und Hirvonen will er eigentlich nicht vergleichen. Er stimmt zu, dass Grönholm in der Lage war, noch ein Extraschippchen Wahnsinn in die Waagschale zu werfen. War der zweimalige Weltmeister in dieser Verfassung, konnte ihn auch Loeb nicht halten. Aber der tief im Schalensitz hängende Loeb, der zuvor eher schleppend antwortet, hat plötzlich das Gefühl, etwas korrigieren zu müssen. Eilig ruckelt er sich im Sitz hoch und spricht mit ungewohntem Nachdruck: "Hey, aber Mikko ist sehr schnell. Und er bleibt immer auf der Straße." Ein einziges Mal fiel Hirvonen aus, als die Wasserpumpe seines Ford Focus in Argentinien streikte.

Mikko Hirvonen trieb Loeb zu Fehlern

Bis zu diesem Zeitpunkt lieferte er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Loeb. "Noch nie musste ich in einem Jahr bei so vielen Rallyes von der ersten bis zur letzten Prüfung kämpfen", sagt der Champion aus Frankreich. "Es ist gut, dass Mikko einen Schritt nach vorn gemacht hat." Lässt man die Ausfälle außer Acht, nahm Loeb Hirvonen in der kompletten Saison 2009 lediglich 42,4 Sekunden ab. Niemand trieb den vielleicht besten Autofahrer aller Zeiten in so viele Fehler wie Mikko Hirvonen. Manche sind dennoch immer noch der Meinung, es wäre nur das Pech des Weltmeisters gewesen, das den angeblich so unscheinbaren Punktesammler Hirvonen in die Position brachte, mit einem Punkt Vorsprung zum letzten Lauf nach Wales zu reisen. Wenn Citroën-Star Loeb den bösen Wolf gab, musste Ford-Mann Hirvonen sich bisher stets das Eichhörnchenkostüm anziehen. Dabei verstehen sich beide bestens. Im Normalfall trifft man sich ja ohnehin an jeder Zeitkontrolle, plauscht ein bisschen, zieht sich gegenseitig auf.

Bis fünf Minuten vor dem Start einer Prüfung albert Hirvonen gern herum. Erst wenn er die Autotür schließt, schaltet er auf volle Konzentration. Seit er 2005 als Privatfahrer vor einer Rallye durch die Kneipen zog und anschließend in Führung lag, weiß er, dass er nur starke Leistungen bringt, wenn er locker bleibt. Probleme mit dem Einschlafen hatte er noch nie. Wie einige seiner Kollegen einen Mentaltrainer zu beschäftigen, hält er für Geldverschwendung. Teamchef Wilson nennt ihn den Eismann - ungeachtet der Tatsache, dass diesen Spitznamen schon Kimi Räikkönen trägt. "Das passt nicht. Er ist ein viel zu warmer Mensch", sagt Georgina Finney, die in der Ford-Presseabteilung für Hirvonen zuständig ist. Manchmal ruft ihr Schützling sie an. "Ich wollte nur mal wissen, wie es dir geht", sagt er dann. Wer dagegen bei Hirvonens durchklingelt, kann sich schon mal auf etwas Wartezeit gefasst machen, weil Mama Carolina vielleicht zur Arbeit gegangen ist und Papa Mikko gerade am Herd steht und mit dem Reis kämpft. Einmal am Apparat ist er zuweilen etwas schwer zu verstehen wegen des Lärms im Hintergrund, wenn die Kinder im Wohnzimmer Eishockey spielen.

