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Qoros 3 startet in China
Das steckt hinter der neuen China-Limousine

Der chinesische Hersteller Qoros steht kurz vor der Markteinführung seines ersten Autos. Der Qoros 3 Sedan soll im November in China in den Verkauf gehen. Wir haben intensiv hinter die Kulissen geblickt und zeigen Ihnen wie sich Qoros auf den derzeit wichtigsten Absatzmarkt vorbereitet hat.

Qoros 3 Sedan
Foto: Thomas Gerhardt

Es ist schon eine spannende Geschichte. In China, dem aktuellen Wirtschafts-Motor für die deutsche und natürlich auch internationale Autoindustrie erlebt die automobile Welt gerade das Heranwachsen einer neuen Marke: Qoros. 2007 mit dem Ziel gegründet, als ernstzunehmender Wettbewerber den chinesischen Markt zu erobern, steht das Joint-Venture zwischen dem Autobauer Chery Automobile und dem israelischen Konzern Israel Corporation mittlerweile vor der Markteinführung des ersten Serienmodells. Dem Qoros 3 Sedan.

Unsere Highlights

Qoros 3 kommt in China zunächst mit 2 Benzinern auf den Markt

Der Qoros 3 - Hoffnungsträger der neuen Marke - sieht zwar nicht besonders spektakulär, dafür aber erfrischend schlicht aus. Während sich die hiesige Autoindustrie zunehmend auf das Besetzen neuer Nischen für den Heimatmarkt konzentriert, lässt Qoros sein erstes Serienmodell in Form der in China sehr gefragten Stufenheck-Limousine vom Band rollen. Der 4,70 Meter lange Qoros 3 wird zunächst von einem 4-Zylinder-Saugmotor oder einer Turbo-Variante in Verbindung mit einem 6-Gang-Schalt- oder -Doppelkupplungsgetriebe angeboten und soll chinesische Käufer mit einem üppigen Innenraumangebot (Radstand: 2,70 Meter), einem ausgeklügelten Infotainmentsystem, vor allem aber mit Qualität überzeugen. Qualität, die bislang nur internationale, aber eben kein chinesischer Autobauer liefern konnte.

Das Fundament der Marke Qoros kann im Grunde auf 3 wichtige Säulen reduziert werden: die Finanzkraft der israelischen Teilhaber (Israel Corp investierte bislang etwa 500 Mio Euro in Qoros), die guten Beziehungen von Chery zur chinesischen Regierung und ein Team aus europäischen Ingenieuren und Experten.

Qoros entstand auf einem weißen Blatt Papier

Schlüsselfigur und von der ersten Stunde an mit dabei ist Qoros-Vizechef Volker Steinwascher. Der ehemalige VW-Manager, der bei den Wolfsburgern zuletzt das USA-Geschäft verantwortete, entwickelte die Marke Qoros quasi auf einem weißen Blatt Papier. "Da kann man vieles anders machen." Vielleicht sogar besser?

Steinwascher selbst gibt bei einer Informationsveranstaltung für die europäische Presse noch einmal die Strategie bekannt. Die Basis bildet eine modulare Plattform auf der sich Sitzposition, Radgröße, Radstand und auch die Fahrzeugüberhänge variabel gestalten lassen. Bei verhältnismäßig geringen Kosten soll auf diese Weise eine breite Produktpalette realisiert werden. Einen Ausblick in die Qoros-Zukunft liefert der Ingenieur gleich hinterher. Der Limousine, die ähnlich wie der Skoda Octavia am "oberen Ende" des Kompaktsegments angesiedelt ist, sollen eine Schrägheck-Variante und ein Crossover-SUV-Modell folgen. Später wolle Qoros auch in die Segmente Kleinwagen und Obere Mittelklasse vordringen. Die Oberklasse sowie ein Van oder Sportwagen sind nach Aussage von Steinwascher noch reine Zukunftsmusik, über die derzeit nicht weiter gesprochen werden müsste.

Eine breite Produktpalette allein ist aber mit Sicherheit noch kein Erfolgsgarant. Das weiß man auch bei Qoros, die bei Entwicklung und Produktion der Fahrzeuge auf bekannte Zulieferer wie Magna, AVL, Bosch und Getrag setzen. Wichtigste Stütze für den Wettbewerb ist ganz klar die Qualität. Und zwar bis ins kleinste Detail. Das fängt schon beim Design an. Verantwortlich dafür ist Gert Hildebrand. Auch der ehemalige Mini-Designer konnte seine Arbeit bei Qoros auf einem weißen Blatt Papier beginnen, zum Zeitpunkt als die Entwicklung der Fahrzeug-Plattform bereits abgeschlossen war.

Qualität auch im Detail

Hildebrand ist ein Mann der Ästhetik, bevorzugt das simple Design und erklärt nicht ohne Stolz die gestalterischen Qualitätsmerkmale des Qoros 3. Dazu zählen unter anderem die klare, einfache Linienführung und Details wie die horizontale Verbindung zwischen A-Säule und der Seitenpartie. Auch den Kühlergrill, dessen Profil so weit in die Tiefe ragt, dass der dahinterliegende Kühler beim Betrachten der Front nicht sichtbar wird, lässt der Designer nicht unerwähnt.

Hildebrand hat bei seiner Arbeit aber auch immer die Funktionalität im Hinterkopf gehabt. Er weiß dass Käufer nicht nur Wert auf ein ansprechendes Äußeres legen. "Wenn sich ein Kunde beim Ein- und Aussteigen den Kopf anstößt, verzeiht er dir das nie." Um das zu verhindern, ist zum Beispiel die C-Säule des Qoros 3 ähnlich wie bei BMW-Modellen gezeichnet. Eine Kopie des Hofmeister-Knicks? "Im Automobilbau darf sich Bewährtes eben auch mal wiederholen."

Der Qoros 3 soll auf seinem Primärmarkt in China vor allem junge Käufer in einem Alter zwischen 25 und 30 Jahren erreichen. Starke Motoren und Fahrdynamik stehen bei den potentiellen Abnehmern eher hinten auf der Wunschliste. Für Klaus Schmidt, der bei Qoros für den kompletten Antriebsstrang verantwortlich ist, sollen die beiden 1,6-Liter-Benizinmotoren (126 PS und 156 PS, Start-Stopp serienmäßig) in Kombination mit einem 6-Gang-Schalt- oder einem 6-Stufen-Doppelkupplungsgetriebe zunächst ausreichen. Entwickelt wurden die Triebwerke zusammen mit AVL in Graz, die Getriebe entstammen einer Kooperation mit Getrag. Um Kosten zu senken setzt Schmidt, der vor Qoros bei der M GmbH tätig war, beim Fahrwerk auf eine Kombination aus Federbein-Vorderachse und Verbundlenker-Hinterachse. Für den Eintritt in den europäischen Markt sei aber auch eine Mehrlenkerachse im Gespräch.

Leicht zu bedienendes Infotainment mit Cloud-Funktion

Ähnlich wie in Europa bestimmen auch in China mobile Kommunikationsgeräte wie iPhone und Co immer mehr den Alltag. Um auf dem Heimatmarkt erfolgreich zu sein, nahm bei Qoros daher das Infotainmentsystem von Anfang an einen hohen Stellenwert ein. Nicht zuletzt deshalb war der Verantwortliche für den Bereich HMI (human machine interface), Stefano Villanti der dritte Angestellte nach dem Führungs-Duo Guo Qian (Vorstandsvorsitzender) und Volker Steinwascher.

Im Fokus der Entwicklung standen vor allem die Bedienbarkeit und die Vernetzung. Im ersten Schritt hatte Qoros deshalb eine umfangreiche Testserie gestartet, die das Nutzerverhalten von rund 1.000 Autofahrern dokumentierte. Resultat: das Infotainmentsystem ist fast ausschließlich über den 8 Zoll großen Touchscreen in der Mittelkonsole bedienbar. Daneben existieren nur noch ein Lautstärkeregler und ein Home-Schalter, der direkt zur Startseite zurückführt. Den Rest steuert der Fahrer über Wisch-Bewegungen mit einem oder 2 Fingern oder eben einfachen Berührungen.

Hinter der Hardware steckt eine in Kooperation mit Microsoft entwickelte Qloud, die den Nutzer mit dem Internet oder weiteren Nutzern vernetzt. So lassen sich zum Beispiel Routen über eine spezielle Qoros-Homepage auch über Smartphones direkt in das Navigationssystem einspeisen. Über die Qloud ist zudem garantiert, dass die Navi-Daten immer auf dem neuesten Stand sind und vom Qoros-Besitzer nicht selbstständig aktualisiert werden müssen. Außerdem stehen Funktionen wie zum Beispiel das Speichern und Teilen von Routen oder Fahrzeug- und Verbrauchsdaten zur Verfügung. Verkehrsinformationen in Echtzeit und eine Notruf-Funktionen runden den Umfang ab. Nach Angaben von Qoros wird das Infotainmentsystem serienmäßig eingebaut.

Qoros 3 erreicht 5 Sterne beim EuroNCAP-Crashtest

Die Qoros-Manager sind überzeugt, dass chinesische Autokäufer schon aus Patriotismus lieber chinesische als ausländische Fabrikate kaufen würden, wenn die Qualitäts-Standards denen internationaler Modelle entsprechen. Von enormer Wichtigkeit ist für die neue Automarke daher auch ein Top-Ergebnis beim Crashtest. Und weil sich der chinesisch-israelische Autobauer selbst in China am liebsten als internationale Marke positionieren will und somit auch weltweit vergleichbar sein muss, kommt für den Crashtest nur ein international renommiertes Verfahren in Frage: der EuroNCAP. Das Ergebnis von 5 Sternen ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Qoros 3 auf der internationalen Autobühne einen ernstzunehmenden Wettberwerber darstellt.

Um die Absatzchancen der im Werk Chanshu (rund 100 km von Shanghai enfernt) gebauten Qoros-Modelle scheint es also ganz gut bestellt zu sein. 150.000 Einheiten sollen im ersten Jahr vom Band laufen. Die Fabrik ist allerdings schon von vornherein so gebaut, dass sich die Kapazität ohne größeren Aufwand auf 350.000 Fahrzeuge erhöhen lässt. Auch für den Nachwuchs ist gesorgt. Zu den rund 1.100 Qoros-Angestellten könnten schon bald die Absolventen der sogenannten Qoros-Klassen an der technischen Hochschule von Chanshu stoßen. Sie werden ähnlich wie bei der deutschen Berufsschule im Wechsel von Theorie und Praxis direkt von Bereichsleitern aus dem Werk unterrichtet.

China ist der wichtigste Markt für Qoros

Zuversichtlich sind auch Volker Steinwascher und seine Manager-Garde. Sie glauben an einen erfolgreichen Marktstart in China und eine gute Absatz-Entwicklung von Qoros. Gleichzeitig gibt sich die Truppe bescheiden und bodenständig. Und das, obwohl ihre Leistung wirklich beeindruckt. Schließlich liegen zwischen dem besagten weißen Blatt Papier und dem anstehenden Marktstart des ersten Serienmodells kaum mehr als 5 Jahre.

Auch Steinwascher ist über die rasante Entwicklung immer wieder überrascht. Er beschreibt China als "ein einziges großes Dorf" und weist auf die guten Regierungskontakte des chinesischen Teilhabers Chery hin, die schon so manchen bürokratischen Weg schnell und unkompliziert geebnet haben. Auf die Frage, wann Qoros denn nach Deutschland expandiere, gibt sich Steinwascher zurückhaltend. Deutschland sei "ein schwieriger Markt." Das primäre Ziel ist der Markt in China, "dann sehen wir weiter." Es bleibt also spannend.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten