Herr Schmidt, 2009 war Ihr Pkw-Absatz um rund zehn Prozent auf 1,1 Millionen Fahrzeuge geschrumpft. Was nehmen Sie sich für 2010 vor?
Schmidt: Wir wollen dieses Jahr etwas stärker als der Gesamtmarkt wachsen, für den wir mit einem Zuwachs von drei bis vier Prozent rechnen. Dabei helfen uns 2010 Neuheiten wie die neue Generation der R-Klasse, weitere Varianten der E-Klasse, wie das Cabrio und das T-Modell, aber auch das neue CL-Coupe und der Hightech-Vierzylindermotor für die S-Klasse. Denn auch wir spüren den Trend zu kleineren Motoren und wollen das ausbalancieren, indem wir die Leistung erhöhen und den Verbrauch senken.
Sind die drei bis vier Prozent eine eher konservative Schätzung?
Schmidt: Ich denke, eine realistische. Ich würde mich natürlich gegen ein Wachstum im zweistelligen Prozentbereich nicht wehren. Aber da gibt es zu viele Variablen, die wir jetzt noch nicht final abschätzen können.
Heißt das erhoffte Absatzplus, dass Sie die Kurzarbeit in Mercedes-Werken beenden können?
Schmidt: Im Nutzfahrzeugbereich gibt der Markt das sicher nicht her, aber in den Mercedes-Benz Cars Werken haben wir seit Jahresbeginn die Kurzarbeit deutlich reduziert oder ganz beendet. In Sindelfingen brauchen wir seit Jahresbeginn sogar mehr Leute, um den sehr erfolgreichen E-Klasse-Anlauf für alle Varianten zu stemmen, deswegen haben wir Mitarbeiter aus dem Werk Wörth zeitweise ins Stammwerk entsandt.
Wie wird sich Mercedes in Heimatmarkt entwickeln, wo Sie 2009 rund 283.000 Neuzulassungen verbuchen konnten - und damit den weltweit höchsten Marktanteil in einem einzelnen Markt von 7,4 Prozent?
Schmidt: In Deutschland erwarten wir wegen des Wegfalls der Abwrackprämie einen Marktrückgang von deutlich mehr als zehn Prozent; wir wollen unser Vorjahresvolumen aber halten und werden damit ganz sicher Marktanteile gewinnen.
Wie sieht es in gesamt Westeuropa aus?
Schmidt: In Westeuropa - ohne Deutschland - erwarten wir einen Marktrückgang im einstelligen Prozentbereich. Hier gilt für Mercedes das gleiche wie in Deutschland: Wir wollen unser Volumen mindestens halten und unseren Marktanteil damit steigern.
Wie sehen Sie den US-Markt?
Schmidt: Der macht uns gerade Freude. Wir schätzen, dass der Gesamtmarkt von 10,4 Millionen auf 11,5 Millionen Fahrzeuge wachsen wird. Und wir wollen überproportional zulegen. Die ersten Monate des Jahres zeigen, dass wir dort sehr gut unterwegs sind.
Werden Sie dort Ihr Portfolio um die Nachfolger von A- und B-Klasse erweitern?
Schmidt: Ich bin sehr optimistisch, dass wir zwei bis drei unserer vier Varianten der kommenden MFA-Architektur auch in den USA anbieten werden. Denn auch in den USA wollen wir vom Trend zu kompakteren Fahrzeugen profitieren. Und die B-Klasse mit ihren Voraussetzungen für alternative Antriebe im Doppelboden ist gesetzt.
Welche Bedeutung spielt für Sie der Wachstumsmarkt China?
Schmidt: China ist ein wichtiger Markt für uns. Nach einem Absatz von 70.000 Fahrzeugen
im vergangenen Jahr wollen wir dort 2010 mehr als 100.000 Mercedes verkaufen. Auf der Peking Motor Show Ende April werden wir unsere "Luxury Leadership" einmal mehr unter Beweis stellen - unter anderem mit der neuen Langversion der E-Klasse und dem überarbeiteten Maybach. Dass dieser dort steht ist natürlich kein Zufall, denn China ist für Maybach der wichtigste Markt neben den USA und dem Mittleren Osten. China ist übrigens auch der erfolgreichste Markt für die R-Klasse, und mit der Neudefinition des Autos in Richtung SUV, die wir mit der umfassenden Modellpflege vornehmen, werden wir sicher weiteren Rückenwind gewinnen. Dazu wird auch beitragen, dass wir unser Vertriebsnetz von rund 130 Händlern noch dieses Jahr deutlich ausweiten.
Glauben Sie nicht, dass eine Kooperation mit einem französischen Volumenhersteller Renault negative Abstrahleffekte für Sie haben wird?
Schmidt: Nein, das wäre vielleicht vor zehn Jahren der Fall gewesen. Aber heute sicherlich nicht - insbesondere nicht in diesem Segment. Der BMW-Marke Mini hat es auch nicht geschadet, dass die Modelle von Chrysler und Peugeot-Motoren angetrieben werden. Außerdem werden wir - egal für welchen Kooperationspartner wir uns entscheiden - immer unsere Markenwerte behalten, wie etwa beim Smart die Tridionzelle und den Heckmotor, die Voraussetzungen für die extrem kompakten Abmessungen des Smart sind.
Und wieviele Smart werden Sie 2015 verkaufen - von den geplanten 1,5 Millionen der Mercedes Benz Cars?
Schmidt: Sie können sicher sein, wir werden 2015 deutlich über 100.000 Smart verkaufen.
In den USA sind die Smart-Verkäufe 2009 um 40 Prozent dramatisch eingebrochen.
Schmidt: Das ist zum großen Teil den deutlich gesunkenen Spritpreisen zuzuschreiben. Alle Kleinwagenverkäufe haben darunter gelitten. Wir merken aber auch, dass wir nach dem ersten Smart-Hype in den Staaten mehr Werbung machen müssen und das werden wir auch kurzfristig umsetzen.
Was sind für Sie die wichtigsten Themen, die Sie in der Werbung hervorheben werden?
Schmidt: Wir wollen zukünftig bei jedem neuen Fahrzeug noch mehr den konkreten Kundennutzen in den Mittelpunkt stellen - insbesondere bei technischen Innovationen, wie etwa den Aircap beim neuen E-Klasse Cabrio. Wir werden zudem herausstellen, was wir beim Thema Verbrauchsreduktion alles bewegen. Stichworte: flächendeckende und serienmäßige Start-Stopp-Einführung, modernste Diesel, Siebengangautomatik. Unsere Anspruch ist dabei eindeutig: Wir wollen in jedem Segment die verbrauchsgünstigsten Fahrzeuge anbieten.