Beim 2011 neu eingeführten Ottokraftstoff E10 sollten Autobesitzer nicht bedenkenlos zur Zapfpistole greifen. Vor allem bei frühen Modellen mit Direkteinspritzung aus Baujahren um 2000 sowie generell bei Fahrzeugen, die älter als zehn Jahre sind, können Probleme auftreten, warnen Experten. Laut dem Bundesumweltministerium könnte der Sprit etwa zehn Prozent aller benzinbetriebenen Kfz in Deutschland möglicherweise schaden. Das entspricht nach Informationen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) aktuell rund 3,5 Millionen Fahrzeugen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Biosprit E10.
Was genau ist eigentlich E10?
Bei der Bezeichnung E10 handelt es sich um eine Abkürzung: "E" steht für den Alkohol Ethanol, der dem aus Erdöl gewonnenen Benzin beigemischt wird. Die Zahl "10" zeigt an, dass der Ethanolanteil bis zu zehn Prozent betragen darf, erklärt Frank Brühning vom deutschen Biokraftstoffindustrieverband VDB. Seit 1989 ist ein Anteil von bis zu fünf Prozent im Ottokraftstoff zulässig. Das Ethanol wird durch alkoholische Gärung aus zucker- und stärkehaltigen Pflanzen gewonnen - zum Beispiel aus Zuckerrohr und -rüben, Mais oder Getreide.
Wie kann der Biosprit E10 zum Umweltschutz beitragen?
Durch den geringeren Benzinanteil auf Rohölbasis werden Erdölvorkommen geschont. Außerdem kann durch Ethanol aus nachwachsenden Rohstoffen die Ökobilanz verbessert werden. Denn beim Verbrennen wird lediglich die Menge des klimaschädigenden Gases CO2 freigesetzt, die die Pflanzen zuvor aus der Luft gebunden haben. Allerdings geht diese Rechnung nur dann auf, wenn für den Anbau keine Wälder, Weide- oder Brachflächen in zusätzliches Ackerland verwandelt werden, geben Kritiker zu bedenken. "Das könnte dazu führen, dass deutlich mehr Kohlendioxid freigesetzt wird, als später durch Biokraftstoffe eingespart wird", warnt etwa der Naturschutzbund NABU.
Woher weiß ich, ob mein Auto E10 verträgt?
Rund 93 Prozent der in Deutschland zugelassenen Benziner vertragen den neuen Kraftsstoff E10. Um auf Nummer sicher gehen zu können, hilft ein Anruf beim Fahrzeughersteller, Händler oder in der Vertragswerkstatt. Zudem können Sie sich in der E10-Verträglichkeitsliste der DAT, die im Auftrag der Autohersteller erstellt wurde, selbst einen Überblick verschaffen. Sollten im Einzelfall Zweifel an der E10-Tauglichkeit bestehen bzw. sollte das Erstzulassungsdatum des Fahrzeugs nahe an den Grenzen des angegebenen Produktionszeitraums/Baujahrs liegen, wird eine Beratung hinsichtlich der E10-Verträglichkeit beim Vertragshändler bzw. über die genannten Hersteller-Hotlines empfohlen! "Durch den höheren Ethanolanteil in E10 können bei einigen Kfz-Modellen Motorteile korrodieren und Motordichtungen zerfressen werden", erläutert Andrea Gärtner vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg. Unmittelbare Anzeichen für eine Fehlbetankung gebe es aber nicht, so Gärtner weiter: "Das Fahrzeug wird keine auffälligen Geräusche machen und bleibt nicht gleich liegen."
Was tun nach einer Fehlbetankung mit E10?
Besser den Wagen stehen lassen und sofort den Hersteller um Rat fragen. Wichtig ist, dass das Fahrzeug auf jeden Fall nicht gestartet wird, damit der Kraftstoff nicht in das gesamte System kommt. Bleibt der Motor aus, muss üblicherweise nur der Tank leer gepumpt werden und geeigneter Kraftstoff aufgefüllt werden. Denn Motoren, die E10 nicht vertragen, könnten bereits durch einmaliges Betanken kaputt gehen, sagt Gärtner.
Wie ist der E10 Kraftstoff mit erhöhtem Ethanolanteil erkennbar?
Die Zapfsäulen und -pistolen für das Biobenzin müssen mit der Aufschrift "E10", "Normal E10", "Super E10" oder "Super Plus E10" gekennzeichnet sein. Ein zusätzlicher Hinweistext auf der Zapfanlage soll Autofahrer vor einer möglichen Fehlbetankung bewahren. Dem Gesetzesentwurf für die E10-Einführung zufolge lautet er: "Enthält bis zu zehn Prozent Bioethanol. Informieren Sie sich, ob dieser Kraftstoff für Ihr Fahrzeug geeignet ist. Verwenden Sie im Zweifelsfall 'Super schwefelfrei' bzw. 'Super Plus schwefelfrei'." Einen zusätzliche Zapfstelle für E10 müssen die Tankstellen nicht einrichten: Der neue Kraftstoff werde in der Regel die Sorte Benzin verdrängen, erklärt Frank Brühning. Super mit nur fünf Prozent Ethanolanteil wird es weiterhin geben - die EU verlangt eine Bereitsstellung mindestens bis Ende 2013. In Deutschland sind die Kraftstoffanbieter per Verordnung verpflichtet, weiterhin Kraftstoff für Fahrzeuge, die E10 nicht vertragen, anzubieten und zwar zeitlich unbefristet.
