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Plug-in-Hybride von VW
Die große Plug-in-Offensive

Mit dem Audi Duo war der VW-Konzern Ende der neunziger Jahre schon mal ganz vorne bei den Hybrid-Modellen. Jetzt soll das wieder so werden: Zur IAA 2013 treten drei Konzernmarken mit vier Plug-in-Hybriden an und bilden damit eine derzeit einzigartige Hybrid-Offensive. Wir zeigen, was der Audi A3 E-Tron, Porsche Panamera E-Hybrid und VW Golf Plug-in-Hybrid sowie XL1 technisch draufhaben.

VW XL1, Audi A3 E-Tron, Golf Plug-in-Hybrid, Porsche Panamera e-Hybrid
Foto: Hans-Dieter Seufert

Brennstoffzelle, Range Extender, Akku-, Air-, Plug-in-Hybrid-Antrieb, Asynchron- und Synchronmotor – man darf der Öffentlichkeit nicht vorwerfen, dass sie beim Thema Antrieb der Zukunft zu Schwarzweiß-Diskussionen neigt. Was da in den nächsten Jahren auf uns zurollt, ist hochkomplex und von einer Vielfalt wie nie zuvor in der Geschichte des Automobils. Da liegt es nahe, sich auf einfache Entscheidungen wie die, ob das Auto der Zukunft einen E- oder Verbrennungsmotor hat, zurückzuziehen. Doch die Batterie wird noch lange Zeit zu schwer und zu teuer für große Reichweiten sein.

Daher wäre es fatal, wenn in der schwarzweißen Ausschließlichkeit eines unterginge: Der Elektro- und Verbrennungsmotor stehen sich nicht todgeweiht wie Römer und Germanen bei der Arminius-Schlacht gegenüber, sondern sind exzellente Antriebs-Partner, die gerade zusammen zur Höchstform auflaufen. Der an der Steckdose aufladbare Plug-in-Hybrid kombiniert beide zum derzeit idealen Allround-Antrieb. Und während einzelne Nimmermüde der deutschen Autoindustrie das Verschlafen des Hybridbereichs vorwerfen, macht der VW-Konzern zur IAA 2013 das einzig Richtige und kontert mit einer in der Breite einzigartigen Plug-in-Hybrid-Flotte.

Plug-in-Hybrid ist idealer Allround-Antrieb

Die Plug-in-Idee ist nur logisch. Der Elektromotor liebt den stehenden Start. Dann rennt sein Rotor sofort mit vollem Drehmoment, extrem hohem Wirkungsgrad und kaum hörbaren Geräuschen. Das prädestiniert den E-Antrieb nicht nur für den städtischen Bereich, sondern prinzipiell für den unharmonischen Kurzstreckenverkehr. Mit Abstand die meisten Fahrten in Deutschland werden unterhalb von 40 Kilometer Strecke absolviert. Deckt der Plug-in-Hybrid diese mit dem Energieinhalt seines Akkus ab, reicht dem Fahrer in den meisten Fällen das Auftanken an der heimischen Steckdose. Bietet der Parkplatz am Arbeitsplatz eine weitere Lademöglichkeit, verdoppelt sich die Tages-Reichweite praktisch sogar.

Der Verbrennungsmotor liebt dagegen den f liegenden Start. Er ist dann am besten, wenn er in Schwung ist und durch sein niedertouriges Drehmoment- und Wirkungsgradloch hindurch. Auf längeren Strecken bei gleichmäßiger Drehzahl und durchaus höherem Tempo gleiten, da fühlt er sich am wohlsten. Innerhalb von Minuten tankt er wieder Energie für Hunderte Kilometer nach. So schnell, wie es wohl kein E-Auto jemals an einer Strippe geladen erreichen wird. Was er nicht vermag, ist Roll- oder Verzögerungsenergie wieder zu speichern. Dafür muss wieder der Elektromotor einspringen. Allein seine Fähigkeit, als Generator Bremsenergie zu rekuperieren, macht ihn schon zum unabdingbaren Antriebspartner für quasi jede Antriebsform der Zukunft. Nebenbei glättet er Schaltunterbrechungen, füllt Turbolöcher und harmonisiert mit blitzschnellen Kraftstößen den Vortrieb.

VW XL1 mit unter einem Liter Verbrauch

Wie tief der so optimierte Energiekonsum dann sinken kann, zeigt exemplarisch der mit Spritspar-Technik vollgestopfte VW XL1. Mit seinem Zweizylinder-Verbrennungsmotor und dem 20-kW-Elektromotor kommt er laut NEFZ auf nur 0,89 Liter Diesel pro 100 km. Dabei muss freilich berücksichtigt werden, dass nach der ECE-Norm R101 der reine Spritverbrauch nach einer von der elektrischen Reichweite abhängigen Formel rechnerisch gesenkt wird. Diese Formel orientiert sich an den Strecken eines durchschnittlichen Fahrers (hoher Kurzstreckenanteil). 25 km elektrische Reichweite ergeben dabei schon eine Verbrauchsreduktion um den Faktor zwei, die 50 km des XL1 entsprechen Faktor drei.

Damit spritzt der 0,8-Liter-Turbodiesel auch für sich nur rund 2,7 Liter pro 100 km ein. Dass die zweisitzige Karbon-Zigarre dabei mit einem Zehn-Liter-Tank 500 km Reichweite erzielt, zeigt, wie klug Elektro- und Verbrennungsmotor zusammenspielen. Und wie aerodynamisch (cW 0,189) und leicht (795 kg) die Öko-Flunder ist.

In der Praxis springt der außenspiegellose (Seitenkamera) Zweizylinder nur sehr selten bei niedrigem Akkustand (5,5-kWh-Lithium-Ionen) oder hohem Autobahntempo an. So extrem der XL1 auch ausgelegt ist, technisch lotet er noch nicht alles aus, was der VW-Konzern im Köcher hat.

Hybrid bietet neben Spar- auch Fahrspaß

Der neue elektronische Bremskraftverstärker – intern kurz eBKV genannt – startet erst mit dem VW E-Up und den Plug-in-Hybriden Audi A3 und Golf. Wobei die beiden Letzteren auf den Modulen des Querbaukastens aufbauen und im Antriebsbereich identisch sind.

Vor allem zwei Punkte soll der eBKV verbessern: die Effizienz der Bremsenergie-Rekuperation (bis zu 0,3 g) und das Bremspedalgefühl. Wie eine erste Fahrt im VW E-Up zeigte, macht er das auf überzeugende Weise. Wer durchs Gebirge kreuzt, erlebt im Tal erstaunliche Zuwächse der Akkuladung durchs Herabrollen.

Im Gegensatz zum XL1 sind der A3- und Golf-Plug-in-Hybrid nicht nur als extreme Sparer, sondern auch als sportliche Autos angelegt. Mit einer Systemleistung von 204 PS liegen die Fahrleistungen der nicht ganz 1,6 Tonnen schweren Wagen nur etwas unterhalb des GTI. Der Verbrauch soll dagegen sensationell sein: 1,5 Liter pro 100 km, was einem CO2-Ausstoß von 35 Gramm/km entspricht. Auch hier helfen wieder die 50 km elektrische Reichweite bei der Verbrauchsreduktion um den Faktor drei. Jedoch sind 4,5 Liter normaler hybridischer Verbrauch ebenso beachtenswert, zumal sie bei viel besseren Fahrleistungen kaum schlechter als die eines Toyota Prius sind.

Als 106 Kilogramm schwerer Verbrennungsmotor treibt der 1,4-Liter-TFSI (oder TSI bei VW) die Kurbelwelle an. Der Direkteinspritzer-Turbo setzt ebenso wie das GTI-Aggregat auf einen in den Zylinderkopf integrierten Abgaskrümmer. So kommt das Kühlwasser schneller auf Temperatur. Noch wichtiger ist aber, dass bei hoher Last über effizientere Kühlung die für Downsizing-Antriebe typische spritschluckende hohe Anreicherung reduziert werden soll.

Die in das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe integrierte zusätzliche Trennkupplung verbindet den bis zu 80 kW (109 PS) starken Elektromotor. Dabei übergeben die beiden Motoren ihr maximales Drehmoment im fließenden Übergang: der E-Motor von null bis 2.200/min mit 330 Nm und der Verbrenner von 1.750 bis 4.000/min. Die unterschiedlichen Arbeitsbereiche sind der Grund, wieso die Systemleistung unter der theoretischen Gesamtleistung von 252 PS liegt.

Der synchrone Elektromotor mit permanenten Magneten ist in das Getriebegehäuse integriert. Deshalb unterscheidet sich dieser E-Motor deutlich von dem des E-Golf. Dort bietet der Stromläufer auch mehr Leistung, weil die größere Batterie mehr Strom liefert. Die 125 Kilogramm schwere, flüssiggekühlte Lithium-Ionen-Einheit bietet einen Brutto-Energieinhalt von 8,8 kWh. In rund zwei Stunden ist sie an 230 Volt vollgeladen.

Ob der Plug-in-Hybrid elektrisch, hybridisch oder im so genannten Hold-Modus fährt, kann der Pilot auf Knopfdruck wählen. Im Hold-Modus wird der Ladezustand für die nächste Stadt gehalten. Auch die Rekuperation lässt sich in Stufen wählen. Auf diesen Antrieb dürfen sich also auch passionierte Piloten mit Spieltrieb freuen.

Technik von XL1 und E-Tron

In seiner Radikalität ist der VW XL1 sicher nicht großserientauglich. Das letzte Quäntchen Effizienz ist extrem teuer, und ein Zweisitzer mit Heckantrieb wird es wohl nie in die Masse schaffen. Doch seine Entwicklung war für den VW-Konzern ein wichtiges Übungsfeld, um Erfahrungen für weitere Sparkonzepte zu sammeln. So wird sich der Zweizylinder-Diesel wie auch der Elektromotor zukünftig in weiteren Hybrid-Modellen finden. Etwas ungewöhnlich ist die servofreie Lenkung des XL1. Sie ist leicht und extrem effizient, verlangt aber beim Rangieren durchaus starke Arme. Der Audi A3 E-Tron zielt dagegen auf die breite Masse und will mit seinen 204 PS und 1,5 Liter Normverbrauch Sportfahrer gleichsam abholen. Das Erfolgsrezept, mit dem sich die TDI in den neunziger Jahren durchsetzten. Trotz des aufwendigen Zwitter-Antriebs bleibt das Leergewicht mit 1.574 Kilogramm dabei überraschend niedrig.

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