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Neuheiten von Audi und BMW bis 2018
Wer baut in Zukunft die besseren Autos?

BMW ist der Stückzahlen-König bei Premium-Fahrzeugen, Audi möchte es werden. Mit welchen Modellen soll das gelingen? Und was hat der Kunde von diesem Duell?

Audi Q5, BMW X3
Foto: Christian Schulte

Ein Schauplatz für einen lokalen Western von globaler Bedeutung ließe sich zwischen München und Ingolstadt sicher finden, vermutlich in der Holledau. Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender der Audi AG, und Harald Krüger, der am 13. Mai Norbert Reithofer als BMW-Vorstandsvorsitzenden ablöst, würden sich dann in irgendeinem Dorf zwischen Kirche und Wirtshaus gegenüberstehen. Vertrocknete Hopfendolden wehen über den Platz, die Manager blicken sich grimmig an.

Ein Duell soll ausgetragen werden, Stadler fordert Krüger heraus, will die Vormachtstellung im Premium-Segment erkämpfen. Seine Waffen: Ein ganzer Schwung neuer Modelle und Technologien – die natürlich auch Krüger im Holster stecken hat. Nicht unerheblich: BMW begann rechtzeitig, Nischen zu besetzen, ohne Rücksicht darauf, ob die entsprechenden Fahrzeuge zu 100 Prozent dem Fahrdynamik-Ideal der Marke entsprachen. Doch der Erfolg gibt der Strategie recht. Mit dem X3 beispielsweise brachte BMW 2003 bereits einen zweiten SUV auf die Straße, da hatte Audi noch nicht mal einen im Angebot (der Q7 kam erst 2005) – nur eine der Maßnahmen, die BMW die Führungsposition bei den selbst ernannten Anbietern von Premium-Fahrzeugen einbrachten.

BMW mit einheitlicher SUV-Modellbasis

Ob der Vorsprung reicht, um die Spitzenposition in Zukunft zu behaupten? Jetzt steht jedenfalls die Ablösung der Rivalen X3 und Q5 an. Beide legen in der Länge um ein paar Zentimeter zu, wachsen auf rund 4,70 Meter. Vor allem aber soll an der Raumausnutzung gearbeitet werden. In beiden stecken weiterhin Längsmotoren, während die kleineren Schwestermodelle X1 und Q3 über quer eingebaute Triebwerke verfügen. BMW arbeitet daher an einer neuen Architektur für die SUV vom X3 an aufwärts – was obendrein Kosten spart, denn derzeit leisten sich X3 und X4 jeweils eine weitgehend eigenständige Basis. Der Q5 wird ebenfalls von Grund auf neu entwickelt, erhält rund drei Zentimeter mehr Radstand. Dennoch soll eine deutliche Reduzierung des Gewichts möglich sein, voraussichtlich um rund 80 Kilogramm.

Antriebsseitig bleibt es vorerst bei den bekannten Diesel- und Benzinmotoren in ihrer jeweils aktuellsten Ausprägung. Interessantes Detail: Beim Audi stellt der SQ5 mit 313 PS starkem TDI rund 11 Prozent der Verkäufe, der gleich starke X3 kommt innerhalb der Baureihe auf 6,6 Prozent. "Die Strategie, den starken Diesel mit einer eigenständigen, betont sportlichen Ausstattung zu kombinieren, ist schlicht die bessere", gibt ein BMW-Manager zu.

Also schiebt BMW bereits beim aktuellen X4 eine M-Performance-Variante nach, allerdings als Benziner, da sie speziell in den USA und China Abnehmer finden soll. Doch damit nicht genug: Mit den neuen Generationen von X3 und Q5 startet jeweils das Wettrüsten in diesem Segment, denn sowohl die Quattro als auch die M GmbH arbeiten an SUV-Derivaten mit jeweils rund 440 PS starken Sechszylinder-Aggregaten. "Der Erfolg des RS Q3 zeigt, dass wir uns künftig verstärkt mit Offroadern auseinandersetzen müssen", sagt Heinz Hollerweger, Chef der Quattro GmbH. Andererseits halten beide Unternehmen bei X3 und Q5 an den Varianten mit Hinterrad- (X3) und Frontantrieb (Q5) fest, um den Flottenverbrauch aufzuhübschen. Plug-in-Hybride sollen ebenfalls dazu beitragen, ihre elektrische Reichweite liegt jeweils bei rund 30 Kilometern. Preislich sollen sie sich an der leistungsmäßig vergleichbaren Benziner-Variante orientieren.

Das gilt auch für die kleineren SUV, wenngleich hier die Käufer meist zu den günstigeren Ausführungen ohne Allradantrieb greifen. BMW rechnet beim X1, der künftig auf der Frontantriebs-Plattform mit langem Radstand des 2er Gran Tourer aufbaut, mit rund 40 Prozent. Übrigens: Mit dem Modellwechsel verlagert BMW die Produktion des SUV von Leipzig nach Regensburg. Der Q3 hingegen kommt auch in zweiter Generation aus Spanien, schließlich erhält er ein Schwestermodell von Seat – beides sollte das Werk Martorell endlich gut auslasten. Und wem der Q3 bislang zu wenig dynamisch erschien, der soll dann mit einer etwas weniger aufrechten Sitzposition sowie einem agileren Handling ohne Komforteinbußen glücklich gemacht werden.

Genug SUV also? Nein, denn auch im B-Segment sehen beide Hersteller noch Potenzial für Fahrzeuge nach rustikalem Strickmuster. Hier hat Audi ab Frühjahr 2016 mit dem Q1 die Nase vorn, BMW kann erst eineinhalb Jahre später mit einem Modell reagieren, dessen Projektname Urban Cross lautet. Beide treffen in der Vier-Meter-Klasse aufeinander, unterscheiden sich allerdings im Grundpreis. Da Audi einen rund 100 PS starken Dreizylinder-Benziner anbieten will, könnte der Q1 ab rund 23.000 Euro offeriert werden. BMW plant hingegen, den Urban Cross mit nicht weniger als 136 PS anzubieten – zu Preisen ab 25.000 Euro. Dadurch wird sich laut den Prognosen von Marktbeobachter IHS Automotive innerhalb der nächsten fünf Jahre der SUV-Absatz um 11,5 Prozent erhöhen, bei Audi steigt er sogar um 34,2 Prozent.

Lässt das bereits einen Rückschluss darauf zu, wie das fiktive Duell in der Holledau zwischen den jeweiligen Markenchefs ausgeht? Nein, denn ungeachtet der anhaltend hohen Nachfrage nach SUV entscheiden letztlich die Erfolge der Kernprodukte im Pkw-Bereich über die Krone. Weltweit stellen Stufenheck-Limousinen nach wie vor die gefragteste Karosserievariante dar.

Audi mit autonomem Autobahnassistenten

Im Luxus-Segment bedeutet das: Sowohl der neue Siebener als auch der A8 müssen sich endlich gegen die S-Klasse von Mercedes behaupten, deren Image in wichtigen Märkten wie USA und Asien das der Wettbewerber noch immer überstrahlt. Wie das gelingen soll? BMW hat sich vorgenommen, dem Siebener sowohl hohe Agilität als auch einen ausgewogenen Federungskomfort anzuerziehen. Dazu soll die Limousine über 100 Kilogramm leichter werden, zugleich einen niedrigeren Schwerpunkt bekommen. Das gelingt unter anderem durch den Einsatz von Carbon im Dachbereich, aber auch durch hochfeste Stähle und Aluminium.

Weiteres Merkmal: das weiterentwickelte Infotainment, ohnehin eine Spezialität von BMW. Künftig befolgt die Elektronik per Gesten erteilte Befehle, der zentrale Monitor wird zudem berührungsempfindlich. Im Fond sind zusätzlich Tablet-PCs integriert. Reicht das? Wohl kaum. Als Vorbote des pilotierten Fahrens bietet der 7er nicht nur einen verbesserten Stauassistenten, sondern kann sich selbstständig in die heimische Garage manövrieren. Audi geht einen Schritt weiter, denn der A8 kombiniert die Informationen von Sensoren, Ultraschall, Lasern, Kameras und der Vernetzung mit Karten- und Staudaten, fährt so bis Tempo 140 auf der Autobahn autonom.
Sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen bis dahin geschaffen sein, kann der A8-Fahrer also auf der Autobahn Zeitung lesen. Das Auto ist dabei in der Lage, selbstständig den Abstand zum Vordermann zu halten, aber auch zu überholen. Dazu orientiert es sich an allen um es herum fahrenden Fahrzeuge sowie den Informationen über den Verlauf der Strecke.

Mehr Bedienungsmöglichkeiten

Und die übrigen Funktionen? Sie werden über einen leicht schräg stehenden Touchscreen bedient, der das Touchpad ersetzt. Der bislang versenkbare Monitor bekommt einen festen Platz im Armaturenbrett und fällt zudem nochmals größer aus. Wenn damit der Beifahrer herumspielt, kann sich der Fahrer die Informationen in das Instrumentendisplay einspielen – wie beim TT.

Doch neben dem umfangreichen Assistenzsystem-Zauber darf das Fahrerlebnis nicht zu kurz kommen, das sich beim A8 bislang vor allem auf eine hohe Agilität beschränkt. Um den Federungskomfort signifikant zu verbessern, erhält das Topmodell ein neues Fahrwerk mit Luftfederung und adaptiven Dämpfern, deren Spreizung breiter ausfällt als bislang. Um dennoch hohe Kurvengeschwindigkeiten zu erzielen, kommen elektrisch gesteuerte Stabilisatoren zum Einsatz. Sie erfordern zugleich die Umstellung auf ein 48-Volt-Bordnetz.

Das ermöglicht den Einsatz von Triebwerken mit elektrischer Aufladung. So lässt sich das Drehmomentloch zuschütten, wenn Motoren mehr Leistung liefern sollen, ohne mehr Hubraum zu bekommen. Nach diesem Prinzip arbeitet unter anderem ein Vierliter-V8-Diesel, der weit über 400 PS stark sein wird (aktuell: 4,2 Liter, 385 PS). Ebenfalls wichtig für die Fahrdynamik: die Lenkung. Künftig bietet sie dem Fahrer eine bessere Rückmeldung und damit mehr Präzision. Davon profitiert auch der A6, dessen Lenkung bislang kaum bessere Kritiken bekam. Seine Ablösung ist erst für Anfang 2018 vorgesehen, wodurch er bereits von den im Topmodell eingeführten Technologien profitiert. Darüber hinaus kann sich Audi in diesem Segment ein etwas charakterstärkeres Design erlauben, weshalb Chefstylist Marc Lichte hier mehr Elemente der diversen Prologue-Studien umsetzen kann als beim A8 – in dessen Segment mag man es gerne etwas konservativer.

BMW sichert Absatzkrone - vorerst

Sowohl A6 als auch A8 können künftig mit Allradlenkung bestellt werden – eine Technik, die sie vom Q7 übernehmen. Die Hinterräder lenken bis 40 km/h um fünf Grad gegen die Fahrtrichtung, darüber um 2,5 Grad in Fahrtrichtung. Dadurch reduziert sich bei niedrigem Tempo der Wendekreis, bei hohen Geschwindigkeiten erhöht sich die Stabilität und damit die realisierbaren Kurvengeschwindigkeiten. BMW bietet dieses Gimmick längst an, allerdings nicht in Verbindung mit Allradantrieb – das ändert sich erst mit dem 7er und damit auch beim Fünfer. Dennoch sollen vor allem klassische Maßnahmen wie das niedrigere Gewicht (rund 90 Kilogramm weniger) und geringere ungefederte Massen im Fahrwerksbereich dem 5er zu einer Fahrdynamik verhelfen, die den A6 auf Distanz hält.

Echte Granaten also? Nun, das eigentlich weniger, da speziell Fünfer-Kunden gerne zum wirtschaftlichen Vierzylinder-Diesel greifen – ein Liebling der Fuhrpark-Manager. Damit das auch so bleibt, plant BMW sogar, den CO2-Ausstoß von aktuell 109 auf 99 g/km zu drücken. Das liegt vor allem deshalb im Bereich des Möglichen, weil bis zum Marktstart des neuen Modells Ende 2016 nach wie vor die praxisfremde NEFZ-Norm gilt. Natürlich nimmt sich Audi ebenfalls vor, effizientere Triebwerke anzubieten – in allen Leistungsklassen. Mit dem neuen A4 debütiert beispielsweise eine Ausbaustufe des 1.8-TFSI-Motors, die rund 200 PS leistet, aber unter 130 g/km bleibt. Audi steht also voll auf dem Gas, um BMW zu überholen, doch die Münchener verlangsamen ihr Tempo nicht – weshalb laut IHS Automotive wohl auch 2020 die Absatzkrone noch im Vierzylinder-Hochhaus glänzt (mit 2,28 gegenüber 2,13 Mio. verkauften Fahrzeugen).

Die Kunden hingegen können sich auf mehr Auswahl und effizientere Antriebe freuen, den Nutzen der neuen Assistenzsysteme muss jeder für sich selbst bewerten. Das Gerangel um den höchsten Absatz kann ihnen jedenfalls egal sein. Es dient bestenfalls als Vorlage für einen unterhaltsamen Automobil-Western.

Bitte mehr Sport wagen, BMW!

Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eingefleischte BMW-Fans irren. Der X6? Was wurde bei dessen Präsentation gelacht – inzwischen verdient er bereits in zweiter Generation richtig Geld für die Marke. Und selbst der Fünfer GT läuft so gut, dass es einen Nachfolger geben wird. Okay, über den i8 lacht niemand. Aber ihn als Sportwagen ernst zu nehmen, fällt ebenfalls schwer. Klar, die Plug-in-Hybrid-Flunder etabliert sich, lange bevor Audi die ersten R8 e-tron ausliefert. Als echter Sportwagen funktioniert der R8 dennoch besser, allein deshalb, weil er erneut im Motorsport Siege einfahren dürfte. Dort muss BMW mit einem mühsam abgespeckten M6 starten, dem – ähnlich wie dem Bentley Continental – das Balance-of-Performance-Reglement beispringt. Also weshalb dem famosen Carbon-Chassis des i8 nicht einfach ein M-Aggregat und -Fahrwerk implantieren? Weil es viel zu aufwendig wäre. Das i-Know-how könnte die M-Truppe aber sehr wohl nutzen. Ihr Chef, der von Audi abgewanderte Franciscus van Meel, will nun den neuen Vorstandsvorsitzenden Harald Krüger von einem Sportwagen-Projekt überzeugen. Schließlich hat selbst Mercedes mit dem AMG GT ein Modell im Programm, dessen Agilität und Leistung BMW-Fans wirklich neidisch werden lassen.

Nischenpolitik als Absatzgarant

Dass Audi-Chef Rupert Stadler es sich zum Ziel gesetzt hat, künftig mehr Autos zu verkaufen als BMW, ist legitim – daran muss er sich als Manager messen lassen. Die von den Münchnern 1999 mit dem ersten X5 begonnene und bis jüngst zum 2er Gran Tourer konsequent weitergeführte Nischenpolitik dürfte es Audi allerdings schwer machen, bald in Führung zu gehen. Das Wettrüsten ist für den Autokäufer ohnehin unerheblich. Für ihn zählt in erster Linie, dass sich die beiden Hersteller hinsichtlich Modellvielfalt und moderner Antriebstechnologien profilieren wollen. Allerdings bleibt zu befürchten, dass sich Audi und BMW ihren Führungsanspruch teuer bezahlen lassen werden – schließlich muss die Rendite stimmen.

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