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Mercedes Kompakt-Neuheiten
Die A-Klasse und ihre Schwestern

Die Revolution hat funktioniert: Die A-Klasse und ihre Ableger steigern den Umsatz, polieren das Image auf und bringen Mercedes deutlich jüngere Kunden. Spannend: Wie geht es weiter?

Mercedes CLA Shooting Brake
Foto: Christian Schulte

Das Drehbuch für die Fortschreibung der Erfolgsgeschichte der kompakten Baureihe ist bereits vom Vorstand abgesegnet, die Premiere findet Ende kommenden Jahres statt. Dann zeigen die Schwaben erstmals die nunmehr dritte Generation der B-Klasse und läuten damit die Ära der sogenannten MFA2-Architektur ein.

Mercedes CLA mit hoher Bedeutung auf internationalen Märkten

Sie baut zwar auf der aktuellen Plattform auf, soll es aber ermöglichen, leichtere und steifere Fahrzeuge in mehr Varianten als bislang auf den Markt zu bringen. Hinsichtlich des Gewichts gilt eine Reduktion von rund 50 Kilogramm als realistisch, die Anzahl der Varianten steigt von fünf auf mindestens sieben. Vor allem international ist dabei der CLA von großer Bedeutung, da er im unvermindert wichtigen Absatzmarkt USA die Preisschwelle und somit die Erreichbarkeit der Marke deutlich herabsetzte und nebenbei das Durchschnittsalter der Kunden stark senkte. Also muss die zweite Generation des viertürigen Coupés wieder zünden, wenn sie 2019 präsentiert wird. Übrigens: Der Nachfolger des Mercedes CLA Shooting Brake macht sich ebenfalls für eine US-Karriere bereit, denn schon das aktuelle Modell sorgte dort für unerwartet viel Aufsehen. Eine nachträgliche Homologation käme allerdings zu teuer, doch das nur am Rande.

Mercedes CLA
Christian Schulte
In drei Jahren rollt die zweite Generation des eigenwillig gezeichneten Viertürers an den Start - inklusive neuer Motoren.

Viel mehr von Bedeutung für die Kunden in aller Welt ist dagegen das Ziel, den neuen Kompakten ein deutlich höherwertiges Interieur mitzugeben. Qualitativ bessere Kunststoffe sollen dem Premium-Anspruch ebenso besser gerecht werden wie virtuelle Anzeigen. Ob nun die von S- und E-Klasse initiierte Monitor-Schlacht weitergeht? Nein, das wiederum funktioniert in diesem Segment nicht. Stattdessen können die Kunden – ähnlich wie künftig auch beim Audi A3 und VW Golf – ein großes Display statt analoger Instrumente innerhalb des bekannten Armaturenbrett-Layouts wählen. Sehr wohl dagegen aus der E-Klasse bekannt: die aufgeräumte Menüstruktur des Comand-Systems, durch die sich der Fahrer mit allen verfügbaren Bedienelementen wühlen kann. Dazu zählen künftig auch bei der Mercedes A-Klasse und ihren Derivaten die kleinen, in den oberen Lenkradspeichen angeordneten Touchpads.

Mehr Komfort bei geschärfter Dynamik

Und was bedient das Lenkrad? Natürlich wieder ein auf höchste Agilität gebürstetes Fahrzeug, das die teils herbe Stolperigkeit jedoch völlig ablegen soll. Den besseren Kompromiss aus Dynamik und Federungskomfort ermöglicht die steifere Karosserie in Verbindung mit dem rund zwei Zentimeter längeren Radstand sowie einer neuen Generation von Verstelldämpfern, die allerdings weiterhin Aufpreis kosten. Mit MFA2 startet zudem eine neue Motorengeneration, die sowohl Benziner als auch Dieseltriebwerke umfasst. Bei den Selbstzündern kommen Mitglieder der neuen OM-654-Familie zum Einsatz. Die beiden Zweiliter-Triebwerke decken mit 150 und 194 PS die Leistungsspitze ab. Und darunter? Da Mercedes außerhalb der kompakten Baureihe keine Verwendungsmöglichkeiten sieht, kommen die Selbstzünder mit etwa 110 und 130 PS vom Kooperationspartner Renault.

Benziner-Kunden werden dagegen mit den Ablegern der M254-Reihe bedient. Die Vierzylinder-Triebwerke verfügen ebenfalls über zwei Liter Hubraum, Direkteinspritzung und sind selbstverständlich aufgeladen. Über dem 250er und unterhalb des A 45 sortiert sich künftig noch eine weitere AMG-Variante ein, die rund 280 PS leistet und serienmäßig über Allradantrieb verfügt. Der A 45 hingegen überspringt die 400-PS-Hürde – ja, bei unverändertem Hubraum.

Mercedes Kompaktbaureihe mit neuen Einstiegsmotorisierungen

Und am anderen Ende der Leistungsskala? Da gäbe es dann noch die aufgeladenen Vierzylindermotoren mit 1,2 und 1,6 Litern Hubraum, die unter anderem im Nissan Pulsar und Renault Mégane zum Einsatz kommen. Und: Dreizylinder sind zumindest derzeit ausgeschlossen, denn für die Ingenieure steht der Aufwand hinsichtlich Geräuschdämmung und Verbesserung der Laufkultur in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zur möglichen Effizienzsteigerung.

Und wie sieht es mit alternativen Antrieben aus? Den im Prinzip von Tesla übernommenen Antriebsstrang der aktuellen B-Klasse Electric Drive bekommt der Nachfolger nicht mehr, stattdessen arbeitet Mercedes an einem eigenen Batteriepaket. Zunächst findet es in einem Oberklassemodell Verwendung, bevor es 2019 in die kleine Baureihe wandert. Wieder nur in die B-Klasse? Technisch zumindest gibt es dafür bereits heute keinen Grund. Eine Entscheidung steht noch aus.

Kein kompakter Plug-in-Hybrid

Ein Hybrid- oder Plug-in-Hybrid-Modell steht dagegen nicht im Drehbuch, diese Technologie ergibt laut dem Hersteller nur in den größeren Baureihen Sinn – dort drückt sie den Normverbrauch bereits unter die Drei-Liter-Marke, also müsste bei einem Kompaktwagen eigentlich ein Nullverbrauch her, so die Argumentation. Die Konsequenz: ein reines Elektroauto, das mit einer im Alltag realisierbaren Reichweite von unter 300 Kilometern aber nicht anzutreten braucht.

Mercedes GLA
Christian Schulte
Künftig kommt dem Crossover die Rolle des SUV-Coupés in der kompakten Baureihe zu. Der etwas längere Radstand ermöglicht ein entsprechendes Design.

Daraus ergäbe sich übrigens eine interessante Nische: ein E-SUV in diesem Segment. Dafür gibt es künftig sogar zwei Möglichkeiten, denn der GLA bleibt nicht allein. Ihm kommt künftig die Rolle des Coupés zu, denn parallel dazu plant Mercedes einen Crossover mit erheblich größerem Nutzwert, der gegen den BMW X1 (bietet aktuell bereits viel Platz) und Audi Q3 (wird in der nächsten Generation mehr Platz bieten) bestehen muss. Ob sich der SUV tatsächlich so stark an die Ener-G-Force-Studie anlehnt wie unsere Computerretusche? Vermutlich nicht, wenngleich der kantigere Aufbau durchaus den Spielraum für das eine oder andere G-Modell-Zitat lässt.

Mercedes A-Klasse Limousine auch für Europa?

Generell ist es Designchef Gorden Wagener wichtig, das Spiel mit Lichtkanten und Linien so weit wie möglich zu reduzieren. "Das hängt jedoch stark von den Grundproportionen ab. Je stimmiger sie ausfallen, desto weniger zusätzliche Effekte werden benötigt“, erklärt Wagener. Bei den MFA2-Varianten hilft hier speziell der etwas längere Radstand.

Ebenfalls wichtig für Wagener, ein Meister der Anglizismen: "Das Auto muss beefy dastehen.“ Das hat nur indirekt mit der kleinen Salami für unterwegs zu tun. Vielmehr meint der Designer einen kräftigen Auftritt seiner Kreationen mit leicht ausgestellten, gut ausgefüllten Radhäusern, möglichst weit an den Außenrändern der Karosserie platziert. Das gilt natürlich gleichermaßen für eine eigentlich ziemlich nüchterne Karosserievariante: die Stufenhecklimousine. Doch seit dem Erfolg des A3 selbst in Westeuropa sind die Konkurrenten hellhörig geworden. Daher ist es keine Frage mehr, ob Mercedes ein entsprechendes Modell auflegt, sondern eher, auf welchen Märkten es angeboten wird. Ursprünglich war nur China vorgesehen, nun dürfte sich das Einsatzgebiet weiter ausdehnen.

Funktionalität eher sekundär

Allerdings bleibt Mercedes der Philosophie treu, dass ein Kompaktwagen nicht unbedingt funktional sein muss, sondern vor allem emotional – schließlich ging das Konzept bislang auf. "Unsere Kunden haben sich nie über zu wenig Platz oder mangelnde Rundumsicht beschwert“, tönt es aus der Konzernzentrale. Ungeachtet aller Emotionalität und allen Variantenreichtums: Eine zweitürige A-Klasse kommt ebenso wenig wie ein darauf aufbauendes Cabrio. "Einen Zweitürer kauft niemand, und damit würde das Cabrio zu teuer. Abgesehen davon sähe es einfach nicht gut aus“, sagt ein Manager.

Mercedes
Christian Schulte
Noch größer als der Stern in der Front: das Fragezeichen, das über dem kompakten Sportwagen schwebt. Er könnte aber den SLC beerben.

Und das, obwohl die Schwaben doch gerade alle anderen Segmente mit Coupés und Cabrios zupflastern? Eine Möglichkeit gäbe es dann doch noch, ein Auto, das bestimmt sehr "beefy“ aussähe: Ein kleiner Sportwagen auf Basis MFA2, der zugleich den jüngst in Mercedes SLC umgetauften SLK beerbt. Gewürzt mit einigen Stilelementen des AMG GT, angetrieben von den kräftigen Vierzylindermotoren, die ihre Kraft sicherheitshalber an alle vier Räder weiterleiten – na, das wäre schon etwas. Und ein Cabrio ließe sich davon ebenfalls ableiten.

Fazit: Jetzt erst recht

Rund 600.000 Exemplare der aktuellen A-Klasse und ihrer Derivate konnte Mercedes 2015 verkaufen – vom Vorgänger waren es im besten Jahr nur rund 200.000 Stück. Kein Wunder also, dass der eingeschlagene Kurs mit Fokus auf Design und Fahrdynamik beibehalten wird. Die zusätzlichen Varianten wie der GLB und die Stufenhecklimousine sprechen darüber hinaus Kunden an, die doch ein wenig mehr Praktikabilität schätzen. Der Mangel an alternativen Antrieben hingegen könnte zum Imageproblem werden.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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