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Stefano Domenicali im Interview
Lamborghini-Chef über Saugmotoren und Emissionen

Lamborghini-Chef Stefano Domenicali spricht im Interview mit auto motor und sport über die Emissionsproblematik einerseits und die Relevanz von Saugmotoren andererseits – sowie über seine Pläne zur Verdopplung des Absatzes.

Lamborghini-Treffen Newport Beach 2016
Foto: Lamborghini Newport Beach
Mit dem Huracán Performante zeigt Lamborghini außergewöhnliche Aerodynamik-Komponenten. Wird das neben Leichtbau-Materialien nun die zweite Kernkompetenz der Marke?

Lamborghini Huracán Performante
Mit dem 640 PS starken Performante komplettiert Lamborghini die Huracán-Familie.

Domenicali: Zunächst einmal komplettieren wir mit dem Performante die Huracán-Familie. Coupé, Spyder, Allradantrieb, Hinterradantrieb, Motorsport-Technologie – jetzt können unsere Kunden aus dem Vollen schöpfen. Was wir mit dem Performante in erster Linie zeigen möchten, ist, dass wir einen Sportwagen auf eine ganz besondere Weise leistungsfähiger machen können. Jeder ist derzeit stark auf V8-Turbotriebwerke fokussiert. Natürlich haben wir großen Respekt vor dem, was unsere Wettbewerber kreieren. Dennoch glauben wir, dass die Kombination aus leistungsgesteigertem V10-Saugmotor, konsequentem Leichtbau und fortschrittlicher Aerodynamik ein echtes Alleinstellungsmerkmal ist. Ich bin überzeugt davon, dass Lamborghini anders als die anderen sein muss – in allem. So sind wir für die Zukunft bestens gerüstet. Das beweisen sowohl der Bestelleingang für den Huracán Performante als auch für den kürzlich vorgestellten Aventador S, dessen Produktion für dieses Jahr bereits ausverkauft ist.

Unsere Highlights
Luxusprobleme also. Sind Sie sicher, dass Ihre Kunden lange Wartezeiten in Kauf nehmen?

Domenicali: Eben weil unsere Produkte anders sind. Und ja, wir haben uns viel vorgenommen, nicht nur mit den bereits erwähnten Modellen. Das ganze Unternehmen befindet sich im Umbruch, die Marke verändert sich. Schließlich wollen wir zum Jahresende unsere Interpretation eines Super-SUV vorstellen, den Urus. Dessen Weltpremiere findet an unserem Stammsitz in Sant ’Agata Bolognese statt – ein Bekenntnis zu unserer Heimat. Der Urus wird die Marke verändern, denn er kann unseren Absatz verdoppeln, er bringt uns neue Kunden, die damit zum Teil sehr viele Kilometer zurücklegen werden.

Eben noch haben Sie uns erklärt, welch ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Saugmotor ist. Der Urus allerdings bekommt ein V8-Biturbo-Triebwerk. Wie passt das zusammen?

Domenicali: Ja, das stimmt, doch das ist eine andere Geschichte. Auf der einen Seite sprechen wir über echte Sportwagen, bei denen uns ein hoher Jahresabsatz nicht so sehr wichtig ist. Ich denke nicht, dass wir davon mittelfristig mehr als 3.800 Exemplare jährlich absetzen werden. Alles andere würde die Restwerte torpedieren. Auf der anderen Seite sprechen wir von einem SUV, der alleine bis zu 4.000 Einheiten pro Jahr bringen kann. Wenn es die Märkte fordern, könnten wir noch aufstocken. Es ist also ein völlig anderes Segment.

Das mag sein, doch auch in dieser Klasse könnte ein Saugmotor jene Differenzierung bringen, die Sie als so wichtig erachten, oder?

Domenicali: Glauben Sie mir, der Urus wird sich sehr stark von seinen Wettbewerbern unterscheiden. Ich kann Ihnen dazu drei Eckpfeiler nennen. Erstens wird ihn sein Design ganz klar als Lamborghini positionieren. Zweitens die Leistung: Der V8-Motor wird rund 650 PS entwickeln – auf eine Art und Weise, wie sie für uns typisch ist. Sie können ihn also ganz entspannt bewegen. Und wenn Sie ihn fordern, ist er ein echter Renn-SUV. Dazu trägt drittens natürlich auch das Fahrwerk bei, das eine Fahrdynamik wie bei einem Sportwagen ermöglicht. Abgesehen davon: Mit der angepeilten Stückzahl nimmt auch die Emissionsproblematik zu, der Sie eben nur mit einem Turbomotor begegnen können.

Ein Renn-SUV also. Streben Sie damit dann erneut einen Rundenrekord auf der Nordschleife an wie mit dem Huracán Performante?

Domenicali: Das wäre zu einfach, denn wir haben in diesem Segment keine Konkurrenz. Kleiner Scherz. Nein, derzeit ist das nicht geplant. Wir befinden uns ja noch in der Testphase.

Dennoch haben wir die Motorenfrage noch nicht ganz geklärt. Ihrem früheren Arbeitgeber Ferrari gelingt es hervorragend, sich mit einem V8-Biturbomotor vom Wettbewerb abzuheben. Wieso kann das Lamborghini nicht schaffen?

Lamborghini Aventador Motor
Für Domenicali bleibt der V12-Saugmotor des Aventador trotz CO2-Problematik unantastbar.

