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BMW 1er Stufenheck & 2er Gran Coupé
Kanibalisiert BMW den nächsten 3er?

Hoppla, da sind ja noch Nischen frei: BMW plant einen 1er mit Stufenheck und denkt über ein 2er Gran Coupé nach – mit Hinterradantrieb. Gefährdet das die Rolle des neue 3ers, der 2017 auf den Markt kommen wird, als Helden der Marke?

BMW Dreier, Frontansicht
Foto: Christian Schulte

Ob die bei auto motor und sport noch alle Gurken im Glas haben? Da feiert der BMW 3er in diesen Tagen glamourös seinen 40. Geburtstag, und schon wird hier die siebte Generation enthüllt, die voraussichtlich Ende 2017 ihre Premiere feiert. Na eben – so ein runder Geburtstag ist doch ein prima Anlass für einen kleinen Ausblick auf die Zukunft des für die Marke nach wie vor wichtigsten Modells. Immerhin stellt der 3er rund 24 Prozent des Absatzes auf dem Heimatmarkt (2014), und auch die auto motor und sport-Leser sind der Meinung, dass er am besten zu BMW passt – zumindest 90 Prozent der im Rahmen der Best-Cars-2015-Prämierung Befragten sahen das so.

Mehr noch: 52 Prozent sind überzeugt, dass der 3er Maßstäbe in seiner Klasse setzt, 88 Prozent sehen in ihm ein Fahrspaß-Versprechen auf vier Rädern – mehr als bei jedem anderen BMW-Modell. Gerade bei der Agilität jedoch sah sich die aktuelle F30-Reihe häufiger Kritik ausgesetzt, da die Konkurrenz von Audi und Mercedes ebenfalls alles andere als träge durch Kurven huscht. Und dann das: In einem Vergleichstest der Schwesterzeitschrift sport auto musste sich ein 328i von einem Cadillac ATS das Fell über die Ohren ziehen lassen. Also legt BMW bereits beim gerade vorgestellten überarbeiteten 3er - Life Cycle Impulse, kurz LCI, wie es auf gut Bayerisch heißt - viel Wert auf ein verbessertes Fahrwerk, die Optik ändert sich dagegen nur marginal.

BMW 3er kommt 2017 mit gesteigerter Dynamik

Beim Nachfolger wird natürlich das Design stärker aufgefrischt, es erhält durch die schmalen kantigen Scheinwerfer eine geradezu aggressive Note. Ob daraus Rückschlüsse auf die Fahrdynamik gezogen werden können? So wünscht es sich der Hersteller zumindest, denn in dieser Disziplin soll der 3er den Abstand zur Konkurrenz erheblich vergrößern. Dabei entscheidend: Das Auto selbst darf nicht größer werden, schwerer erst recht nicht.

Also wächst es in der Länge um höchstens vier Zentimeter (dann 4,66 Meter), der Radstand legt gerade mal um einen Zentimeter auf 2,82 Meter zu. Durch einen neuen Materialmix kann das Gewicht der Rohkarosserie gesenkt werden, neben Aluminium und hochfesten Stählen mischt BMW noch einen kleinen Anteil an kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CfK) bei. Beim Fahrwerk erhöht sich dagegen nochmals die Anzahl an Aluminiumkomponenten, was die ungefederten Massen reduziert - und so der Agilität zugute kommt. Mindestens 70 Kilogramm soll der 3er verlieren, also nur noch knapp über 1,4 Tonnen wiegen.

Das war aber noch nicht alles. Dass die Spurweite um ein paar Millimeter zulegt, zählt nicht zu den revolutionären Maßnahmen für mehr Dynamik, wohl aber zu den wirksamen. Aufwendiger dagegen: mitlenkende Hinterräder. Die sogenannte Integral-Aktivlenkung kann bislang nur für die 5er- und 7er-Modelle bestellt werden – und nicht in Verbindung mit Allradantrieb. Letzteres ändert sich mit dem neuen 7er, und durch die zunehmende Verwendung von Gleichteilen bei den Hinterradantriebs-Architekturen profitiert auch der 3er von dieser Technologie.

Motorenpalette mit leichten Überarbeitungen

Und dann wären da ja noch die Motoren, nicht ganz unerheblich für den Fahrspaß. Hier ist BMW allerdings gut aufgestellt, bereits mit der Überarbeitung des F30 ziehen die neuesten Derivate des Triebwerkbaukastens in das vordere Appartment ein. Das bedeutet ein Spektrum, das vom 116 PS starken 316d bis hin zum 326 PS starken 340i reicht. Und die teilweise Umstellung auf Dreizylindermotoren dürften die Fans bis dahin ebenfalls verkraftet haben, zumal den Aggregaten hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit kein Vorwurf zu machen ist. Mit rund eineinhalb Jahren Verspätung folgt der M3, dessen Leistungssprung auf rund 480 PS Platz für eine M-Performance-Variante schafft, die dem Mercedes C 450 AMG sowie dem Audi S4 die polierten Endrohre zeigen soll. Auf dem Heimatmarkt rechnet BMW erneut beim 320d mit der höchsten Nachfrage. Ohnehin gilt der nunmehr 190 PS starke Vierzylinder-Diesel inzwischen als Synonym für die viel zitierte Freude am Fahren - und am Sparen, denn selbst im Testbetrieb erweist sich das Aggregat als knauserig. Als Efficient Dynamics Edition nähert es sich dann stark der 95-g/km-Marke bei den CO2-Emissionen.

Übrigens: In der Leserumfrage rangiert der 3er in der Kategorie "hat effiziente Antriebe" mit 67 Prozent nur knapp auf Platz zwei - hinter dem i8. Generell lässt sich aus den Angaben der Teilnehmer ableiten, dass sich das Image von BMW vorwiegend auf alternative und effiziente Antriebe stützt und Nischenprodukte wie der X4 und der 2er Active Tourer nicht so ganz zur Marke passen. Dennoch planen die Münchener, das Angebot weiter aufzufächern, wollen "die Salami in noch dünnere Scheiben schneiden", wie es ein Manager des Konzerns bildhaft umschreibt. Dabei riskiert der Konzern sogar einen Angriff auf den 3er aus den eigenen Reihen. Angestachelt vom Erfolg des Mercedes CLA, aber auch vom 4er Gran Coupé, prüfen die Produktstrategen gerade, ob nicht ein 2er Gran Coupé eine sinnvolle Ergänzung des Angebotes sein könnte. Wie bitte? Nach den Vans Active und Gran Tourer noch ein Frontantriebs-Derivat? Nicht unbedingt.

BMW 2er Gran Coupé mit Heckantrieb?

Vor allem in den Reihen der Ingenieure unter Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich macht sich eine große Fraktion für den Heckantrieb bei den Nachfolgern für 2er Coupé und Cabrio stark, der 1er bekommt bekanntermaßen Frontantrieb. Nicht ohne Grund hängen in einigen Büros im Forschungs- und Innovationszentrum noch Motive aus Werbekampagnen zum ersten 1er, in denen die Vorzüge der angetriebenen Hinterachse gepriesen wurden.

Ein weiteres Derivat wie das Gran Coupé hilft natürlich bei der Argumentation, da sich so die Skaleneffekte erhöhen. Die Architektur mit Hinterradantrieb nutzen künftig auch 7er, 5er und 3er, eine entsprechende Flexibilität bei Radstand und Spurweite ist also gewährleistet. Dennoch würde ein 2er Gran Coupé kaum kürzer ausfallen als ein 3er, sonst ergäben die hinteren Türen keinen Sinn. Dadurch, dass der 3er ein aufwendigeres Fahrwerk sowie ein deutlich aufgewertetes Interieur erhalten soll, nein, muss, ließe sich der 2er günstiger einpreisen - rund 4.000 Euro.

Befürworter des Projekts argumentieren, dass auf das 4er Gran Coupé kaum Kunden vom 5er absteigen, sondern eher 3er-Fahrer aufsteigen. Das Gros der Käufer jedoch, über 60 Prozent, fuhr zuvor ein Fremdfabrikat. Dass Mercedes mit dem CLA ebenfalls eine beträchtliche Eroberungsquote erzielt – speziell in den USA durch den günstigen Einstiegspreis –, könnte die Entscheidungsfindung weiter beschleunigen.

BMW 1er auch China

Aber gilt nicht bereits ein 1er mit Stufenheck als gesetzt? Richtig. Die Limousine kommt, basiert auf der UKL-Architektur und wird mit einer eher konservativen Linienführung vor allem auf den chinesischen Markt abzielen. Daher gilt es als wahrscheinlich, dass neben dem X1 künftig ein weiteres 1er-Derivat in Shenyang vom Band läuft – aber eben nur für den lokalen Bedarf. Dort konkurriert der BMW übrigens wieder mit einem Mercedes, denn die Schwaben planen ein ähnliches Modell auf Basis der nächsten A-Klasse. Verwirrend? Schon, irgendwie.

Doch bislang ging die Nischenpolitik für BMW auf, ganz gleich, wie sehr so manches Produkt eingeschworenen Fans dabei über die Füße fuhr. Sie dürfen sich dagegen umso mehr auf den nächsten 3er freuen, schließlich soll ihm in der Mittelklasse kein Wettbewerber folgen können, so die interne Zielsetzung. Wenn die Nischenprodukte des Konzerns die dafür erforderlichen finanziellen Mittel einspielen, geht die Strategie auf. Und da bis zur Premiere noch ein paar Jahre ins Land gehen, darf die aktuelle Generation ihren runden Geburtstag ausschweifend feiern. Gegen den Kater hilft auto motor und sport gerne mit Gurken aus dem Glas.

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AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten