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Neuheiten Mercedes, Audi, BMW
Neue Einstiegsmodelle mit Stern

Mit neuen Einstiegsmodellen will Mercedes seine Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Eine neue technische Architektur und zusätzliche Varianten wie der SUV GLB sollen mithelfen, die Konkurrenten Audi und BMW alt aussehen zu lassen. Doch die haben ebenfalls neue Pfeile im Köcher.

Mercedes CLA
Foto: Christian Schulte

Selten zuvor konnte Daimler-Chef Dieter Zetsche so entspannt in die Sommerferien gehen wie in diesem Jahr. Absatzrekord, Kosten im Griff und eine zweistellige Rendite – Mercedes ist wirtschaftlich so stark wie lange nicht mehr. Ein Grund dafür ist auch die erfolgreiche Kompaktklasse-Familie rund um die Mercedes A-Klasse. Zetsche konnte die Kundschaft mit dem expressiv gestalteten Audi-A3- und BMW-1er-Konkurrenten gegenüber dem Vorgänger um rund zehn Jahre verjüngen. In den USA erobert die coupéartige Kompakt-Limousine CLA zu 80 Prozent neue Kunden für Mercedes. Kein Wunder, dass Händler und Kunden nach mehr schreien. Und das werden sie auch bekommen.

Mercedes: Neue Plattform für Kompaktmodelle

Doch bei aller Euphorie sorgt die noch mit Chrysler zusammen entwickelte Plattform der Kompaktmodelle intern an der einen oder anderen Stelle für Frust. So kann bislang der Radstand nicht variiert werden, was etwa beim 4,63 Meter langen CLA zu "nicht idealen Proportionen" geführt hat, wie ein Mercedes-Manager hinter vorgehaltener Hand zugibt. Das wird mit der neuen Kompaktklasse-Architektur anders. Sie ermöglicht Unterschiede bei den Radständen von bis zu 20 Zentimetern.

Mercedes nutzt diese Flexibilität, um noch mehr Modelle auf die günstige Frontantriebs-Architektur zu stellen. Während die A-Klasse lediglich um wenige Zentimeter wächst, bekommt der erfolgreiche Kompakt-SUV GLA einen großen Bruder mit einer Länge von knapp 4,60 Metern. Der GLB soll eine geräumige (mindestens 500 Liter Kofferraumvolumen) und günstige Alternative zum GLC darstellen und mit bis zu sieben Sitzen ausrüstbar sein. Der Einstiegspreis könnte bei für Mercedes-Verhältnisse günstigen rund 30.000 Euro liegen, heißt es intern. VW geht mit der Langversion des neuen Tiguan einen ähnlichen Weg. Auch der soll mehr Platz als der technisch anspruchsvollere Touareg bieten und deutlich weniger kosten.

Großer SUV statt langer B-Klasse

Die lange B-Klasse als Gegner für den BMW 2er Gran Tourer hat dagegen wenig Chancen, realisiert zu werden. Mercedes setzt darauf, dass auch Familien in Zukunft lieber einen großen SUV als einen Van haben wollen. Der GLB kommt 2018. Bereits ein Jahr zuvor debütiert die neue B-Klasse mit nahezu unveränderten Dimensionen. Sie wird das erste Modell, das auf die neue Plattform wechselt. In diesem Zug sollen die kompakten Mercedes-Modelle alle mindestens 50 Kilogramm abspecken, Ziel bei der A-Klasse ist ein Basisgewicht von unter 1.300 Kilogramm. Angetrieben werden sie von aufgeladenen Vierzylinder-Motoren (Diesel und Benziner) aus der Kooperation mit Renault-Nissan, die über Hubräume von 1,4 bis 1,8 Liter verfügen. Grund für die umfangreiche Kooperation: Die Nissan-Luxusmarke Infiniti soll gleich mehrere Modelle auf der A-Klasse-Architektur planen.

Neu im Programm: ein Benzin-Hybrid, den es auch mit Plug-in-Technologie geben wird. Als reines Elektroauto plant Mercedes allerdings in diesem Segment nur die B-Klasse. "Wir brauchen Platz für ausreichend Batteriekapazität, und den bietet uns nur die B-Klasse", sagt ein Insider. Statt wie beim aktuellen rein elektrischen Modell setzt Mercedes nicht mehr auf Komponenten von Tesla, sondern stellt eine komplette Eigenentwicklung auf die Räder. Ziel ist eine Reichweite von mindestens 500 Kilometern. Das obere Ende der Antriebspalette markieren wie bisher der A und CLA 45 AMG – dann aber mit über 400 PS.

Mercedes Modellfahrplan sieht neue Fahrzeuge vor

Der Modellfahrplan sieht vor, dass neben dem GLB 2018 auch die neue A-Klasse debütiert. CLA und GLA folgen 2019. Dazu kommt eine funktional gestaltete A-Klasse mit Stufenheck vorwiegend für den chinesischen Markt. Die Neuauflage des CLA Shooting Brake scheint ebenfalls sehr wahrscheinlich, denn das Auto verkauft sich gut – anders als der große Bruder CLS Shooting Brake, der wohl keinen Nachfolger bekommt. Zusätzlich denkt man bei Mercedes über eine Offroad-Version mit Schlechtwege-Fahrwerk im Stil des Audi A4 Allroad nach. Die Entscheidung für eine offene A-Klasse ist noch nicht gefallen. Zwei Varianten sind denkbar: ein Zweitürer mit vier Sitzen und ein Roadster im Stil des Sportwagens AMG GT. Letzterer scheint wahrscheinlicher, denn dieses Modell könnte den zuletzt wenig erfolgreichen, weil teuren SLK ablösen. Nachgedacht wird über eine offene Version mit Stoffverdeck sowie ein kleines Sportcoupé.

Beim Design der neuen kompakten Mercedes ist die Richtung dagegen klar: Chefdesigner Gorden Wagener bleibt bei der Einstiegs-Baureihe seiner Linie treu, reduziert aber spürbar die Kanten und Sicken. Er will noch mehr die Proportionen sprechen lassen, was durch die Variabilität des Radstands künftig deutlich erleichtert wird. Ausnahme GLB: Der SUV nimmt Anleihen am legendären G-Modell – modern interpretiert, versteht sich.

Neues Bedienkonzept im Interieur

Einen Riesensprung soll das Interieur der Kompakten machen. Das Design orientiert sich zwar an dem der aktuellen C-Klasse, wird aberdurch einen großen Touchscreen ergänzt. Philosophiewechsel? Ja, doch wer wie bisher eine zusätzliche Bedieneinheit in der Mittelkonsole haben möchte, kann diese als Option hinzuordern.

Vorteil: Mercedes liefert der Generation Smartphone die gewohnte Bedienung, verprellt aber traditionelle Kunden nicht Vor allem mit A-Klasse und CLA ist Mercedes eine deutliche Verjüngung seiner Kunden gelungen. In der nächsten Generation erweitert die Marke mit Autos wie dem geräumigen und im Vergleich zum GLC günstigeren GLB sowie Derivaten wie einer klassischen Limousine die Zielgruppe für ihre Frontantriebsmodelle noch mal.

Auch Audi setzt auf kompakte SUV

Trendsetter Mercedes? Nicht unbedingt, denn vieles von dem, was die Stuttgarter jetzt erst langsam ins Programm aufnehmen, ist bei Audi längst zu kaufen – so etwa eine kompakte Stufenheck-Limousine, ein Cabrio und der Plug-in-Hybrid. Lücken gibt es dagegen noch bei den SUV. Diese füllt ab 2016 zunächst der Q1, der mit einer Länge von nur 4,15 Metern der erste Premium-Crossover im Kleinwagenformat wird. Sein ungewöhnliches Design mit vielen Sicken an der Seite und am Heck soll vor allem junge Kunden ansprechen. Der Q1 basiert auf dem Modularen Querbaukasten (MQB) des VW-Konzerns und bietet mit 350 Litern ausreichend Kofferraumvolumen. Ergänzt wird das SUV-Programm ab Ende 2017 dann noch durch den TT-SUV, der mit 4,40 Metern fast die Länge des Q3 (neu ab 2018) erreicht, aber wesentlich sportlicher daherkommen soll. Das Design orientiert sich an dem des Offroad Concept, einer 2014 auf der Auto China in Peking vorgestellten Studie.

Alle kompakten Audi bekommen zudem künftig das neue digitale Kombi-Instrument aus dem TT, so auch der modellgepflegte A3, der in der ersten Jahreshälfte 2016 in den Handel kommt. Für das Facelift-Modell wird es dann auch erstmals Scheinwerfer mit Matrix-Technologie geben. Der Fernlichtassistent ist damit in der Lage, entgegenkommende Fahrzeuge noch präziser auszuschneiden. Spannend wird auch der Dreikampf der sportlichen Kompakten, denn nicht nur Mercedes schraubt die Leistung seiner kompakten AMG-Modelle nach oben. Auch der nächste Audi RS 3 soll über 400 PS leisten.

BMW: Neue Modelle runden das Modellprogramm ab

Und wie reagiert BMW? Die Münchner haben ihr Angebot ja gerade erst mit 2er Active Tourer und Gran Tourer durch zwei Vans ergänzt. Was noch fehlt, ist ein SUV unterhalb des 4,50 Meter langen X1, ein Gegner für den Audi Q1. Ein Entwurf steht derzeit zur Diskussion: der Urban Cross, ein nur gut vier Meter langer City-SUV für den modernen Städter ohne Kinder – mit einer ausgesprochen expressiven Optik und wenig Nutzwert.

Alternativ könnte BMW einen coupéhaften X2 auf die Räder stellen, der ähnlich wie der X4 beim X3 das sportliche Pendant zum X1 darstellt. Beide Modelle basieren auf der mit dem neuen Mini und den 2er-Vans eingeführten Frontantriebs-Architektur. Ein Beschluss des Vorstands steht noch aus. Klar scheint aber: Der neue BMW-Chef Harald Krüger wird sich wohl höchstens für eines der beiden Autos entscheiden. Sicher kommen wird dagegen eine Stufenheck-Limousine mit Frontantrieb unterhalb des 3er, die vor allem für den chinesischen Markt gedacht ist.

Weiteres neues und sehr heißes Eisen im Feuer der BMW-Produktplaner ist das 2er Gran Coupé – eine sportliche Kompakt-Limousine im Stil des 4er. Anders als der nächste 1er (2017) würde der viertürige 2er weiterhin mit Heckantrieb großen Fahrspaß garantieren – zumindest wenn es nach den Ingenieuren geht. Inspiriert hat BMW der Mercedes CLA, der mit günstigeren Preisen, weniger Nutzwert und einem jugendlicheren Blechkleid als die C-Klasse neue Kunden für die Marke mit dem Stern erobert hat. Doch der Benz hat den günstigeren Frontantrieb, was dem Erfolg keinen Abbruch getan hat. Deshalb könnte auch das 2er Gran Coupé ein Fronttriebler werden. Argument der besonders kostenbewussten Befürworter: Mit dem Mini habe der Konzern schon gezeigt, dass er auch mit Frontantrieb fahrdynamisch hervorragende Autos bauen kann.

Technik-Check: Infotainment

Audi denkt intensiv über den Touchscreen nach. Schon jetzt werden die Touchpads immer größer, daher scheint es extrem wahrscheinlich, dass der nächste A3 mit seiner jungen Zielgruppe einen Touchscreen bekommt. Ansonsten ist eher Evolution als Revolution angesagt, da schon das jetzige A3-Infotainment top ist. Was Audi derzeit draufhat, zeigt der neue Q7 mit digitalem Kombi-Instrument, WLAN-Hotspot mit LTE-Modul, induktivem Antennenabgriff zur Empfangsverbesserung oder einer Smartphone-App, mit der sich viele Funktionen fernsteuern lassen. Bei den Online-Diensten fährt Audi eine Mischstrategie: So beherrschen zwar die Navi-Systeme zahlreiche Internet-Dienste, dennoch unterstützt Audi Apple Carplay und Android Auto.

BMW fährt die Strategie, nahezu sämtliche Infotainment-Funktionen aus der Oberklasse auch bei den Kompakten anzubieten. Daher dürfte der nächste 1er erneut das Navigationssystem Professional bekommen, das mit seinen vielen Internet-Diensten bis hin zur Online- Aktualisierung von Kartendaten derzeit das Maß der Dinge darstellt. In Sachen Handy-Anbindung bleibt BMW eigenständig: Es gibt weder Apple Carplay noch Android Auto. BMW bietet stattdessen eine eigene Schnittstelle. Vorteil: So behält man die Kundendaten im Haus. Der mit dem 7er eingeführte Touchscreen dürfte auch im nächsten 1er kommen. Ob die Bedienung komplett darauf um gestellt wird oder es noch einen zusätzlichen iDrive-Controller geben wird, steht noch nicht fest.

Beim Infotainment muss Mercedes aufholen. Daher hat Daimler mit Sajjad Khan einen Experten von BMW abgeworben, der sich seit März 2015 um die Vernetzung der Fahrzeugpalette kümmert. Unterhalb des teuren Comand Online dürfte das preiswerte Alternativ-Navi aus der aktuellen A-Klasse (Garmin Map Pilot) einer Smartphone-Variante weichen. Nach der E-Klasse werden nämlich Android Auto und Apple Carplay auch in die A-Klasse kommen. Khans Vision ist eine übergangslose Nutzung digitaler Inhalte inner- und außerhalb des Fahrzeugs. Wie so etwas aussehen kann, hat Mercedes bereits mit der Companion-App gezeigt, die die Navi-Zielführung beim Aussteigen auf eine Smartwatch überträgt und den Fahrer damit bis zur Haustüre begleitet.

Noch mehr günstige Premium-Autos

Mit den neuen Einstiegsmodellen wird Mercedes für zusätzliche Kundengruppen erreichbar. Der geräumige GLB mag zwar nicht annähernd die technische Raffinesse eines GLC aufweisen, dürfte mit einem Basispreis von rund 30.000 Euro aber für viele Familienväter erstmals die Gelegenheit bieten, sich ein neues Auto mit Stern leisten zu können. Bei CLA und C-Klasse funktioniert es ähnlich. Ein Kalkül, das auch BMW mit dem 2er Gran Tourer verfolgt. Familien mit zwei Kindern mussten bisher für einen familientauglichen BMW mindestens den Grundpreis des 5er Touring (über 43.000 Euro!) auf den Tisch legen, jetzt geht es bei 26.950 Euro los. Positiver Nebeneffekt: Kompakte Frontantriebsmodelle sind kostengünstig zu produzieren und helfen den Premium-Herstellern, den CO2-Flottenverbrauch zu senken. Hart werden die Zeiten für viele Volumenmarken. Sie dürften mehr Kunden an Audi, BMW und Mercedes verlieren.

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