Domenicali: Ich habe nicht gesagt, dass das nicht möglich sei. Vielmehr stellt sich hier die Frage, inwiefern das mit den Kernwerten der Marke vereinbar ist. Das Erste, was die Kunden sagten, als ich hier anfing, war: Bitte lassen Sie die Finger von unserem V12-Motor! Und sicher, das ist eine Nische, die wir so schnell nicht verlassen werden. Im Gegenteil: Wir werden für den V12-Sauger kämpfen. Beim V10-Sauger sieht das etwas anders aus. Auch wir müssen uns mit CO2 -Emissionen auseinandersetzen. Daher müssen wir uns beim Huracán mittelfristig mit Alternativen beschäftigen. Turbomotoren sind ja auch nichts Schlechtes, ganz im Gegenteil. Sehen Sie, jeder glaubt doch, dass die ganzen alternativen Antriebs- und Mobilitätskonzepte kurz vor der Serienfertigung stehen. Das ist falsch. Ich bin da Realist. Und realistisch betrachtet bietet die Turbotechnologie derzeit die besten Möglichkeiten, Emissionen zu reduzieren.

Apropos Alternativen: Mit dem Asterion hat Lamborghini ja bereits seine Interpretation zum Thema elektrifizierter Antriebsstrang gezeigt. Wie ist der aktuelle Stand dieses Projekts?

Domenicali: Wir beobachten das weiterhin, doch zunächst müssen wir uns anderen Herausforderungen stellen. Abgesehen davon ließe sich mit einem Hybridantrieb derzeit noch nicht die typische Agilität eines Lamborghini zu akzeptablen Kosten realisieren. Ich glaube derzeit nicht, dass sich das vor 2026 ändert.

Selbst vor dem Hintergrund eines Porsche 918 Spyder oder eines Ferrari LaFerrari nicht? Die gelten ja auch nicht gerade als faule Hunde.

Domenicali: Das ist etwas anderes. Das sind sehr spezielle Sportwagen. Was unser Huracán Performante zu leisten imstande ist, schaffen Sie heute nicht mit einem elektrifizierten Antriebsstrang. Wir sehen in der Technologie des Performante noch viel Potenzial, mit der wir in Zukunft noch beeindruckendere Resultate erzielen können.

Andererseits haben Sie ja selbst gesagt, dass auch Lamborghini auf Emissionen achten muss. Wie lösen Sie diesen Zielkonflikt?

Domenicali: Zunächst müssen wir uns dabei auf den Antrieb für die nächste Generation des Huracán konzentrieren. Denn, das betone ich hier noch einmal, der V12-Sauger muss bleiben. Auch beim V10-Sauger sehe ich noch Potenzial. Mittelfristig wird hier aber wohl kein Weg an einem V8-Turbotriebwerk vorbeiführen.

Innerhalb der großen Volkswagen-Familie kommt Ihrer Marke ja die Rolle des Leichtbau-Spezialisten zu. Dreht sich dabei nach wie vor alles um Kohlefaser-Verbundwerkstoff, oder zeichnen sich andere Trends ab?

Domenicali: Innovativer Leichtbau mit Kohlefaser-Verbundwerkstoffen wie zum Beispiel unserem Forged Composite sind bei Lamborghini seit vielen Jahren Teil der Strategie, und wir haben im Konzern hier in manchen Bereichen die Kompetenzführung. Sie werden bei den Produktionsverfahren und bei zukünftigen Modellen hier noch einige Innovationen sehen, auf die ich derzeit nicht näher eingehen kann.

Aber zu Ihren wichtigsten Märkten können Sie sicher etwas sagen. Verkaufen sich derart exklusive Produkte wie die von Lamborghini nach wie vor nur im Mittleren Osten, in China und den USA?

Domenicali: Nein. Unser größter Wachstumsmarkt unter den Top-5-Märkten war 2016 Großbritannien. Und auch Deutschland wächst beeindruckend, die Schweiz ebenso. Das ist unglaublich, oder? Je mehr sich alle darüber Gedanken machen, wie die Welt in Zukunft aussehen wird, umso mehr Menschen gibt es, die unsere aktuellen Produkte zu schätzen wissen. In London sehen Sie beispielsweise viele Lamborghini, obwohl das gerade dort aufgrund der hohen Umweltabgaben besonders teuer kommt.

Sie wollen erst mithilfe des Urus doppelt so viele Fahrzeuge verkaufen wie heute. Ferrari schafft das schon jetzt ganz ohne SUV. Wie erklären Sie sich das?

Stefano Domenicali
Ende des Jahres stellen die Italiener die Serienversion des SUV Urus mit V8-BiturboTriebwerk vor. Damit will Firmenchef Domenicali den Jahresabsatz der Marke mindestens verdoppeln.

Domenicali: Wie gesagt, wir müssen nicht maximales Volumen erzielen.

Lamborghini ist Teil der Volkswagen-Familie. Da müssen alle möglichst viele Autos verkaufen, oder?

Domenicali: Nein, denn Volkswagen versteht unsere Philosophie. Es wäre falsch, mehr und mehr Autos zu verkaufen, denn damit sinkt die Exklusivität. Aus ihr ergibt sich jedoch die Attraktivität und die Stärke der Marke. Es war auch ein langer Entscheidungsprozess, ins SUV-Segment einzusteigen. Doch es war schnell klar, dass es dafür eine große Nachfrage gibt. Und die wollen wir erfüllen, ohne die DNA der Marke Lamborghini zu verwässern.

Sie arbeiten derzeit also an der Kapazitätsgrenze, eine Erweiterung des Produktportfolios ist daher ausgeschlossen. Oder reizt es Sie nicht doch, eine Sportlimousine zu bauen?

Domenicali: Kurzfristig sicher nicht, grundsätzlich aber durchaus. Wir dürfen derzeit nicht unterschätzen, was wir uns vorgenommen haben. Noch vor fünf Jahren hätte das niemand geglaubt.

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AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten