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Mercedes G Historie
Mercedes-Exoten aus über 30 Jahren

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Seit 1979 läuft in Graz der Mercedes G vom Band. Wir blicken auf seine Entwicklungsgeschichte zurück und zeigen die Bilder aus über 30 Jahren G-Geschichte mit zahlreichen Exoten und Sondermodellen.

Mercedes-Exoten aus über 30 Jahren

Es ist fast ein bisschen gemütlich im Grazer Werk. Nicht, dass die Arbeiter hier wenig zu tun hätten. Doch im Gegensatz zu anderen Automobilfabriken, wo Schweißroboter hektisch umherschwenken und riesige Automaten Stahlteile im Eiltempo zusammenstanzen, geht es in Graz eher ruhig zu.

Die Wiege der Mercedes G-Klasse

Langsam schiebt sich eine Karawane von eckigen Karossen durch die Werkshalle, nur vereinzelt funkeln hier und da Schweißblitze auf. Man hört Stimmen, Gespräche, manchmal sogar Gelächter. Die Wiege der G-Klasse ist keine dröhnende Maschinenhalle – sie erinnert viel mehr an eine Manufaktur. Wie die Heinzelmännchen werkeln die Angestellten an ihren Plätzen. Schlosser, Mechaniker, Elektriker. Fast alle von ihnen sind ausgebildete Fachkräfte – der Jüngste 19, der Älteste 63 Jahre alt. Viele der Werksarbeiter sind seit Beginn der Produktion 1979 dabei, kommen seit 30 Jahren zum Arbeiten in diese Halle.

Unsere Highlights

In ihrer Hand verweilt jede einzelne der kantigen Rohlinge für eine halbe Stunde. Zuerst werden Kabelbäume, dämmende Materialien eingeklebt, Armaturen angeschraubt. Dann wandern die Stahlgerippe zum nächsten Arbeiter – bekommen Sitze, Dachhimmel und Innenverkleidungen. Zu guter Letzt werden die Karossen mit Leiterrahmen, Motor und Fahrwerk verheiratet. Jeden Tag geht das so. Immer von 6.00 bis 14.30 Uhr. Dann ist die Schicht vorbei, und etwa 25 neue G-Klassen sind auf die Welt gebracht – zu 90 Prozent aus echter Handarbeit.

Jahr für Jahr wurden so sechseinhalbtausend Geländewagen hergestellt. In drei Jahrzehnten sind das rund 200.000 Exemplare. Und das Beste: Laut Mercedes sind weltweit immer noch drei Viertel davon im Einsatz. Hätte Johann Puch von dieser Erfolgsgeschichte erfahren, er wäre sicherlich stolz. Zu seiner Zeit verließen jährlich nur 300 Automobile die Fabrik in Graz.  Kein Wunder – dienten seine Puch-Werke vor mehr als 100 Jahren ja auch hauptsächlich der Fahrradproduktion. Die brachte es immerhin auf rund 16.000 Stück pro Jahr.

Steyr-Daimler-Puch

Nach Puchs Tod 1914 wurde der Schwerpunkt der Firma auf die Automobilproduktion verlagert. Besonders seit der Fusion mit der Österreichischen Daimler Motorengesellschaft 1928 und den Steyr Werken 1934. Unter dem Namen Steyr-Daimler-Puch wurden in Graz später der Haflinger (1959-1974), der Pinzgauer (1971-2000) und schließlich auch das G-Modell gebaut. Der Rest ist Geschichte.

Während der Mercedes G in den 80er Jahren hauptsächlich als robustes Nutzfahrzeug gefordert war, steht heute nur noch der Luxus im Vordergrund. Der schwächste Motor leistete damals nur 72 PS (240 GD). Heute sind es mindestens 211 PS (350 CDI Bluetec). Und Alu-Räder gehören bei der zivilen Version mittlerweile ebenso zur Grundausstattung wie Bi-Xenon-Scheinwerfer oder Automatikgetriebe. Nur äußerst selten verlässt ein Modell ohne Leder, Navi oder Metallic-Lackierung das Werk. Gefertigt wird ausschließlich nach Kundenaufträgen. Die kommen hauptsächlich aus den USA, Deutschland, Japan, Nahost und Russland. Wegen der anhaltend großen Nachfrage dürfen die Käufer aber schon mal ein halbes Jahr auf ihr neues Schmuckstück warten. Dafür wird auch fast jeder Wunsch erfüllt. Selbst Panzerungen in verschiedenen Schutzklassen werden im Grazer Werk unter der kantigen Blechhaut versteckt.

AMG-Power aus Affalterbach

Dabei kommen die Komponenten aus aller Welt. Die Aufzählung zeigt den gigantischen logistischen Aufwand: Von Daimler aus Berlin stammen die Dieselmotoren, der 500er Benziner kommt aus Untertürkheim, der 507 PS starke Achtzylinder-Kompressor von Mercedes-Tuner AMG aus Affalterbach. Die gut 120 Kilogramm schweren Achsen werden im Hinterachswerk in Kassel gefertigt, das Verteilergetriebe von Magna Powertrain in Lannach, Österreich. Für das Cockpit ist Johnson Control aus Graz verantwortlich, die verschiedenen Blechteile entstehen in Italien und Deutschland. Der Leiterrahmen wird in Marburg zusammengeschweißt, von Magna Steyr in Österreich lackiert und konserviert, dann im benachbarten Slowenien gewachst. Schalter und ähnliche Gleichteile von anderen Mercedes-Modellen werden weltweit beschafft. Die Fertigung basiert auf einem internationalen Zusammenspiel – in der Werkshalle in Graz laufen alle Fäden dafür zusammen.

Egal, für welches Land oder in welcher Ausstattung das Auto bestellt wurde – nach 36 Arbeitsstunden ist alles erledigt. Dann sind 2500 Einzelteile zusammengesetzt, der Tank mit 25 Liter Sprit befüllt (AMG 55 mit 35 Litern), ist eine neue G-Klasse aus eigener Kraft vom Band gerollt. So geht das seit über dreißig Jahren und vielleicht noch eine ganze Weile weiter. Die Puch-Werke werden auch in Zukunft der exklusive Geburtsort jeder einzelnen G-Klasse bleiben. In der Vergangenheit gab es nur zwei Ausnahmen: 5000 CKD-Bausätze (Completely Knock Down), die als Zwischenbaureihe 462 zur Montage nach Griechenland geliefert wurden, sowie 15.000 Modelle, die Peugeot in Frankreich im Lizenzbau fürs Militär herstellte. Um ihren Arbeitsplatz machen sich die Grazer jedenfalls keine Sorgen. Sie sind von der Qualität ihres Produkts überzeugt. Auch wenn das den Wert einer Eigentumswohnung schnell übersteigt.

Aus dem Nutzfahrzeugewerk ist eine absolute Luxus-Schmiede geworden – schuld daran ist nur das G-Modell. In unserer Fotoshow zeigen wir Ihnen spannende und originelle Etappen aus über 30 Jahren Mercedes G.


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Erscheinungsdatum 04.07.2024

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