Welche Schäden verursacht E10-Kraftstoff?
E10 kann insbesondere bei hohem Druck und hohen Temperaturen unter Alkoholatbildung korrosiv auf Aluminium wirken. Besonders problematisch ist, dass der Korrosionsangriff bereits nach einer einmaligen Betankung mit E10 ausgelöst werden kann und dann nicht mehr aufzuhalten ist, erklärt der ADAC. Hierbei möglicherweise auftretende Leckagen im Kraftstoffsystem stellen zudem ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Hinzu kommen Probleme durch die Lösungseigenschaften von Ethanol für anorganische Komponenten, wodurch das Risiko erhöhter Metallwerte im Kraftstoff gegeben ist. Auch die Verträglichkeit von Dichtungsmaterialen und Schläuchen im Kraftstoffsystem kann problematisch sein. Deshalb sollten nur vom Hersteller freigegebene Modellreihen mit E10 betankt werden.
Können Additive und Zusätze helfen?
Vor der Verwendung von speziellen Additiven, die im Zubehörhandel angeboten werden und die E10-Tauglichkeit auch bei nicht "freigegebenen" Modellen gewährleisten sollen, ist abzuraten!
Hat E10-Sprit Auswirkungen auf den Verbrauch?
Ja - der Verbrauch steigt. Die Energiedichte von Ethanol ist gegenüber den herkömmlichen Benzinsorten um 2 Prozent geringer. Deshalb benötigen Motoren mehr Treibstoff, je höher der Alkoholanteil im Sprit ist. Die Prognosen für den Mehrverbrauch fallen ähnlich aus: Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher beim Verkehrsclub Deutschland (VCD), geht von "Schnapsglasgrößen auf 100 Kilometer" aus. Der Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) spricht von einem Verbrauchsplus von rund drei Prozent.
Wann wird E10 in anderen Ländern eingeführt?
Bis Ende 2010 mussten eigentlich alle EU-Mitgliedstaaten laut einer EU-Richtlinie den maximal zulässigen Ethanol-Anteil im Ottokraftstoff von derzeit 5 auf 10 Prozent anheben. Es gibt aber keine Vorschrift der Europäischen Union, wonach in Treibstoffen zehn Prozent Ethanol oder Biodiesel enthalten sein müssen. Die einzelnen Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, wie hoch der Bio-Anteil sein soll: "Das kann sich zwischen null und maximal zehn Prozent bewegen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Die sogenannte "Biosprit-Richtlinie" von 2009 legt aber fest, dass bis 2020 zehn Prozent der im Transportsektor verbrauchten Energie erneuerbar sein muss. Bis dato hat jedoch nur Frankreich E10 flächendeckend eingeführt (Markenbezeichnung dort SP95 E10). Prognosen zu anderen Ländern liegen derzeit nicht vor, sagt der ADAC.Im ausland gelten derzeit allerdings noch nationale Kraftstoffnorme. Der ADAC rät daher im Ausland deshalb von der Verwendung von E10 grundsätzlich ab.
Kann ich E5 und E10 auch abwechselnd tanken?
Fahrzeuge, die E10-tauglich sind, können abwechselnd oder auch als Mischung von E10- mit E5-Kraftstoff betankt werden.
Was muss bei Fahrzeugen mit Standheizung beachtet werden?
Standheizungssysteme gibt es als Ausstattungsoption ab Werk oder als Zubehör zur Nachrüstung. Bei ab Werk eingebauten Systemen liegt die jeweilige E10-Freigabe beim Fahrzeughersteller, weshalb hier eine individuelle Abfrage ratsam ist. Die beiden führenden Hersteller von Standheizungen zur Nachrüstung - Webasto und Eberspächer - haben ihre Systeme mit E10-Kraftstoff geprüft. Webasto bestätigt die E10-Verträglichkeit für alle benzinbetriebenen Heizgeräte der Produktfamilien Thermo Top Z/E/C/P, die ab etwa 1997 eingeführt wurden, sowie für Thermo Top Evo. Alle Eberspächer Benzinheizgeräte, Kraftstoffpumpen und Originalzubehöre zur Heizung sind bei bestimmungsgemäßen Einbau E10 verträglich.
Kann man E10 auch für andere Motorgeräte einsetzen?
Ob Zweitakt- oder Viertaktmotor: Grundsätzliche Aussagen zur E10-Tauglichkeit von Arbeitsgeräten, Bootsmotoren oder Stromgeneratoren sind nicht möglich. Ohne konkrete Freigabe des Motoren- oder Geräteherstellers sollte keinesfalls E10-Kraftstoff benutzt werden, rät der ADAC. Im Zweifelsfall ist ein Kraftstoff niedrigem Ethanolgehalt – etwa Super E5 oder Super Plus E5 - ratsam.
Sind auch Zweiräder betroffen?
Auch Besitzer von Zweirädern (Motorräder, Roller, usw.) müssen sich informieren, ob ihr Modell für E10 geeignet ist.