Als die Mercedes-Planer die ersten Speditionen kontaktierten, um den Brennstoffzellen-Konvoi über die Ozeane zu transportieren, bekam manches Transportunternehmen kalte Füße. Die einen erklärten, es sei schlicht unmöglich alle Autos in ein einziges Flugzeug zu bekommen, den anderen war der strikte Zeitplan zu heikel. Bei dem Trip des F-Cell World Drive rund um die Welt ist jeder Tag und jeder Ort fest geplant, Verzögerungen bei Transport oder im Zoll würden für ernsthafte Verwerfungen sorgen. Ein Spediteur hielt den Einsatz einer gewaltigen Antonov-Frachtmaschine für unerlässlich, das Chartern eines der raren russischen Megatransporter ist aber gleich 50 Prozent teurer als ein normales Frachtflugzeug.
56 Tonnen Automobil fliegen über den Großen Teich
Projektchef Arwed Niestroj forderte einen einzigen Jumbo. Ein Luftfracht-Fachmann kam extra ins Mercedes-Entwicklungszentrum nach Nabern, um sich das Transportgut anzuschauen. 19 Fahrzeuge müssen inklusive der drei Mercedes B-Klasse n mit Brennstoffzellen im Bauch eines Jumbos Platz finden. Die größte Herausforderung war die Unterbringung des Sprinters mit der Tankanlage. Der ist mit über fünf Tonnen nicht nur das schwerste Fahrzeug im Beritt, sondern mit seiner Länge von 6,95 Metern und einer Höhe von 2,70 Metern auch das sperrigste. Der XXL-Sprinter musste extra eine Probeverladung absolvieren, um sicher zu gehen, dass er durch die seitliche Ladetür der Boeing passt.
Insgesamt fliegen 56 Tonnen Automobil über den Großen Teich, zusätzlich noch sechs Tonnen weiteres Frachtgut. Zwei Mercedes B-Klasse F-Cell, einige Anhänger und auch sperrige Kleinigkeiten wie der Kamerakram des V-Teams müssen in die untere Etage des zweistöckigen Frachtdecks.
Streng geheimer Frachtplan beim F-Cell World Drive
Was das Gewicht betrifft, hätte Mercedes noch ein paar Billy-Regale voller Bücher und eine Nilpferd-Zucht mitnehmen können, nur der Raum für auch nur einen kleinen Smart wäre nicht mehr vorhanden gewesen. Sämtliche Autos werden auf Rollpaletten gestellt und im Flieger verzurrt. Am Ende musste sogar hie und da eine Anhängerkupplung und weitere Kleinigkeiten wie Dachboxen demontiert werden. Anhängeraufbauten wurden bei Mercedes kurzerhand tiefer gelegt.
Der endgültige Frachtplan ist so knifflig, dass nur ein Champion im Tetris-Spielen in der Lage war, ihn zu erstellen. Dazu ist er so geheim, dass nicht mal Konvoichef Niestroj ihn zu sehen bekam. Selbst der Auslandsgeheimdienst von auto motor und sport war bisher nicht in der Lage an die Unterlagen zu gelangen. Die letzte Hoffnung, unseren Usern das fantastische Puzzle vorzuführen ist nun Wikileaks.
Zöllner zeigen sich sehr interessiert am F-Cell World Drive
Das Palettieren der Autos dauerte beim ersten Verladen sechs Stunden. Zu leichten Verzögerungen kam es, weil die Mitarbeiter von Zoll und Cargo-Unternehmen die Umzugsarbeiten regelmäßig unterbrechen mussten, um genügend Fotos fürs Familienalbum zu schießen. "Die hatten in jedem Fall mehr Kameras als wir" sagt Arwed Niestroj.
Schließlich schaute der Gefahrgutbeauftragte vorbei, um sicher zu stellen, dass die Tanks der Autos nicht zu mehr als einem Viertel gefüllt sind. Die Brennstoffzellenautos bekommen keine Extrawurst gebraten. Zwar haben sie keine entzündlichen Flüssigkeiten an Bord, aber für entzündliche Gase gilt die gleiche Verordnung.
Alarmanlagen bitte auf "off"
Eine der wichtigsten Aufgaben der Mercedes-Mitarbeiter war am Ende das Deaktivieren sämtlicher Alarmanlagen. Durch das Herumgeschubse der Rollpaletten im Flugzeug oder bei Turbulenzen könnten sonst die Hupen heulen, bis sie heiser und die Crewmitglieder wahnsinnig sind.
Insgesamt überquert der F-Cell World Drive drei Meere im Flug. Nach der Etappe von Lissabon nach Miami über den Atlantik steht im März die Reise über den Pazifik von Seattle in den USA ins australische Sydney auf dem Programm. Nach der Durchquerung Australiens folgt die Reise übers chinesische Meer nach Shanghai. Größere Wasser muss der Tross erst wieder im Mai überwinden, wenn die Reise von St. Petersburg über die Ostsee nach Helsinki ansteht. Dafür reicht aber eine ganz normale Autofähre.