Hirvonen wird stets unterschätzt

Wenn er nicht an seinem alten Escort schraubt, ist er Hausmann. "Ich rede nicht viel über Rallyes, wenn ich zu Hause bin", meint er. Dass er so geerdet ist, verdankt er auch seiner Umgebung. In Jyväskylä wimmelt es von Rallye-Legenden. Und die Finnen machen kein großes Aufheben um einen Helden mehr oder weniger. Bei den TV-Teams hat Hirvonen einen Stein im Brett. Er ist immer ansprechbar, beliebt wegen seines Humors, und er gibt ehrliche Antworten. Eine Ausrede für eigene Unzulänglichkeiten hat er noch nie gesucht. Die Mechaniker lieben ihn. Die meisten sind im gleichen Alter, mit einigen ist er befreundet und hat mit ihnen immer eine Fußball-Wette laufen. Das Gros der Ford-Leute begeistert sich für Manchester United, Hirvonen ist Liverpool-Fan. Vielleicht ist das einer der Gründe, weshalb Hirvonen stets unterschätzt wird. Er ist nicht nur bescheiden und höflich, sondern vor allem nett. "Die netten Jungs werden Zweite", sagt ein amerikanisches Sprichwort. Mag sein, dass das stimmt, aber der schmale Nordmann hat zum einen erstaunliche Nehmerqualitäten und zum zweiten Geduld.

Er wird 2010 versuchen, noch schneller zu fahren, wieder keinen Fehler zu machen. Er wird auf einen Fehler oder Defekt bei Loeb warten. Hirvonen ist erst 29, Loeb wird im Februar 36. "Wenn es nicht klappt, versuche ich es eben im nächsten Jahr wieder." "Er weiß jetzt, dass er es schaffen kann. Er wird 2010 umso stärker zurückkommen", sagt sein Beifahrer Jarmo Lehtinen. Es war wichtig, Loeb in Finnland zerrüttet zu haben. Endlich bekam er die Anerkennung seiner Landsleute. Sein Selbstvertrauen ist gewachsen und damit einhergehend die Sicherheit in der Abstimmung. Immer wenn unbekannte Rallyes auf dem Programm stehen, sieht er gegen den erfahreneren Loeb gut aus. Dass er in Angriffslaune häufig das Auto überfuhr und so Zeit verlor, hat er weitgehend abgestellt. Auch zuweilen als Erster auf die Piste zu müssen, bringt ihn nicht mehr aus dem Konzept.

"Früher hatte Mikko stets ein paar Prüfungen, in denen er geschwächelt hat", meint Lehtinen, doch 2009 war sein Chauffeur ein Muster an Konstanz. Hirvonen wird weiter an seinen Schwächen arbeiten. Auf rutschigem Asphalt fehlt ihm gegenüber Loeb immer noch das traumwandlerische Gefühl für den Zustand der Straße, für den perfekten Bremspunkt. Er glaubt ausgemacht zu haben, dass zudem das heftige Abkürzen über den Straßenrand Zeit kostet. Asphalt-König Loeb schneidet die Kurven weniger. 2010 wird die Aufgabe für den Vize-Weltmeister nicht einfacher. In der zweiten Saisonhälfte stehen in Deutschland, im Elsass und Spanien gleich drei Rallyes auf Festbelägen an, in denen er gegen die Citroën-Phalanx Loeb und Dani Sordo im Normalfall allenfalls Platz drei holen kann.

Sein Niveau hebt Hirvonen aus dem Rest des Feldes klar heraus

Kaum jemand glaubt, dass der Finne jemals das Niveau des sechsfachen Weltmeisters erreichen wird. Doch immerhin befindet er sich auf einem Level, der ihn aus dem Rest des Feldes klar heraushebt. Rupert Grint, besser bekannt als Harry Potters bester Kumpel Ron Weasley, stand beim letzten WM-Finale in den Wäldern von Wales. Der 21-jährige Schauspieler geriet ins Schwärmen: "Ich bin völlig geschockt, was die für ein Tempo fahren." Sébastien Loeb schlug Mikko Hirvonen knapp und resümierte: "Dass am Ende einer verlieren musste, hatte eigentlich keiner von uns verdient."

Beim WRC-Saisonauftakt 2010 hat Mikko Hirvonen Sébastien Loeb bereits geschlagen -> Rallye Schweden 2010.

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Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten