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Neuer Audi A4 und A4 Avant (2015)
Gut getarnter Fortschritt durch Technik

Tusch! Der neue A4! Äh, wo jetzt? Na, da! Der neue Audi A4 entblätterte sich in einer Salamitaktik mit hauchdünnen Scheiben. Und selbst jetzt, wo er enthüllt ist, verbirgt er gekonnt, was alle neu ist an ihm. Aber das ist jede Menge: Er ist bis zu 120 Kilo leichter (Avant), bis zu 21 % sparsamer, hat ein komplett neues Infotainmentsystem, ist voll vernetzt und hat neue Motoren.

IAA 2015, Audi A4
Foto: Stefan Baldauf / Guido ten Brink

Lange haben wir gewartet auf den neuen A4. Am Ende gab es nahezu täglich neue Aufnahmen von immer weniger getarnten Fahrzeugen. Nur so ganz nackt, ohne Tarnung, wollte sich Audis Absatzbringer in der Mittelklasse noch nicht zeigen. Aber jetzt, wo es so weit ist, wo wir dem Neuen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, müssen wir aufpassen, dass wir die Audi-Kollegen nicht scherzhaft fragen: "Und wo ist jetzt der Neue?" Das Neue am A4, den Kunden ab dem 10. August 2015 bestellen können und der ab November 2015 ausgeliefert wird, das Neue erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Die Revolution muss warten – vielleicht  die richtige Taktik für ein Auto, das selbst am Ende des Modellzyklus noch prima verkauft und dessen Wertbeständigkeit sicher vom evolutionären Nachfolger profitiert. Zu haben ist der neue Audi A4 ab 30.600 Euro. Der Avant kostet 1.850 Euro Aufpreis (alle Preise siehe Tabelle unten).

IAA 2023

Neuer Audi A4 nur wenig größer und wenig anders

Außerdem hat die Evolution ja seit jeher den Ruf, Erfolgreiches hervorzubringen. Im Fall des A4 ist es zudem echt hübsch: Der Singelframe flacher und kantiger, die Scheinwerfer mit konzentriertem Blick, der wirkt, wie ein starker Händedruck, die übergreifende Haube versteckt ihre schmale Fuge an der Flanke in einer bis zur Rückleuchte durchlaufenden doppelten Lichtkante. Seht ihr, Daimler, so wird das gemacht – nicht wie der Deckel einer Schachtel. Das Heck selbst wirkt dank tiefer gelegter Leuchten breiter. Über ihnen grüßt mit einem gerundeten Einzug eine Reminiszenz an den Ahnen der ersten A4-Generation (B5). Das ganze endet mit einem Spoiler aus dem Blech, dessen Abrisskante scharf wirkt wie ein Fleischmesser von Union Solingen.

Die Abmessungen haben sich kaum geändert: Die Länge legte um 2,5 Zentimeter zu auf 4,73 Meter, die Breite um 1,6 Zentimeter auf 1,84 und die Höhe blieb bei 1,43 Meter. Der Radstand wuchs um bescheidene 1,2 Zentimeter (2,82 Meter), aber der Innenraum um 2,5 Zentimeter, der Knieraum im Fond allein um 2,3 Zentimeter. Ein- und Aussteigen gelingt entsprechend gut, auch im Fond. Dort sitzen 1,84-Meter-Gestalten wie der Autor prima, auch wenn die vorne Sitzenden das Gestühl auf ähnliche Größen eingestellt haben. Wer größer ist, dessen Scheitel kann schon mal den Dachhimmel berühren. Es sei denn, er steigt in den Fond des Avant, dessen später fallende Dachlinie auch mehr Kopfraum lässt. Hinter dem wartet jetzt mit 505 Litern der größte Kofferraum in der Premium-Mittelklasse und 1.510 Liter bei umgeklappter Rückbank. Deren Lehnen lassen sich vom Kofferraum mechanisch entriegeln, klappen aber nicht automatisch um. Dafür ist die elektrische Heckklappenbetätigung jetzt serienmäßig und die Laderaumabdeckung macht das Öffnen und Schließen mit. Zum Fixieren des Gepäcks gibt es jetzt zudem ein Schienensystem, dessen Befestigungselemente unter dem vorderen Teil des Gepäckraumbodens Platz finden.

Bis zu 120 kg leichter und fast cW-Weltmeister

Wer soll da noch die Limousine kaufen? Außerhalb von Nordeuropa die wenigsten, im Rest der Welt, vor allem in China die meisten. Sie profitieren vom hervorragenden cW-Wert des Stufenhecks. Der ist fast so weltmeisterlich wie einst der des Audi 100 zu seiner Zeit. Dem 0,30 reichte 1982 für den Titel. Der neue A4 schafft 0,23 und muss sich doch dem viertürigen Coupé Mercedes CLA geschlagen geben -  zumindest der BlueEfficiency Edition, die erreicht  0,22. Der Rest der Baureihe liegt mit  dem Audi gleichauf. Der Avant schafft immerhin noch 0,26 – für diese Karosserieform ein Klassewert.

Außerdem haben Ingolstädter Ihrem Mittelklasse-Bestseller eine strenge Diät verordnet. Die Limousine mit dem Einstiegsbenziner (1,4 TFSI) wiegt 1.320 Kilogramm. Das sind immerhin 110 Kilogramm weniger als beim Vorgänger (mit 1,8-Liter-TFSI). Beim Avant sind es sogar 120 Kilogramm weniger. Denn damit der Öffnungskomfort der elektrischen Heckklappe die Diät nicht konterkariert, ist die große Klappe des Avant jetzt aus Alu.

V6-Diesel und 4-Zylinder-Benziner

Gewichtsreduktion, verbesserte Aerodynamik und neue Triebwerke zahlen auf die  Sparsamkeit des neuen Modells ein: Bis zu 21 Prozent sollen die Verbrauchswerte runtergegangen sein. Sparsamstes Modell wird der 2.0 TDI Ultra, der trotz 150 PS mit 3,7 Liter (entspricht 95 Gramm CO2 pro Kilometer) auskommen soll. Den Zweiliter gibt es auch mit 190 und ab 2016 mit 122 PS. Darüber leistet sich Audi den Luxus zweier 3,0-Liter-V6 TDI, die allerdings erstaunlich sparsam sein sollen: Die 218-PS-Version hat zwar nicht mehr Drehmoment (400 Nm) als der Vierzylinder mit 190 PS, soll aber mit 4,2 Liter auch nur 0,1 Liter mehr Diesel konsumieren als der 2.0 TDI. Selbst die stärkerer Version mit satten 272 PS, einer sportwagenmäßigen Beschleunigungszeit von 5,3 Sekunden auf 100 km/h bleibt im NEFZ-Verbrauch unter 5 Liter.

Bei den Benzinern ist der Einstiegsmotor mit 150 PS (1,4 TFSI) aus anderen Baureihen bekannt; die 5-Liter-Marke unterbietet er nur in Verbindung mit dem Doppelkupplungs-Automaten S-Tronic. Dafür ist er ab Verkaufsstart für unter 31.000 Euro zu haben. Wer noch weniger Benzin verbrauchen will, muss den größeren Motor nehmen: Der neue 2.0-TFSI Ultra mit 190 PS soll pro 100 Kilometer  lediglich 4,8 Litern durch die Direkteinspritzung jagen. Das Triebwerk hat Audi mit der Bezeichnung Right-Sizing (statt Downsizing) auf dem Wiener Motorensymposium vorgestellt. Durch eine verkürzte Kompressionsphase bei höherer Verdichtung muss das Aggregat im Teillastbereich nur mehr so viel Gemisch verdichten wie ein 1,4-Liter-Aggregat. Unter Volllast soll es hingegen nicht so schlucken, wie downgesizete Motoren, weil die Ventilverstellung mit späteren Öffnungszeitpunkten und ein erhöhter Einspritzdruck für bessere Füllung der Brennkammern sorgen.

Den 2,0 Liter TFSI gibt es auch noch mit 252 PS und 370 Nm, der dann in Verbindung mit der S-Tronic und Frontantrieb 5,7 Liter verbraucht. Mehr Leistung und Zylinder bei den Benzinern kommt erst mit S4 (2016) und RS4 (2017). Erstes Modell mit Alternativantrieb wird der A4 Avant G-Tron mit Erdgas- (CNG) und kleinem Benzintank. Aus zwei Litern holt der TFSI-Motor 170 PS und 270 Nm und soll mit unter vier Kilogramm Gas pro 100 Kilometern auskommen.

Getriebeseitig hat der neue A4 weniger zu bieten als der Vorgänger: Die wenig harmonische Multitronic hat Audi mitsamt ihren Zuverlässigkeitsproblemen ausgemistet. Es bleiben manuelles 6-Gang-Getriebe, 8-Gang-Triptronic und Doppelkupplungsgetriebe.

Zwei Varianten des Adaptivfahrwerks

Adaptive Verstelldämpfer gibt es im A4 nur gegen Aufpreis (ca. 1.000  Euro). Dann hat der Kunde aber die Wahl zwischen einer sportlicheren Variante mit satten 23 Millimeter Tieferlegung und einer komfortorientieren Version, die die Karosse immer noch 10 Millimeter näher an den Asphalt bringt als das Standardfahrwerk. Speziell für dieses Fahrwerk versprechen die Entwickler ein besonders tolles Komforterlebnis. Gut dazu passen könnte die Isolierverglasung der Seitenscheiben (Frontscheibe Serie), die das Innengeräusch auf das Niveau eines A8 absenken soll.

Natürlich bettet der A4 seinen Fahrer auch sicherheitstechnisch in Watte - mit einer ganzen Schar von Assistenzsystemen: es gibt den Notbremsassistent, den prädikativen Effizienzassistenten, den Stau-, Spurhalte, Abstandshalte-, Park-, Ausweich-, Abbiege- und Querverkehrassistenten hinten. Außerdem liest der A4 auch Verkehrszeichen und achtet selbst beim Aussteigen noch auf seine Insassen: Entdeckt der Totwinkelwarner Gefahr von hinten, warnt ein rotes Licht in der Tür vor unbedachtem Öffnen. 

Sitzprobe im neuen Audi A4 fast wie im Q7

Viel Aufwand also dafür, dass der A4 toll und sparsam fährt. Aber wie sitzt der und lebt der A4-Fahrer künftig? Erster Eindruck: Der neue Modulare Längsbaukasten (MLB), auf dem A4, Q7 und später A6, A7 sowie Q5 basieren, ist auch innen spürbar. Markentypisch hochwertige Verarbeitung paart sich mit Infotainment- und Bedienelementen, die schon den Q7 kennzeichnen: Der neue Automatikwählhebel dient auch als Handablage, damit die Finger den Drehregler und sein Touchpad (MMI Touch) bequem streicheln können (bei Handschaltern liegt der Schlathebel davor). Mit etwa Übung gelingt sogar das Vergrößern der Navi-Karte mit der typischen Spreizbewegung. Die Tastenzahl um den Regler wurde auf zwei reduziert, zwei Wippschalter helfen beim Wechsel der Bedienmenüs. Ganz vorn auf der Mittelkonsole warten 8 Favoritentasten auf ihre individuelle Belegung durch den Benutzer.

Das serienmäßig 5-Zoll in der Diagonale messende Display ist jetzt feststehend und gleicht in der Optik einem Tablet. Gut, dass, wie bei VW gerade eingeführt, auch Audi Android-Smartphones oder iPhones komplett integriert. Schade, dass der Bildschirm nur auf 7 Zoll wächst, wenn ein Navi geordert wird und dass seine Touchfähigkeit erst später kommt – aber wer weiß, wie treffsicher die Finger bei der Positionierung des Displays wären. Dafür hat Audi die Sprachsteuerung aufgerüstet und versteht jetzt ähnlich wie Siri auch Fragen wie: "Wo kann ich Tanken?". Und wer mehr Display-Fläche will, kann das aus TT und Q7 bekannte, programmierbare Virtual-Cockpit ordern – und ein sehr hochauflösendes Head-up-Display. Oder ein eigens entwickeltes Audi-Tablet. Es vernetzt sich per WLAN mit dem MMI Plus. Hat man zudem auch Audi Connect bestellt, kann via Hotspot mit dem Tablet surfen, Filme gucken oder auch das  Infotainment-System des A4 bedienen. Audi Connect beinhaltet zudem Notruf, Online-Pannenruf, Serviceterminvereinbarung und Fernsteuerung von Zentralverriegelung und Standheizung.

Was uns besonders gefällt

Cool: Die schicken Alu-Tasten zur Bedienung der Klimaanlage sind kapazitiv – soll heißen: Schon wenn sich der Finger nähert klappt das Menü im gestochen scharfen Display dahinter aus und zeigt, welche Verstellmöglichkeiten sich hier verbergen. Zum Beispiel wie und wohin das Luftdüsenband, das sich praktisch über die ganze Breite des Armaturenbretts zieht, pusten soll – ohne die Insassen mit Zugluft zu belästigen.

Kapazitiv ist auch die Betätigung der Innenraumleuchte in der Nähe des Innenspiegels. Praktisch, wenn man im Dunkeln nicht nach dem Schalter tasten muss. Im Dunkeln ließe sich das optionale Bang und Olufsen Sound System besonders gut genießen. Besonders der 3D-Klang ist beeindruckend: Er lässt das Orchester quasi auf dem Armaturenbrett aufpoppen, das Ohr erzeugt dank der Rauminformation des Tonsignals ein Bild. Toll!

Bilder aus dem Ohr? Da kann sich die Ambiente-Beleuchtung natürlich nicht lumpen lassen: In der Topvariante stehen für sie 30 Farben zur Wahl. Stufenlos lässt sich mit dem MMI-Regler von rot auf blau, grün, weiß oder gelb illuminieren. Wer kommt dann auf so eine Idee? "Das Marketing", so Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg. Und: "Ich habe mich durchaus gewehrt", versichert er kaum merklich lächelnd. Und hat doch offensichtlich Freude daran, sogar auf ungewöhnliches Lila etwa zu wechseln. Schön, dass bei all der technokratischen Nüchternheit im neuen A4 noch Raum für solche Spielereien blieb. Und so ist es wie beim Exterieur: Das Neue offenbart sich beim neuen A4 erst auf den zweiten Blick.

Preise Audi A4 (vorläufig)
ModellLeistungPreis
Audi A4 1.4 TFSI150 PS30.600 Euro
Audi A4 2.0 TFSI190 PS35.050 Euro
Audi A4 2.0 TFSI252 PS42.100 Euro
Audi A4 2.0 TDI150 PS32.500 Euro
Audi A4 2.0 TDI190 PS38.100 Euro
Audi A4 3.0 TDI218 PS43.100 Euro
Audi A4 3.0 TDI272 PS50.100 Euro
Aufpreis für Avantjeweils 1.850 Euro
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